Luisenkult
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Königin Luise von Preußen (1776-1810) galt lange als bedeutendste Frau der deutschen Geschichte. Zeit ihres Lebens für ihre Schönheit bewundert, schließlich zur Todfeindin Napoleons stilisiert, wurde sie nach ihrem tragischen Tod mit 34 Jahren wie eine Heilige verehrt, die den Kampf um die Einheit der Deutschen begonnen hatte. Ein beispielloser Kult entstand, der zwei Jahrhunderte währen sollte – und noch heute ist ihre Popularität ungebrochen. Der frühe Tod der schönen Königin Luise traf Preußen im Sommer 1810 auf dem Tiefpunkt seiner Geschichte. Napoleon hatte das Land vernichtend geschlagen, und nun starb auch noch die einzige Lichtgestalt dieser Jahre unter französischer Fremdherrschaft. Zeitlebens für ihre Anmut und Natürlichkeit geliebt, war Luise nicht nur zur Mittlerin zwischen Bürgertum und Königshaus geworden, sondern auch zum Inbegriff des nationalen Widerstandes. Der Mythos ihres gebrochenen Herzens machte schnell die Runde. Zu Tausenden strömten die Menschen in ihr Mausoleum im Charlottenburger Schloßpark. Wie schlafend liegt Luise dort in Marmor über ihrem Grab. Kleist und Goethe, Mommsen und Treitschke verklärten sie zur edelsten Frau der deutschen Geschichte. Und als ihr Sohn Wilhelm 1871 zum deutschen Kaiser proklamiert wurde, geriet ihr Leben über den Tod hinaus zum Gründungsmythos des Deutschen Reiches. Wie die Königin zu sein, galt für mehr als zwei Jahrhunderte als staatsbürgerliche Pflicht. Generationen von Mädchen strebten nach ihrer Tugend, und noch das Dritte Reich präsentierte sie den Soldaten als Symbol todesverachtender Vaterlandsliebe.