Antifaschismus als Feindbild
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Antifaschismus und Justiz: Anfang 2013 wurde in Dresden der Teilnehmer einer Großdemonstration gegen Neonazis, Tim H., zu einer Haftstrafe von einem Jahr und zehn Monaten ohne Bewährung verurteilt. Dieses Urteil rief großen Widerspruch auch in der bürgerlichen Öffentlichkeit hervor. Im gleichen Jahr eröffnete die Dresdner Justiz ein Verfahren gegen den Pfarrer Lothar König, einen der politisch markanten Köpfe innerhalb des großen Spektrums antifaschistischer Mobilisierung. Laut Anklage soll dieses Verfahren mit einer hohen Strafe enden. Hintergrund ist das offene Auftreten von Neonazis in Dresden, die seit Langem den Jahrestag der alliierten Bombardierung Dresdens während des Zweiten Weltkrieges nutzen, um ein rechtsextremes Geschichtsbild und eine Relativierung des Nazi-Regimes zu etablieren. Innerhalb von Polizei und Justiz gelten offenbar weniger die Neonazis als vielmehr die Gegendemonstranten als 'Störenfriede' oder gar Feinde der öffentlichen Ordnung. Das zeigt sich erneut auch anhand der Beweisvorlage in diesem Prozess. Während der ersten Prozesstage offenbarte sich, dass zahlreiche Beweismittel der Verteidigung vorenthalten worden waren. Ebenso wurde deutlich, dass diverse Aussagen von Polizeizeugen verurteilungsökonomisch konstruiert waren und als Falsch- aussagen definiert werden müssen. Nach sieben Verhandlungstagen wurde das Verfahren auf Monate hinaus unterbrochen. Juristisch ist in diesem Verfahren noch vieles zu definieren, insbesondere auch die Frage, welchen Stellenwert die Verfassung und das Grundgesetz dem Antifaschismus zumessen. Politisch zeigt sich an diesem Verfahren, dass in Teilen der Justiz und der Polizei eine innergesellschaftliche Feindsicht gegen Antifa-DemonstrantInnen vorherrscht und die notwendige Entwick- lung antifaschistischer Widerständigkeit kriminalisiert wird. Zahlreiche AutorInnen aus dem juristischen, politischen, kirchlichen und antifaschistischen Kontext beschäftigen sich in diesem Buch mit der Bedeutung des Prozesses.