Das Buch bietet einen Kontrapunkt zu gängigen Management- und Technikdebatten, indem es die Bedeutung von Erfahrung in einer technisierten Arbeitswelt betont. In einer Zeit, in der Wissen schnell veraltet und technologische Revolutionen sich ablösen, stellt sich die Frage, ob erfahrungsgeleitetes Arbeiten als besondere „human resource“ betrachtet werden kann. Müssen wir nicht vielmehr das Verlernen lernen, um in den flexiblen und digitalisierten Arbeitswelten Schritt zu halten? Die Beiträge der Fachtagung beleuchten diese Fragen und zeigen, dass Erfahrung in einem neuen Licht erscheint. Es mag verwirrend sein, dass sinnliche Wahrnehmung, empathische Beziehungen zu Maschinen und assoziatives Denken wichtige Kompetenzen im Umgang mit automatisierten Anlagen sind. Das „Gespür“ erfahrener ArbeiterInnen zeigt sich besonders im Umgang mit den Grauzonen automatisierter Technik. Die Beiträge belegen, dass diese Erkenntnisse praktische Relevanz im betrieblichen Alltag haben. Sie umfassen nicht nur sozialwissenschaftliche Analysen, sondern auch Berichte von Managern und betriebliche Modellversuche. Überlegungen zu den Konsequenzen für das berufliche Bildungssystem sowie eine Dokumentation einer Podiumsdiskussion runden den Band ab.
Manfred Krenn Bücher






Die Haare des Kaiman
Kuba – Nahaufnahmen einer desillusionierten Gesellschaft
Auch sechzig Jahre nach ihrem Triumph können sich zahlreiche Menschen der romantischen Faszination, die von der kubanischen Revolution und ihren Führungspersönlichkeiten (allen voran Fidel Castro und Che Guevara) ausgegangen ist, kaum entziehen. Dazu kommt, dass forcierte Globalisierung und die alles durchdringende Dominanz neoliberaler Vermarktlichung und Beschleunigung auch in den Zentren des globalen Nordens Sehnsüchte nach anderen gesellschaftlichen Welten neu entfacht haben. Kuba bildet da als eines der letzten Territorien, das der ungezügelten Globalisierung des Weltmarktes noch weitgehend entzogen ist, einen besonders attraktiven Anziehungspunkt. Auch wenn Inseln schon immer ideale Projektionsflächen für Utopien waren, so widerstehen die Haare des Kaiman der Versuchung einer solchen Romantisierung. Es handelt sich vielmehr um widerborstige, kleinodische Fundstücke, in denen sich aber mosaikhaft die Realitäten und Strukturen einer ganzen Gesellschaft spiegeln. Gesammelt hat sie der Soziologe Manfred Krenn im Rahmen eines füfzehnmonatigen Aufenthalts auf der Insel. Aus diesem schillernden Mosaik schält sich nach und nach das Bild einer nach unzähligen politischen und ökonomischen Experimenten und vor allem nach 30 Jahren ökonomischer Krise mental erschöpften und weitgehend desillusionierten Gesellschaft. Die Texte folgen dem Verständnis Pierre Bourdieus, dass gerade die Zerstörung der »illusio« die Hauptaufgabe eines kritisch-verstehenden soziologischen Blicks darstellt.»Die Haare des Kaiman« basiert auf intensiven Recherchen, Interviews und Alltagsbeobachtungen. Die eher analytisch angelegten Teile nehmen zentrale Probleme der kubanischen Gesellschaft in den Blick: Armut, Zivilgesellschaft, Alltagsrassismus, Schwarzmarkt, Massentourismus oder die Perspektiven der kubanischen Jugend. Einen Kontrast zu diesen analytischen Texten bilden die persönlichen Eindrücke, in denen kubanische Alltagswelten im Mittelpunkt stehen, die im Stile eines Tagebuchs gehalten sind. Entstanden ist ein facettenreiches und sensibles, vor allem aber ein ungeschminktes Bild der heutigen kubanischen Gesellschaft – und der hauptsächlichen Herausforderungen, vor denen sie steht.
Wie entwickeln sich die Partizipationschancen der Erwerbstätigen unter den Bedingungen flexibler, projektförmiger oder mobiler Arbeit? Das ist die zentrale Frage dieses Buchs, das im Rahmen des Forschungsprogramms »New Orientations for Democracy in Europe« entstand. Die Autoren nehmen eine Vergleichsperspektive ein, die durch starke Kontraste besonders interessante Aufschlüsse verspricht: Sie untersuchen empirisch Unternehmen, die informationstechnische Dienstleistungen anbieten, und Betriebe, die Dienste in der mobilen Pflege erbringen. In beiden Tätigkeitsfeldern spielen Mobilität, flexible Arbeitszeiten und die Subjektivierung von Arbeit eine wichtige Rolle, aber die Bedingungen, Ausformungen und Umgangsweisen der Beschäftigen damit sind höchst unterschiedlich. Während die Informationstechnik-Branche gemeinhin als paradigmatischer Fall einer genuin dynamischen, »modernen« Arbeitswelt aufgefasst wird, findet man in der scheinbar viel traditionelleren Sphäre der Pflegedienste ganz ähnliche Abweichungen vom fordistischen Normalarbeitsverhältnis – nur sind sie hier nicht das Resultat aktueller Umbrüche, sondern schon lange gang und gäbe (ohne freilich von der Arbeitsforschung wahrgenommen zu werden).