Das temporäre Gedächtnis für Positionen
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Ohne Zweifel ist die Fähigkeit, sich an die Positionen von Objekten zu erinnern, für jeden von uns (überlebens)wichtig. Beispielsweise kann ein Schüler in einer Probe aufgefordert werden, die Orte von Hamburg, Düsseldorf und Leipzig in den leeren Umriss einer Karte Deutschlands so genau wiemöglich einzuzeichnen. Möglicherweise wird man feststellen, dass die Markierungen für die einzelnen Orte jeweils um einige Zentimeter von der eigentlich richtigen Position abweichen. Würde man den Schüler fragen, wie er bei der Lokation der Orte vorgegangen ist, hätte er vielleicht geantwortet, dass er sich die drei Positionen als Eckpunkte eines gleichseitigen Dreiecks eingeprägt hat. In diesem Fall sind Ungenauigkeiten bei der Relokation möglicherweise auf Ungenauigkeiten bei der Rekonstruktion der Konfiguration zurückzuführen. Vielleicht konnte sich der Schüler nicht die Größe oder den Ort des Dreiecks einprägen. Betrachtet man die Leistung des Schülers aus diesem Blickwinkel, war er, trotz gewisser Ungenauigkeit hinsichtlich der genauen Orte, durchaus in der Lage, wesentliche Aspekte der Positionen zu behalten. Diese Aspekte beziehen sich aber mehr auf die Relationen zwischen den drei Orten und nicht so sehr auf die exakte Position der einzelnen Städte. Wie in dem Beispiel verdeutlicht, versucht die vorliegende Arbeit Hinweise für Bedeutung konfiguraler Informationsaspekte bei der Relokation von Objekten in einer small-scale Umgebung zu sammeln. Dazu erläutert der Autor zunächst die theoretische Basis der Arbeit (u. a. die Bedeutung von Transformationsprozessen für die inhaltliche Bestimmung von Repräsentationen). Außerdem werden die mathematischen Grundlagen für die quantitative Bestimmung systematischer Verzerrungen von Konfigurationen vorgestellt. Davon ausgehend werden die Ergebnisse einer Studienreihe vorgestellt, welche die Rekonstruktionen verschiedener Altersgruppen unter dem Aspekt des Konfigurationserhalts vergleicht. In einer zweiten Studienreihe wird die Bedeutung unterschiedlicher Präsentationsmodi für den Erhalt konfiguraler Information diskutiert. Schließlich stellt der dritte Abschnitt des empirischen Teils ein alternatives Vorgehen für die Auswertung der Rekonstruktionsfehler zur Diskussion. Der Autor versucht, auf folgende Fragen eine Antwort zu finden: Welche Aspekte der positionalen Informationen werden repräsentiert und wie wirkt sich dies auf das kurzfristige Behalten von Positionen aus? Welche Bedeutung kommt konfiguraler Information bei der Relokation von Objekten zu? Können schon jüngere Kinder metrische Aspekte positionaler Information enkodieren? Ist eine Beurteilung der absoluten Genauigkeit ein fairer Vergleichsmaßstab für Fragen der Entwicklung des visuell- räumlichen Gedächtnisses? Müssen nicht auch alternative, nicht- absolute Maße gerade bei der Beurteilung der räumlichen Leistungsfähigkeit der Kinder berücksichtigt werden?