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Bookbot

Ursula Ackrill

    Zeiden, im Januar
    Metafiktion und Ästhetik in Christa Wolfs "Nachdenken über Christa T.", "Kindheitsmuster" und "Sommerstück"
    • Oftmals wird die Prosa Christa Wolfs - aus Interesse an ihrem dokumentarischen Wert - als Aussage einer prominenten DDR-Zeugin des Kalten Kriegs über das politische Klima ihrer Entstehungszeit gelesen. Dieser Band nimmt sich wiederum die originelle Ästhetik der Prosa Wolfs zum Thema und bringt in diesem Sinn die Verbindungen zu einem erweiterten Kontext von fiktionalen Diskurse in den Vordergrund. Anhand von Vergleichen mit Texten von Virginia Woolf, Thomas Mann und Jurek Becker wird auch die Frage danach erläutert, welche Richtung Wolf im Spektrum der modernen Schreibstile einschlägt. Als Nachkriegsautorin beginnt Wolf eine Ästhetik anzuwenden, die sich von der modernen Neutralität des Erzählers gegenüber dem Material seiner Geschichten absetzt. Das Habit der Erzählinstanzen Wolfs, von der Metaebene in den Erzählfluss einzugreifen und Unterbrechungen zu veranstalten, um den Leser von ihren Gedanken beim Schreiben zu unterrichten, löst die ontologische Geschlossenheit der Erzählung auf und droht, der fiktionalen Konstruktion ein Ende im Sprachregister des Essays, der Erbauungsliteratur, zuweilen auch des Geständnisses zu setzen. Dass Wolfs Nachdenken über Christa T., Kindheitsmuster und Sommerstück trotzdem nicht zum Genre Sachliteratur gehören, wird mit der Kunstfertigkeit der Erzählstrategien Wolfs begründet, von denen spezifisch die Metafiktion im Verhältnis zur Ästhetik der gewählten Texte erläutert wird.

      Metafiktion und Ästhetik in Christa Wolfs "Nachdenken über Christa T.", "Kindheitsmuster" und "Sommerstück"
    • 21. Januar 1941. Es ist Winter in Siebenbürgen. Lange schon hat die Kälte, aus dem Westen kommend, das Sachsenland erreicht. Leontine Philippi, graue Strähnen im Haar, schreibt hellsichtig an der Stadtchronik von Zeiden. Das Manuskript aber hält sie unter Verschluss. Ihr Ziehkind Maria, eine junge Rumänin, kauft und verkauft Gegenstände, die ihre Besitzer gegen Fluchtgeld tauschen, und scheint nichts zu begreifen. Mit Franz Herfurth, ihrem Vertrauten aus Kindertagen, spricht Leontine seit Monaten kein Wort. Er ist jetzt Schularzt in Zeiden, untersucht SS- Rekruten, die vom Reich gefordert werden, und hat Gründe, den > Idioten< des Ortes mit Argwohn zu verfolgen. Leontine jedoch lässt sich den Mund nicht verbieten, auch wenn sie bis zum Schluss, noch in höchster Gefahr, über mancherlei schweigt. Über Jahrhunderte hatten sich die Rumäniendeutschen eine eigene Welt geschaffen, ihre Sprache und Kultur quasi eingemauert in einem Landstrich, der mal zu Österreich- Ungarn, mal zu Rumänien gehörte. Als Hitler sie »heim ins Reich« holte und es eine existentielle Entscheidung zu treffen galt, brach auch in Siebenbürgen die alte Sehnsucht nach Heimat und Zugehörigkeit wieder auf. Ursula Ackrill erzählt davon, wie Menschen aus Opportunismus und Feigheit schuldig werden. In einer genauen Sprache, die seltsam altmodisch und zugleich nagelneu klingt, begleitet die Autorin uns unerschrocken auf fremdes Terrain.

      Zeiden, im Januar