Der kreative Prozess, die gemeinsame Arbeit mit AutorInnen und ÜbersetzerInnen, bis dass ein Text die gedruckte Form annimmt, zählt zu den spannendsten Facetten im Alltag eines Literaturverlags. Fast jedes Projekt kennt Material, das aus unterschiedlichsten Gründen nicht Eingang findet ins veröffentlichte Buch. Das Jubiläum „10 Jahre Edition Korrespondenzen“ bietet eine vorzügliche Gelegenheit, Beispiele solcher unbekannter Kostbarkeiten zu versammeln. Wir haben Autorinnen und Autoren des Verlags gebeten, Texte aus dem Entstehenszusammenhang ihrer Korrespondenzen-Bücher aus dem Archiv zu holen: Vorstufen, Varianten, Aufgegebenes oder auch Repliken, die das „Originalwerk“ um interessante, oftmals erhellende Aspekte bereichern. Was sich der Leserin, dem Leser hier eröffnet, ist ein Blick in die Schreibwerkstatt großer europäischer Dichterinnen und Dichter, in der manch unbekannte Preziose funkelt. Die Anthologie enthält neben allen erstmals veröffentlichten „Zugaben“ auch ein Verzeichnis sämtlicher Bücher und CDs, die seit 2001 in der Edition Korrespondenzen erschienen sind.
Franz Hammerbacher Bücher




Passagen
- 158 Seiten
- 6 Lesestunden
'Machen Sie das etwa zu Ihrem Vergnügen?', fragt der Kapitän den Passagier, der an Bord von Containerfrachtschiffen in 80 Tagen um die ganze Welt fährt. Dass die Ladung stets Priorität hat und daher Fahrtermine und Hafenfolge nicht garantiert werden können, ist dem zahlenden Gast gerade recht, denn – der Seeweg ist das Ziel. Keine Weltreise im herkömmlichen Sinn, vielmehr eine Expedition in die Welt des globalisierten Frachtverkehrs zeichnet Franz Hammerbacher in seinem akkurat und mit poetischem Witz geführten Logbuch nach: als Augen- und Gemütszeuge des Alltags auf See, mit dem Wummern der Motoren als Basso continuo, in Gesellschaft von Männern, die ihr Leben aus freien Stücken auf einem 'schwimmenden Knast' zubringen. Während die Leicht- und Vollmatrosen durch ständiges Putzen und Malen dem Teufel Rost zu Leibe rücken, aber allesamt nicht wissen, was in den 8 000 Containern steckt, liest der Passagier in der Offiziersbar heimlich die Fachzeitschriften, studiert die Vorwahlnummern der Weltmeere und entdeckt auf einer französischen Crewliste den Mehrzweckmatrosen ('le polyvalent'). Hat nicht schon Kolumbus einst verheißen: 'Und die See wird allen neue Hoffnung bringen, so wie der Schlaf die Träume bringt daheim'?
Naqoura
Miniaturen
Das Österreichische Bundesheer (BH), im Militäralphabet als BRAVO HOTEL buchstabiert, ist ein Verband, in dem nicht nur gekämpft, sondern auch gewohnt wird, bei Rundumverpflegung und mit strenger Hausordnung. Als Grundregel gilt: Man ist nie allein. Alles wird mit Kameraden geteilt, auch die Privatsphäre. Franz Hammerbacher, der sich als einfacher Soldat auf dieses soziale Abenteuer eingelassen hat, führte während zweier Friedenseinsätze auf dem Balkan und im Nahen Osten ein Journal, in dem der hehre Begriff Peacekeeping in seine alltäglichen Einzelheiten zerlegt wird. Was hat die Kosovo-Schutztruppe zu tun, wenn Peter Handke nach Velika Hoča reist? Wer lädt zu einem 'Benefizschießen' mit der Kalaschnikow? Und warum schauen UN-Blauhelme den ganzen Tag lang syrischen Bauern bei der Tomatenernte zu? Kurzum: Wir erfahren, womit Soldaten im Friedenseinsatz sich beschäftigen und womit sie beschäftigt werden. Wir erfahren von Wachvergehen, von gestiefelten Pfarrern und einem Kommandeur, der seinen Espresso mit 'Kaffee marsch!' bestellt – in einem Buch, das eine überraschend andere Sicht auf das soldatische Leben eröffnet.