Der 75-jährige Fred bricht in seiner Wohnung zusammen. Seine Nachbarin Nicole und ihr Sohn Leo finden ihn und alarmieren den Notarzt. Dieser verordnet dem Alleinstehenden Bettruhe, und Nicole übernimmt widerwillig die Aufgabe, regelmässig nach ihm zu schauen. Fred nutzt die Gelegenheit, sein Gewissen zu erleichtern. Doch Nicole hat mit ihren eigenen Dämonen zu kämpfen. Nach und nach realisiert sie, dass ihre traumatische Kindheit auf verhängnisvolle Weise mit Freds Vergangenheit verknüpft ist. Der Roman basiert auf wahren Begebenheiten. Die daraus konstruierte Handlung ist jedoch frei erfunden. Franziska Streun verbindet in «unlebbar» die jahrelangen Nachrecherchen zu ihrem 2013 erschienenen Buch «Mordfall Gyger – eine Spurensuche» über das Tötungsdelikt am 14-jährigen Beat Gyger im Jahr 1973 mit dem Schicksal einer Frau, die als Kind in dieser Zeit von Männern aus demselben Kreis missbraucht wurde. Mit ihrem verstörenden Kammerspiel gibt die Autorin all jenen eine Stimme, die Opfer schwerster Gewalt wurden und werden, ohne darüber reden zu können.
Franziska Streun Bücher




Das Leben der aus dem Pariser Zweig der Rothschild-Dynastie stammenden Baronin Betty Lambert, geschiedene von Bonstetten, geschiedene von Goldschmidt-Rothschild, spiegelt die Geschichte des 20. Jahrhunderts wider. Die jüdische Adlige floh nach dem Ersten Weltkrieg aus ihrer arrangierten ersten Ehe von Frankfurt am Main in die Schweiz und lebte während Jahrzehnten auf dem Bonstettengut in Thun/Gwatt. Dort hielt sie Hof, empfing das internationale Geistesleben, half Verfolgten auf der Flucht vor dem Nationalsozialismus, fungierte als informelle nachrichtendienstliche Anlaufstelle und wurde ihrerseits vom Schweizer Geheimdienst kritisch beobachtet.Das Gästebuch der Grande Dame vom Thunersee liest sich wie ein ‹Who is Who› der ersten Hälfte des 20. Marc Chagall, Greta Garbo, Carl Zuckmayer, Alexander von Stauffenberg oder US-Geheimdienstchef Allen Welsh Dulles.
Mordfall Gyger
Eine Spurensuche
Jedes Jahr, wenn die Schausteller an Pfingsten in Thun mit ihren Attraktionen auffahren, erinnere ich mich an den Mord an Beat Gyger. Am 9. Juni 1973, einem sonnigen Pfingstsamstag, hätte der 14-Jährige seiner Großmutter eine Nachricht überbringen sollen, doch stattdessen besuchte er den Budeler. Am nächsten Morgen fanden zwei Reiterinnen seine Leiche im Lindenbachgraben. Damals war ich zehn Jahre alt, und dieser Mord erschütterte meine kindlichen Vorstellungen einer heilen Welt. Jeder Besuch der Chilbi war fortan mit der Angst verbunden, dass mir etwas zustoßen könnte. Jedes Rummelplatzbesuch weckte die gleichen Gefühle: das Unverständnis darüber, dass so etwas geschehen konnte, und die Fragen, was Beat Gyger erlebt haben könnte. Vor einigen Jahren erzählte mir Bernhard Gyger von dem Verlust seines Bruders. Das Gefühl des Unfassbaren überkam mich erneut, als ich versuchte zu begreifen, wie ein ungelöstes Tötungsdelikt das Leben eines Menschen für immer verändert. Ich fragte die Familie, ob ich Nachforschungen anstellen dürfe, und begann, Zeitungsberichte zu lesen, Archive zu durchforsten und mit über 200 Personen zu sprechen, darunter Zeugen, Verdächtige und Ermittler. Der Fall Gyger bleibt auch nach 40 Jahren ungeklärt, und die Reaktionen auf meine Spurensuche waren gemischt: Einige waren bereit zu reden, andere lehnten ab oder waren verärgert über das Aufwärmen alter Erinnerungen.
Rudolf von Wattenwyl wandert 1866 nach Argentinien aus, um Abenteuer zu suchen und einer unstandesgemäßen Liebschaft zu entfliehen. Er gründet eine Hazienda, züchtet Vieh, wird Friedensrichter, jagt Pumas und wird von Indios überfallen. Doch warum kehrt er 1876 in die Schweiz zurück, und was ist aus seiner großen Liebe Hannah geworden? Franziska Streun erweckt das Leben des Abenteurers in einem Wechselspiel von Realität und Fiktion, basierend auf seiner Originalkorrespondenz und einem fiktiven Tagebuch. Im Spätsommer 1876 besucht Gottlieb Künzi Rudolf in der argentinischen Pampa. Während einer Büffeljagd werden sie von Indios gefangen genommen und auf ein Bahngleis gefesselt. Künzi gelingt die Flucht, und er rettet damit auch das Leben seines Freundes. Nach diesem Vorfall kehren beide in die Schweiz zurück, wobei von Wattenwyls Haar über Nacht ergraut ist. Diese Geschichte wird seit Jahrzehnten in den Familien von Wattenwyl und Künzi erzählt. Ist sie wahr, ähnlich oder aus Abenteuerfantasien entstanden? Fakt ist, dass Rudolf von Wattenwyl (1845–1914) mit zwei Engländern nach Argentinien auswanderte und dort zahlreiche Erlebnisse hatte, darunter Überfälle, Verbrecherjagden und das Leben als Gaucho. Er berichtet in ausführlichen Briefen an seine Familie über das Leben, Reisen und die Menschen in Argentinien. Diese Briefe, in Französisch und Englisch verfasst, sind als eindrückliches Zeitdokument im Roman integriert.