Josef Matthias Hauers Theorie und Musik
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Die frühesten Kompositionen, in denen alle 12 Töne der chromatischen Skala eine gleichberechtigte Rolle spielen, werden in erster Linie mit dem Namen Arnold Schönberg verbunden. Nur wenige schreiben dem etwa zur gleichen Zeit lebenden Josef Matthias Hauer die Erfindung der Zwölftonmusik zu. Im Allgemeinen gilt Hauer als eigensinniger Kauz, der für sich ebenfalls das Recht in Anspruch nehmen will, die Zwölftonmusik entdeckt zu haben, dem Vergleich mit Schönberg aber nicht standhalten kann. Gegenüber dem expressiven Stil Schönbergs wurden Hauers Werke als schematisch und statisch rezipiert. Durch die starke Präsenz der Schönbergschule und der daraus entstandenen Entwicklung gerieten Hauers Musik wie auch sein theoretischer Ansatz zunehmend in Vergessenheit. Dabei verfolgte Hauer von Anfang an einen völlig eigenständigen Weg mit einer selbstständigen Theorie und ästhetischen Vorstellungen, die sich ganz bewusst vom traditionellen Ausdrucksempfinden distanzieren und mit den Schönbergschen Intentionen nicht gleichgesetzt werden können. Diese Selbstständigkeit wurde bisher weitestgehend übergangen. Hauers Werke wurden nach Schematismen untersucht, die auf dem Reihendenken und auf seriellen Kriterien basieren. Obwohl Hauers Kompositionen Ebenfalls auf 12 verschiedenen Tönen der chromatischen Skala beruhen, hat er doch nie an Reihen im Schönbergschen Sinne gedacht. Die Zwölftonfolgen haben bei ihm eine völlig andere Funktion, was schon allein daran zu erkennen ist, dass man in Hauers Werken äußerst selten eine vollständige Abfolge aller 12 chromatischen Töne findet.