In den 1690er Jahren tauchten im Umfeld der pietistischen Bewegung vermehrt Berichte über Frauen auf, die Offenbarungen und Visionen empfingen oder ekstatische Erfahrungen machten. Die Bezeichnung »Begeisterte Mägde« bezog sich zunächst auf ekstatische Frauen aus dem Dienstbotenstand in Quedlinburg, Halberstadt und Erfurt, deren Äußerungen von Männern aufgezeichnet und publiziert wurden. Im gleichen Zeitraum wurden auch Frauen höheren Standes wie Johanna Eleonora Petersen und Rosamunde Juliane von der Asseburg mit prophetischen Verheißungen und Berichten über visionäre Erlebnisse bekannt. Die Erscheinungen und ihre Akzeptanz bei zahlreichen Pietisten hängen mit deren Erwartung der Wiederkunft Christi und des Tausendjährigen Reiches – der heranbrechenden Heilszeit nach Joel 2,28 (3,1) auf Erden – zu Beginn des neuen Jahrhunderts zusammen. In diesem Band werden einige der erhaltenen prophetischen und visionären Aussagen sowie Ausschnitte aus den gelehrten Debatten über das Phänomen der begeisterten Frauen vorgestellt. [Enthusiastic Maids. Dreams, Visions ans Revelations of Women in Early Pietism] In the environment of the pietistic movement in the 1690s there were more and more reports of women who received revelations and visions or had ecstatic experiences. The term »Enthusiastic maids« initially referred to ecstatic women of the status of domestic servants in Quedlinburg, Halberstadt and Erfurt, whose statements were recorded and published by men. In the same period, educated women like Johanna Eleonora Petersen and Rosamunde Juliane from the Asseburg were also known for their prophetic promises and reports on visionary experiences. The phenomena and their acceptance among numerous Pietists must be seen in the context of their expectation of the return of Christ and the Millennium on earth – time of salvation according to Joel 2:28 (3,1) – at the beginning of the new century. In this volume some of the received prophetic and visionary statements as well as excerpts from the learned debates on the phenomenon of the enthusiastic women are presented.
Ruth Albrecht Bücher






Adeline Gräfin von Schimmelmann
- 528 Seiten
- 19 Lesestunden
Das Buch rekonstruiert die Lebensgeschichte einer heute nahezu unbekannten Gräfin aus der in Ahrensburg ansässigen Schimmelmann-Familie. Dreißig Jahre lang führte Adeline von Schimmelmann (1854-1913) ein unauffälliges Leben; sie verhielt sich wie viele andere adlige Frauen ihrer Generation. Erst nach dem Ende ihrer Zeit als Hofdame bei Kaiserin Augusta fiel sie auf, weil sie ungewöhnliche Formen von christlicher Sozialarbeit praktizierte. Zusätzlich begann sie, als Predigerin aufzutreten. 1894 war sie in einen dänischen Psychiatrieskandal verwickelt, da ihre Familie vorübergehend für eine Zwangseinweisung in ein Kopenhagener Hospital gesorgt hatte. Zu den weiteren Projekten, die sie nach ihrer Entlassung in Angriff nahm, gehören die Gründung eines Verlags mit einer eigenen Zeitschrift sowie einer Gesellschaft für Seemannsmission und unzählige Reisen bis nach Amerika, um bei Evangelisationen Vorträge zu halten. Zu den Besonderheiten ihrer Biographie zählt auch die Adoption eines Sohnes, um dessen Herkunft sich zahlreiche Gerüchte rankten. Spuren der Gräfin sind bis heute vor allem in Göhren auf Rügen und in der Rhön zu finden. Adeline Schimmelmann war zu Lebzeiten eine bekannte und umstrittene Persönlichkeit. Die Beschäftigung mit ihr wirft neue Schlaglichter auf die Kaiserzeit mit ihrer Vielfalt adliger, weiblicher und christlich motivierter Lebensweisen. Zahlreiche Bilddokumente, die Adeline Schimmelmann und ihre zeitgenössische Wirkung belegen, vervollständigen die Ausführungen dieser Studie.
Glaube und Geschlecht
Fromme Frauen - Spirituelle Erfahrungen - Religiöse Traditionen
- 284 Seiten
- 10 Lesestunden
Der Band veranschaulicht, dass auch Glaube eine geschlechtsspezifische Dimension besitzt, die allen kulturellen, historischen und politischen Zusammenhängen und Erfahrungen zugrunde liegt. Die Beiträge hinterfragen Wertigkeiten sowie Konstruktionen und Rezeptionen von Frömmigkeit. Was macht die nur literarisch bezeugte mittelalterliche Frauengestalt Hirlanda auf andere Art fromm als den spätantiken Kirchenvater Hieronymus oder dieheilige Katharina von Siena? Als Beispiele genderspezifischer Interpretationen der Bibel dienen Erzählungen von Judith oder vom Sündenfall. Das Kloster als Ort weiblicher Frömmigkeit ist ein weiterer Gegenstand der Betrachtung. Überdies wird der eminente Handlungsspielraum, den sich Frauen in religiösen Erneuerungsbewegungen generell haben aneignen können, thematisiert. Zeitlich reicht die Spannbreite der Themen von der Spätantike bis in die unmittelbare Gegenwart des 21. Jahrhunderts, thematisch von mittelalterlichen Heiligenlegenden bis zu Gegenwartsfilmen. Alle Beiträge geben eine Antwort auf die Frage nach den Verflechtungen von Glaube und Geschlecht.
Pietismus und Adel
Genderhistorische Analysen
Fragen nach der Geschlechterordnung, Handlungsräumen und Selbstentwürfen im pietistisch geprägten Adel sind neu und bislang kaum systematisch bearbeitet worden. Während Gender als eine soziale und kulturelle Konstruktion pietistische Frömmigkeit beeinflusste, die wiederum in ihren unterschiedlichen Ausformungen nicht nur die religiösen Handlungsfelder Adliger um 1700 neu gestaltete, sondern auch Impulse zu gewandelten Identitätskonzepten, herrschaftlichem Handeln sowie dessen kultureller Repräsentation und Performanz verlieh, verstärkte zugleich die Amalgamierung von Regierungshandeln und Reform die Ausbreitung pietistischer Ideen. Der Sammelband Pietismus und Adel versammelt Beiträge zur historischen Genderforschung. Es wird gefragt, inwiefern der Pietismus eigene Formen von Herrschaft ausbildete, inwiefern der Adelsstand die Beförderung des Pietismus ermöglichte und wie pietistische Adelskultur und die von ihr hervorgebrachten Objekte und Texte wechselseitig aufeinander bezogen waren. Die genderhistorischen Analysen gewähren neue Einblicke in die Verbindung von Geschlechtskonzepten, pietistischer Frömmigkeit und Adligkeit als Stand sowie Habitus als historisch produktivem gesellschaftlichen Prozess. Auf diese Weise wird der gegenwärtige Forschungsstand um eine entscheidende Perspektive auf Praktiken und Performativität erweitert.
Johanna Eleonora Petersen
Theologische Schriftstellerin des frühen Pietismus
Johanna Eleonora Petersen (1644–1724) gehört zu den prägendsten Gestalten des frühen Pietismus und zu den produktivsten Schriftstellerinnen ihrer Zeit. Zeitgenössischen Pietismus-Kritikern galt sie als Inbegriff einer pietistischen Frau, die sich über alle kirchlichen und gesellschaftlichen Normen hinwegsetzte. Sie selbst kämpfte für das Recht von Frauen, sich zu theologischen Fragen zu äußern. Die Studie untersucht ihr von der Forschung bislang wenig beachtetes theologisches Werk. Petersen veröffentlichte zahlreiche Bücher, darunter Gebete, Andachten, theologische Abhandlungen sowie autobiographische Texte, und beschäftigte sich vorrangig mit Themen, die auch im Pietismus als umstritten galten. Dazu gehören der Chiliasmus und die Idee der Wiederbringung aller, der Apokatastasis.