Wege aus dem "Dritten Reich"
Die Entnazifizierung der Hamburger Universität als ambivalente Nachgeschichte des Nationalsozialismus



Die Entnazifizierung der Hamburger Universität als ambivalente Nachgeschichte des Nationalsozialismus
Die Festschrift für Eckart Krause, den Gründer und langjährigen Leiter der Arbeitsstelle für Universitätsgeschichte an der Universität Hamburg, versammelt universitätsgeschichtliche Studien von Nachwuchshistorikerinnen und -historikern: Sie stellen bisher kaum rezipierte Quellen wie Universitätszeitungen, Magisterarbeiten und studentische Flugblätter vor, gehen langfristigen Hochschulentwicklungen nach, liefern neue Erkenntnisse zur Wissenschaft im Nationalsozialismus und untersuchen Konflikte um „1968“. Der Geehrte Eckart Krause, geb. 1943 in Schwerin an der Warthe, 1971–2003 Fachbereichsplaner am Fachbereich Geschichtswissenschaft (seit 2001: Philosophie und Geschichtswissenschaft) der Universität Hamburg, 2003–2008 hauptamtlicher Leiter der Arbeitsstelle für Universitätsgeschichte und der ihr zugehörigen Hamburger Bibliothek für Universitätsgeschichte, deren Sammlung er 1982/83 im Rahmen des von ihm koordinierten Forschungsprojekts 'Hochschulalltag im ›Dritten Reich‹' begründet hat.
Sozial und liberal im vordemokratischen Hamburger Senat
Johannes August Lattmann (1858–1936) spielte eine besondere Rolle in der politischen Kultur Hamburgs. Als Kaufmann ging er zwei Jahrzehnte nach Übersee und stieg zum Teilhaber des New Yorker Handelshauses Gustav Amsinck & Co. auf. Zurück in Hamburg machte er durch großzügige mildtätige Stiftungen von sich reden. Die Wahl des offen liberal gesinnten Lattmann zum Senator 1912 war ein Novum und wurde nur durch ein Bündnis von liberalem Bürgertum und Sozialdemokratie möglich – eine Vorausnahme der Weimarer Koalition. Lattmann befürwortete ein plurales Nebeneinander von politischen Standpunkten und Konfessionen, trat für ein gleiches Wahlrecht ein und arbeitete mit Protagonistinnen der Frauenbewegung zusammen. Als Lattmann 1919 aus dem Senat schied, wurde er Manager der neu gegründeten Warentreuhand, um für die deutsche Wirtschaft verlorenen Kredit wiederherzustellen. Nach seinem Tod geriet der kinderlos gebliebene Lattmann in Vergessenheit. Die vorliegende Biographie stellt auf Grundlage unveröffentlichter Quellen erstmals den Lebensweg dieses sozialen und liberalen Senators dar.