Handeln im Konflikt
- 595 Seiten
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Mit der Kindschaftsrechtsreform von 1998 wurde die Verfahrenspflegschaft als eigenständige Vertretung der Kindesinteressen im Familiengericht eingeführt. Von Anfang an gab es Uneinigkeit über die praktische Umsetzung: Sollte die Verfahrenspflegschaft rein juristisch oder auch psychosozial orientiert sein? Die vorliegende qualitativ-empirische Studie beleuchtet diese Frage aus verschiedenen Perspektiven, indem sie die historische Wechselwirkung von Familie, Kindheit, Expertenwissen und Familienrecht untersucht. Ergänzt wird die gesellschaftlich-historische Perspektive durch eine rechts- und professionssoziologische Sichtweise. Die Studie basiert auf der Auswertung von Rechtssprechungsdokumenten sowie Interviews mit Verfahrenspflegern, Familienrichtern, Jugendamtmitarbeitern, betroffenen Kindern und Eltern. Dabei konnten empirisch fundierte Aussagen zu mehreren Themenkomplexen getroffen werden: Kindschaftsrechtliche Verfahren bei Trennungen entsprechen nicht klassischen Rechtsverfahren, sondern dem Vermittlungstyp „Friedenstiftung“. Sie sind durch Druck und psychosoziale Elemente geprägt. Das Ziel besteht nicht primär darin, eine Entscheidung zu treffen, sondern kinderzentrierte „Lern- und Veränderungsprozesse“ bei den Eltern zu initiieren. Kindschaftsrechtliche Verfahren erfordern eine interdisziplinäre Zusammenarbeit; die Verfahrenspflegschaft stellt ein neues Feld der Sozialen Arbeit dar.