Vom Ausdruck zur Pose
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Die erste Begegnung zwischen Fotografie und Theater ereignet sich im Porträtstudio des 19. Jahrhunderts. Tradierte Ausdrucksformen wandeln sich in ein neues, mediales Körperbild. Susanne Holschbach analysiert anhand überwiegend unveröffentlichten Archivmaterials die fotografischen Inszenierungen von Bühnenschauspielerinnen, so z. B. Gräfin Castiglione, Charlotte Wolter, Clara Ziegler. Das neue Medium Fotografie wurde von Theaterschauspielerinnen in großem Ausmaß genutzt, nicht zuletzt um ihre flüchtige Kunst zu dokumentieren. Hierbei lebten – durch das Isolieren theatralischer Gesten und Fixieren in einer Pose – ältere ästhetische Praktiken wie das tableau vivant und die Attitüde wieder auf. Aber es entstanden auch Bildsequenzen, die die Modeinszenierungen des 20. Jahrhunderts vorwegnehmen. Die exemplarische Untersuchung fotografischer Rollenporträts wird von der Autorin eingebunden in eine Ikonografie des weiblichen Gefühlsausdruck. Sie spannt einen Bogen von Theatergrafiken des 18. Jahrhunderts über wissenschaftliche Ausdrucksstudien des 19. Jahrhunderts bis zu fotografisch illustrierten Schauspielhandbüchern des frühen 20. Jahrhunderts, in denen sich das Kino anzukündigen beginnt. So verknüpft die reich bebilderte Studie Untersuchungsergebnisse aus der Theater-geschichte, den Gender Studies, der Psy-chiatriegeschichte, aus Kunst- und Medien-wissenschaften unter einer neuen kultur-wissenschaftlichen Perspektive.