Spinozas Philosophie barg zu seiner Zeit erhebliches Konfliktpotential. Dies liegt sicher an den Umständen seiner Zeit, an den politischen und religiösen Restriktionen, wie an den philosophischen Konjunkturen. Doch liegt hier ein Kritikpotential, das uns auch heute noch berührt? Dieses Potential kann nicht nur einfach erinnert und bewahrt werden, sondern muss in einer produktiven Lektüre neu entdeckt werden. Das erfordert den doppelten Blick, für den Spinoza als klassischer Autor, aber auch als Zeitgenosse sichtbar wird. Für eine solche zeitgenössische Lektüre steht wie kaum ein anderer Gilles Deleuze. Durch seine Arbeiten wird Spinoza als Theoretiker des Körpers und der Macht in seiner Zeit präsentiert, der aber auch heute viele unserer Selbstverständlichkeiten zweifelhaft werden lässt. Deleuze realisiert diese produktive Lesart nicht nur in seinen Arbeiten zu Spinoza, sondern auch in seinen anderen durch und durch spinozistischen Schriften. In diesem Band werden Beiträge versammelt, die die zentralen Theoriestücke der Immanenz, der Intensität, der Differenz, des Denkens und des Körpers sowohl vom Text Spinozas als auch von Deleuzes Arbeiten her diskutieren.
Thomas Kisser Reihenfolge der Bücher





- 2019
- 2016
Identität und Differenz sind zentrale Themen der Philosophie. Neben dem Modell der substantiellen Differenz, das Seiendes durch ideale Selbstgleichheit definiert, existiert das Modell der „quantitativen Differenz“. Letzteres hebt Unterschiede an einem Seienden hervor, die durch Intensität oder einen bestimmten Grad einer einheitlichen Qualität (z. B. Bewegung, Wärme, Licht) entstehen. Diese Konzeption gewinnt im späten Mittelalter und in der Frühen Neuzeit an Bedeutung, trotz anhaltender Kritik. Die theologische Begrifflichkeit der Univozität, die sich gegen das Analogie-Konzept der thomistischen Schule richtet, unterscheidet das allgemeine Sein nur dem Grade nach. Die physikalische Konzeption des Raumes beschreibt das Kontinuum als Struktur der Wirklichkeit und bestimmt Differenzen quantitativ. Die philosophische Theorie fundamentaler Qualitäten wie Denken oder Ausdehnung begründet eine neue Form des a priori und sucht nicht-substantielle Autonomie. Mit der neuen Bedeutung gradueller Differenzen verändert sich auch die Sicht auf substantiale Differenz: In der Moderne wird Wirklichkeit nicht mehr als Substanz, sondern als Intensität wahrgenommen, die sich als Selbstbezug manifestiert. Untersucht werden Konzeptionen von der Antike bis zur Gegenwart, von Platon bis Deleuze.
- 2010
Descartes, Spinoza, Leibniz im Vergleich, das heißt maximale Nähe und maximale Distanz zugleich. Maximale Nähe in der Terminologie, in der Problemstellung, in der Art in der historischen Reihenfolge aufeinander Bezug zu nehmen, aber auch im Anspruch fundamental und ursprünglich zu denken. Maximale Distanz in den Lösungen und deren Bewertungen, den Konzeptionen des Selbstbewusstseins und der Erkenntnis, dem Verständnis von Wissenschaft oder der Bedeutung der Ethik, dem Verhältnis von Immanenz und Transzendenz. Der vorliegende Band zieht– mit einem Schwerpunkt in der Theorie der Ideen und der Erkenntnis – diesen Vergleich im Rahmen einer historischen Ähnlichkeit: Alle drei Denker wandeln sich von einer eher methodisch dominierten ersten Phase zu einer umfassender werdenden und gewissermaßen stärker metaphysischen Reifezeit, eine Wandlung, die nicht nur als Kontinuität verstanden werden kann.