Eine empirisch gestützte verhaltenswissenschaftliche Analyse
Externe Referenzpreise (ERP) stellen in der Marketingpraxis weit verbreitete Preiskommunikationsinstrumente dar, mit deren Hilfe die Wahrnehmung bzw. Beurteilung von Verkaufspreisen im Sinne der Anbieter beeinflusst werden soll. Maurice Eschweiler untersucht, inwiefern Preisanzeigen, die einen ERP erhalten, eine Wirkung auf das Käuferverhalten ausüben. Der Autor beleuchtet den Vergangenheitspreis sowie den neuartigen Wettbewerbspreis auf der Basis von verhaltenswissenschaftlichen Theorien und einer eigenen empirischen Untersuchung. Es stellt sich heraus, dass Wettbewerbspreise, deren Einsatz erst seit der Novellierung des Gesetzes zur vergleichenden Werbung in Deutschland erlaubt ist, im Vergleich zu den in der Praxis üblichen Vergangenheitspreisen - unter Berücksichtigung bestimmter moderierender Variablen - tendenziell überlegen sind. Der Autor wurde mit dem Wissenschaftspreis des Deutschen Marketing-Verbandes 2006 ausgezeichnet. Er erhielt als Nachwuchsforscher 2006 zudem den Preis der Deutschen Marktforschung.
Inhaltsangabe:Einleitung: Mit Beschluß der Einheitlichen Europäischen Akte
einigten sich 1986 die (seinerzeit 12) Mitgliedsstaaten der Europäischen
Gemeinschaft darauf, einen Binnenmarkt zu installieren, der durch vier
Grundfreiheiten ¿ freier Personen-, Dienstleistungs-, Kapital- und vor allem
Warenverkehr ¿ definiert ist. Die Verschmelzung der nationalen Märkte unter
Fortbestand der territorialen Grenzen der Mitgliedsstaaten erfordert von
europaweit auftretenden Unternehmen insbesondere in preispolitischer Hinsicht
Koordinationsmaßnahmen. Wenn jedoch ein Unternehmen wie der
Automobilhersteller Ford auf eine koordinierte Preispolitik verzichtet, indem
er z.B. sein Modell Mondeo in Dänemark 40% günstiger anbietet als in
Deutschland, entstehen unweigerlich Arbitrageprozesse, die die
Preisdifferenzen im Binnenmarkt in Form von Parallelimporten (vom Hersteller
nicht autorisierte Warenströme) überbrücken. Ein im Frühjahr 1999
angekündigter Börsengang eines deutschen Pharma-Parallelimporteurs deutet an,
daß es auch im Pharmamarkt lukrative und nicht nur sporadische
Preisunterschiede gibt, die entsprechend den Gesetzmäßigkeiten des
Binnenmarktes Arbitrageprozesse hervorrufen. Es wäre jedoch vorschnell, das
Phänomen der Arbitrage im Pharmamarkt - in Analogie zu anderen Branchen -
lediglich einer womöglich preispolitisch rückständigen Pharmaindustrie
zuzurechnen. Wenn ein deutscher Kunde und Patient bei seinem Einzelhändler -
einem Apotheker - für ein neuartiges Arzneimittel nur 9 DM zahlen muß, obwohl
es 130 DM kostet, oder wenn ein britischer Pharmahersteller alle 5 Jahre mit
einer Behörde über seinen maximal erzielbaren Ertrag verhandeln muß, dann
weist dies auf die besonderen Rahmenbedingungen in Teilen des europäischen
Pharmabinnenmarkts hin: Insbesondere innovative Arzneimittel sind - im
Gegensatz zu Automobilen und anderen Konsumgütern - in hohem Maße
länderspezifischen Regulierungen ausgesetzt, die sich direkt oder indirekt auf
die Preisgestaltung eines Pharmaherstellers auswirken. Unter einem innovativen
Arzneimittel ist dabei ein rezeptpflichtiges und patentgeschütztes Medikament
zu verstehen. Da auch das Phänomen der Parallelimporte fast nur bei den
Innovationen auftritt, stellt sich die Frage, ob die Pharmaindustrie überhaupt
die Verantwortung für die Preisdifferenzen bei diesem Arzneimitteltyp trägt.
Dieser Frage soll diese Arbeit zunächst nachgehen und untersuchen, ob die
Preisunterschiede bei innovativen Arzneimitteln durch die besonderen [...]
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