Olivier Kamm ist Anfang vierzig, Rechtsmediziner und beruflich ganz oben angekommen. Eines Tages findet er sich in einem geschlossenen Raum wieder, kann sich aber nicht erklären, wo und warum. Er glaubt, in einer Gefängniszelle einzusitzen, und vermutet, dass es bald zu einer Gerichtsverhandlung kommen wird. Mit Rollenspielen, die ihn schon als Kind oft aus misslichen Situationen retteten, bereitet Kamm sich darauf vor. Dabei kommen bruchstückhafte Erinnerungen wieder, Fragmente dreier Geschichten. Da ist die Episode in Lappland, als er aus Angst, selbst in Schwierigkeiten zu geraten, einen anderen ins Gefängnis gehen ließ; da ist sein Vater, der sich nach Thailand absetzte; und da ist die Freundin, die im gemeinsamen Urlaub ertrank. Kamm erliegt einer Täuschung nach der anderen, und am Ende kommt es nicht nur für ihn zu einem überraschenden Ausgang. Es „ist ein fragmentarischer Roman mit kriminalistischen Elementen, ein vertrackter Erinnerungstext. Langsam verdichten sich drei Geschichten an verschiedenen Schauplätzen: Lappland, die Dominikanische Republik, Thailand und dazwischen immer wieder die Schweiz, wo Kamm wohnt. Figuren treten hervor: eine Frau aus dem hohen Norden; eine lebhafte Grafikerin, die plötzlich ertrunken ist; eine grossbürgerliche Mutter am Rande der Hysterie; ein parkinsonkranker Familienpatriarch, der am Ende seines Lebens in Thailand untertaucht; ein Sohn, der ihm wütend zuruft: «Wenn du tot bist, werde ich dich mit dem grössten Vergnügen aufschlitzen.» Ebenfalls nicht unerwähnt bleiben darf Kamms frühere Tätigkeit als Ermittler gegen Kinderpornografie im Internet. Gekonnt ordnet Gerster in ihrem dritten Roman diese Handlungsstränge zu einem Muster an, das langsam hervortritt und dennoch täuschend uneindeutig bleibt. Der Scheinprozess, den Kamm erinnernd und erzählend gegen sich selbst führt, könnte durchaus auf Selbsttäuschung beruhen. Doch Kamms Tätigkeit als Rechtsmediziner liefert das Modell für das literarische Verfahren: Nüchtern und in sauberen Schnitten seziert die Autorin die Psyche dieses angepassten Egoisten. Die spröden Textteile sperren sich zunächst gegen die Einordnung in einen Zusammenhang. Sie können und wollen nicht erklären, was unerklärlich ist: den Bruch zwischen Normalität und Verbrechen, das unsichtbare Kippen eines Menschen ins Unmenschliche. Dieser Roman erbringt eine genuine Leistung der Literatur: Auf beklemmende Weise untergräbt er jegliche Sicherheiten - auch die des Ich" (NZZ)
Andrea Gerster Bücher






Alex und Nelli
Roman
Mimosa fliegt
- 119 Seiten
- 5 Lesestunden
In Andrea Gersters Erzählungen verliebt sich eine Frau in einen Bagger und reflektiert über tragische Beziehungen und Kindheitserinnerungen. Ein junger Mann erlebt seine erste Liebe und entdeckt die Komplexität des Lebens. Die Figuren sind oft fremd, laden aber dazu ein, die verborgenen Geschichten der Menschen um uns herum zu erkunden.
PAULA
Ein literarischer Begleiter durch Feldkirch (Band III)
Konrad ist am liebsten allein und zeichnet Comics. Dazu isst er fette Nutellabrote. Bis seine Eltern verreisen und seine Schwester Oda ihn auf Diät setzt. Konrad wehrt sich, aber das geht total schief. Denn plötzlich ist Oda weg. Von liebenswert schrägen Aussenseitern und dem Wachsen von Freundschaften – mit viel Witz und Charme erzählt.
No, liebt nicht nur Wörter, sie bekommt auch laufend welche von ihrem Großvater geschenkt. Sie ist ein intelligentes und vorlautes Mädchen. Diese Eigenschaften verzeiht man ihr, weil sie nicht auch noch brav ist. Im Gegenteil. Sie nimmt schon mal einen Mitschüler in den Schwitzkasten oder heckt verwegene Pläne aus, wie sie ihrem Freund To, der in den Sommerferien aus Schweden hergezogen ist, helfen kann, sein Heimweh zu vergessen. Dabei kommt sie auf die Idee, Lebensmittelfarbe zu kaufen und damit die Milch des Huber-Bauern einzufärben. Doch bald gibt es erste Anzeichen, dass To eigentlich lieber mit den Jungs der Klasse als mit No zusammen sein möchte. No gibt ihren Plan auf, fühlt sich einsam und wird sogar krank. Als sie wieder gesund ist, spielt sie mit der Lebensmittelfarbe herum und gibt das Gemisch dann in einen Kanister, den sie zur kleinen Sammelstelle für Sondermüll bringt. Doch der Kanister hat ein Leck und vor Schreck schüttet sie den Inhalt hinter dort herumstehenden Fässern aus. Damit bewirkt sie, dass Feuerwehr, Radio und Fernsehen nach Lechtinghausen kommen. Denn man geht davon aus, dass die grüne Brühe giftig ist. To ist überzeugt, dass No das alles nur für ihn getan hat.
'Hätte man das nicht bereits beim Betreten des Gebäudes spüren müssen? Ahnen, dass man eine halbe Stunde später als geschasster Geschäftsführer mit Rollkoffer und leerer Laptoptasche die Firma wieder verlassen wird?' Fristlos wird Alber Dillig gekündigt, seine Frau Hanna erfährt anderntags aus der Zeitung vom Tod ihres Liebhabers Maxim. Der Verlust lässt beide straucheln, Hals über Kopf fliehen sie ihr Zuhause: er in die Bündner Berge, sie nach Berlin. An ihren Fluchtorten beginnen die Skurrilitäten: Alber schließt auf einer Alp Freundschaft mit einem Kalb, Hanna hat ein Rendezvous mit Harald, der allein für sie existiert. Maxims Beerdigung führt die beiden und ihre drei erwachsenen Kinder Mia, Lena und Clemens wieder zusammen, doch jeder hat eigene Pläne. 'Das ist Literatur, Mia!' Der Deutschlehrer hatte sich von ihrem Manuskript begeistert gezeigt, ein Verlag ist schnell gefunden. Doch schon bald wird ihr Roman von der Wirklichkeit eingeholt. Was ist real, was fiktiv? Andrea Gerster komponiert ein dichtes literarisches Vexierbild. Ihr hintersinniger Roman überrascht mit verblüffenden Wendungen und Perspektivwechseln.
Lolo ist für zwei Jahre in ein Schloss am Bodensee umgezogen, weit weg von ihrer besten Freundin Ka in Zürich. Ihre Eltern sind meist abwesend, sie muss sich um den Schlosshund kümmern: Tarantino, den dümmsten Hund der Welt.
Aik ist Einzelkind, seine Mutter lebt mit ihm allein. Die sehr junge, eigenwillige Frau hat sich ihr Leben trotz schwieriger Umstände eingerichtet. Der Vater des Kindes ist kein Thema, sie verschweigt seinen Namen. Ihre wichtigsten Bezugspunkte sind das Kind, das sie fürsorglich und liebevoll betreut, und die Palme Toni. Kontakte vermeidet sie, um neugierigen Fragen und scheinbar gutgemeinten Ratschlägen zu entgehen, die sich immer wieder als versteckte Vorurteile und als Misstrauen ihr als alleinerziehender Mutter gegenüber entpuppen. Doch sie wird nicht in Ruhe gelassen. Regelmäßig erhält sie anonyme Briefe mit groben Beleidigungen, manchmal Drohungen. Auch ein Umzug in die Stadt kann die Briefe nicht stoppen. Erst nach Aiks schwerem Unfall im Alter von zehn hört dieser Terror schlagartig auf. - Aiks Leben als Mann ist von der Suche nach seiner Herkunft geprägt. Seine Mutter schweigt immer noch beharrlich. Doch plötzlich steht Aik unter Druck: Seine schwangere Freundin verlangt ultimativ von ihm, dass er seinen Vater ausfindig macht. Erst dann könne ein harmonisches Familienleben mit ihr und dem gemeinsamen Kind gelingen. - In ihrem zweiten Roman erzählt Andrea Gerster eine nichtalltägliche, berührende Familiengeschichte. In zwei Erzählsträngen - aus der Sicht der Mutter sowie des erwachsenen Sohnes - entsteht das sensible Geflecht einer Mutter-Sohn-Beziehung unter besonderen Lebensumständen.