Michail A. Osorgin Bücher
Michail Andrejewitsch Osorgin war ein russischer Schriftsteller, Journalist und Essayist. Seine Werke befassten sich oft mit Themen wie Entfremdung, Identitätssuche und dem Aufeinandertreffen von Tradition und Moderne, was sein eigenes Leben im Exil und ständige Umgebungswechsel widerspiegelte. Osorgins Stil zeichnete sich durch eine melancholische Atmosphäre und tiefe psychologische Einblicke in Charaktere aus, die ihren Platz in einer von politischen und sozialen Umwälzungen geschüttelten Welt suchten. Seine Prosa untersuchte die Zerbrechlichkeit der menschlichen Existenz und die Sehnsucht nach Ruhe im Chaos.



Eine Entdeckung, ein 1928 in der Pariser Emigration veröffentlichter Roman, wurde nun neu aus dem Russischen übersetzt. Michail Ossorgin, der 1922 auf Lenins Befehl die Sowjetunion verlassen musste, erlangte mit diesem Werk internationale Berühmtheit. Der Titel bezieht sich auf eine bemerkenswerte Straße in Moskau, die »Siwzew Wrazhek« heißt und eine reiche literarische Tradition hat. Im Frühjahr 1914, kurz vor dem Ersten Weltkrieg, beginnt die Geschichte und endet im Frühling 1920, während der dramatischen Ereignisse des Krieges, der Revolution und des Konflikts zwischen den »Roten« und »Weißen«. Diese Umbrüche verändern die Bewohner der Straße, die durch das Leben des Ornithologen Iwan Alexandrowitsch und seiner Enkelin Tanjuscha betrachtet werden. Die epochalen Ereignisse werden im Mikrokosmos eines Professorenhaushalts zu einem Mosaik aus 86 Szenen meisterhaft montiert, das als filmische Prosa beschrieben werden kann. Ossorgin, 1878 in einer Adelsfamilie geboren, war ein sozialrevolutionärer Aktivist, der ins Exil ging und 1922 mit anderen Intellektuellen das Land verließ. Nach einer Zeit in Berlin ließ er sich in Paris nieder und starb 1942 als staatenloser Flüchtling in Chabris.
Ein ehemaliger russischer Postbeamter gerät in der Pariser Emigration in eine Freimaurerloge. Sein Leben wird dadurch gehörig durcheinandergewirbelt. Jegor Jegorowitsch Tetjochin führt im Paris der Zwischenkriegszeit ein gutes Emigrantenleben. Er arbeitet als Angestellter im Vertrieb einer französischen Firma, hat eine einfältige Frau und einen Sohn, der kurz vor dem Schulabschluss steht. Eines Tages erhält er von einem Arbeitskollegen eine Einladung in eine Freimaurerloge. Im Gegensatz zu seinem Kollegen nimmt Tetjochin die Ideale der Freimaurerei ernst und beginnt in grenzenloser Naivität und Ehrlichkeit sein Leben nach diesen Idealen ohne Kompromisse auszurichten. Die Entwicklung Tetjochins vom 'rauen Stein' zum 'behauenen Stein' ähnelt der eines modernen Hans im Glück und kommt nicht ganz ohne komische Effekte aus. Osorgin schreibt mit wohlwollendem, humanistischem Humor über seinen Helden. Dieser Roman erinnert an die Erzählungen Tschechows. Eigentlich unverständlich, warum dieses Juwel aus den 30er Jahren der russischen Emigration in Paris bisher noch nicht ins Deutsche übersetzt worden ist.