Minimale Männlichkeit
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Ein modischer Mann – schon die Formulierung wirkt unpassend. Das ist kein Zufall, sondern historisch bedingt: Seit Ende der Aristokratie in Europa hat Mode immer das Andere der Moderne und damit das Andere der Männlichkeit dargestellt. Während die Frau sich herausputzte, um den Reichtum ihres Mannes der Öffentlichkeit zu präsentieren, trug er schmucklose Dreiteiler in gedeckten Farben. Was damals als ‚große männliche Entsagung‘ galt, hat sich lange Zeit kaum verändert. Sinnbildlich für diese Entwicklung der Männermode steht der Anzug als männliches Kleidungsstück par excellence. Minimale Männlichkeit zeichnet die Geschichte des Anzugs bis zu den jüngsten Kollektionen der Designer Raf Simons und Hedi Slimane nach. Ihre Designs bedeuten mehr als die Hinwendung zu einer androgynen Ästhetik: Sie greifen auf Prinzipien zurück, die bis dato der Frauenmode vorbehalten waren. Damit ist der Anzug als Anti-Mode selbst modisch geworden. Der Essay zeigt, weshalb dem Anzug als Form seine Konstanz historisch eingeschrieben ist, und skizziert die soziale und politische Dominanz eines ‚männlichen Prinzips‘ in der Mode. Schließlich analysiert er die Veränderungen des Anzugs in den letzten beiden Jahrzehnten und deren Auswirkungen auf ein zeitgenössisches Männerbild.