Soziale Gerechtigkeit, Verantwortung und Würde
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Nach liberaler Auffassung sollte die Lebenssituation der Menschen von ihren eigenen Entscheidungen abhängen, nicht von sozialen Umständen, für die sie nichts können. Soziale Ungleichheiten, die auf freiwilligen Entscheidungen basieren, gelten als gerechtfertigt. Die Verantwortung des Wohlfahrtsstaats endet dort, wo die primäre Verantwortung der Person für ihr Leben beginnt. Diese Grenzziehung ist nicht nur politisch umstritten, sondern auch philosophisch, seit Rawls. Eckhard Romanus unterscheidet in seinem Werk drei Kontexte sozialer Gerechtigkeit, in denen jeweils ein spezifisches Gerechtigkeitsprinzip zur Anwendung kommt: Chancengleichheit, Tausch- bzw. Kooperationsgerechtigkeit und soziale Sicherheit. Diese Differenzierung ermöglicht ein kritisches Verständnis der Eigenverantwortung, die über eine mythologische Rechtfertigung des ökonomischen Laissez-faire hinausgeht. Die komplexe Konzeption sozialer Gerechtigkeit basiert auf dem Respekt vor der Würde aller Menschen und richtet sich gegen Machtungleichheiten, die Demütigung hervorrufen. Romanus verteidigt eine egalitaristische Auffassung sozialer Gerechtigkeit, die durch die genannten Prinzipien geprägt ist. Die Unterscheidung dieser Kontexte ist entscheidend für das Verständnis der Eigenverantwortung, die den Liberalismus charakterisiert.
