Mechtild Brand Bücher



Verschleppt und entwurzelt
Zwangsarbeit zwischen Soest, Werl, Wickede und Möhnetal
- 328 Seiten
- 12 Lesestunden
„Übermorgen wissen das alle und wissen es für ein paar Jahre. Aber lassen Sie nur erst das neue Jahrzehnt herankommen, da werden Sie´s erleben, wie die Mythen wieder wachsen.“ Das äußerte der zum Leiter eines Exekutionskommandos bestimmte evangelische Pfarrer aus der Soester Börde in der Erzählung „Unruhige Nacht“ von Albrecht Goes. Zu den Mythen der NS-Zeit, die sich hartnäckig halten, gehört die Vorstellung, dass Zwangsarbeit eine geschützte Möglichkeit war, den Krieg zu überstehen. Doch die Betroffenen verloren mit dem Arbeitseinsatz im Deutschen Reich ihr persönliches Umfeld und ihre sozialen Bindungen, waren isolierte Fremde. Zwangsarbeit war viel mehr als nur der Aufenthalt in Deutschland, selbst wenn der im Einzelfall menschenwürdigen Umgang bot. Mechtild Brand schildert die schwierigen Bedingungen, unter denen Zwangsarbeiter hier lebten. Gespräche mit Zeitzeugen ermöglichen ihr eine authentische Darstellung des Geschehenen, Fotomaterial und historische Dokumente veranschaulichen die Situation der ehemaligen Zwangsarbeiter zwischen Soest, Werl, Wickede und Möhnetal.
Die Lage eines Auschwitz-Überlebenden und die eines französischen Offiziers in deutscher Kriegsgefangenschaft kann man nicht vergleichen. Aber beide haben den jahrelangen Eingriff in ihr Leben erfahren, haben ihr Recht auf Selbstbestimmung verloren und waren zur Nummer geworden. Mechtild Brand nimmt in ihrem neuen Buch eine wenig beachtete Gruppe in den Blick: Offiziere in deutscher Kriegsgefangenschaft. Obwohl sie sicher unter allen Betroffenen einen privilegierten Status hatten, hatte die Zeit in Gefangenschaft für sie lang nachwirkende psychische Folgen. Sie lebten über Jahre in einer mühsam konstruierten Scheinwelt; der Wechsel zurück in den Alltag gelang nicht allen. Das Buch verbindet die sachliche Beschreibung der Rahmenbedingungen im Offizierslager mit den Schilderungen der Offiziere selbst und zeigt, dass jedes Leben durch Gefangenschaft hinter Stacheldraht beschädigt wird.