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Bookbot

Rolf Bossart

    Die Enthüllung des Realen
    Die theologische Lesbarkeit von Literatur im 20. Jahrhundert
    • Als Folge des Zerfalls der einheitlichen Sinnsysteme im 20. Jahrhundert hat auch die Literaturwissenschaft ihre Sinn-Ansprüche schrittweise reduziert. Ihre Glaubwürdigkeit als auslegende Wissenschaft erhoffte sie sich zu erhalten, indem sie ihre Ergebnisse auf vergleichbare, quantifizierbare und jedermann einsichtige Aussagen abstützte. Das hat sie in die Sackgasse einer im Ergebnis inhaltsleeren Sinnskepsis getrieben. Auch ist es üblich, das eigene Begehren oder die eigene Faszination, die man bestimmten Texten gegenüber hat, nur als biographische Fussnote zu verraten. Es ist zu vermuten, dass damit zentrale Potentiale der Texte verdrängt werden. Aber das Verdrängte kehrt wieder, und zwar mit Vorliebe an den Unorten und in den Grenzbereichen der herrschenden Vernunft. Zum Beispiel, so die These dieser Untersuchung, als Theologie. In der Tat ist festzustellen, dass im 20. Jahrhundert Autoren wie Walter Benjamin, Ernst Bloch und auch Sigmund Freud auf theologisches Sprachmaterial und theologisch geprägte Deutungstraditionen zurückgreifen. Diese theologischen Deutungen sind zu lesen als Protest gegen die Unzulänglichkeiten und Beschränkungen der aufgeklärten Vernunft. Aber gleichzeitig sind sie die Suche nach Bündnismöglichkeiten mit den verdrängten Stoffen der Aufklärung, im Namen von Aufklärung. Der Begriff der theologischen Lesbarkeit fragt nach dieser Art von Bündnisfähigkeit in den Texten.

      Die theologische Lesbarkeit von Literatur im 20. Jahrhundert
    • Milo Raus Theaterstücke, Filme und Performances sorgen immer wieder für Aufsehen. Begleitet von theoretischen, aber auch mal handgreiflichen Debatten bis zu veritablen Prozessen rühren sie an neuralgische Punkte des gesellschaftlichen Selbstverständnisses. Das Echo in der Presse ist denn auch sehr vielschichtig. „Liebhaber der Skandale“ („La Vanguardia“), „Fänger des Realen“ („taz“), „Sozialer Plastiker“ („La Libération“) oder „Theatererneuerer“ („Der Spiegel“) sind Bezeichnungen, mit denen die Arbeit des Schweizer Regisseurs zu fassen versucht wird. Die Arbeitsweise Milo Raus nimmt wohl im aktuellen europäischen Theaterschaffen eine Ausnahmeposition ein. Die Projekte der letzten sechs Jahre reichen von hypernaturalistischen Reenactments („Die letzten Tage der Ceausescus“) über kaum mehr Theater zu nennende Volksprozesse („Die Zürcher Prozesse“) bis zur freien Rekonstruktion eines rassistischen Fun-Radios („Hate Radio“). „Die Enthüllung des Realen“ entfaltet in Gesprächen, Manifesten und Essays ein offensives und variables Denken, das hinter Raus Projekten steht. Ergänzend dazu finden sich Beiträge aus unterschiedlichster Perspektive u. a. von Alexander Kluge, Heinz Bude, Christine Wahl und Sandra Umathum. Somit enthüllt dieses Buch Stück für Stück den Neuen Realismus von Milo Raus Theater, der nebenbei auch ein fröhlicher Abschied von der Postmoderne ist.

      Die Enthüllung des Realen