Nachman Krochmal Bücher

Krochmals "Führer der Verwirrten der Zeit" ist ein zentrales Werk der osteuropäisch-jüdischen Aufklärung, das sich mit der Entstehung von Aggada und Halacha beschäftigt. In seiner Erstübersetzung wird eine bedeutende Lücke in der deutschsprachigen jüdischen Denktradition des 19. Jahrhunderts geschlossen. Krochmal reagiert auf die idealistischen Philosophien seiner Zeit, indem er eine eigene Geschichtsphilosophie entwickelt, die das Judentum als Teil des allgemeinen Zyklus der Völkergeschichte betrachtet, jedoch die besondere Verbindung des jüdischen Volkes zum "absoluten Geist" betont.

Krochmal sucht eine jüdische Antwort auf die geschichtstheoretischen, idealistischen Entwürfe deutscher protestantischer Gelehrter des späten 18. Jahrhunderts, ähnlich wie Maimonides den Aristotelismus seiner Zeit herausfordert. Er strebt eine Integration gegensätzlicher jüdischer Geistesströmungen an und kritisiert die idealistischen Philosophien, die er autodidaktisch erlernt hat und die eine überkommene Religion im Sinne von Herder propagieren. Krochmal widerlegt dieses Paradigma seiner Zeit philosophisch und entwirft eine »Konstruktion« der Geschichte, die eine dialektische Abfolge von Höhen und Tiefen im Sinne von Graetz aufzeigt. Er versucht, den verbindenden Faden in der Geschichte Israels und seines Volkes nachzuweisen. Anknüpfend an einen vordialektischen Hegel entwickelt er eine undialektische, lineare Geschichtsphilosophie des Volkes Israel. Obwohl das Volk am allgemeinen Zyklus der Völkergeschichte teilhat, unterscheidet es sich durch seine Verbindung zum »absoluten Geist«. Krochmal identifiziert diesen Geist im rabbinischen Sinne mit der »Shechina«, der »Einwohnung Gottes«, die mit dem Volk in die Verbannung und durch alle Höhen und Tiefen der geschichtlichen Entwicklung zieht.