Robert Jütte Bücher






Medizin, Gesellschaft und Geschichte 36 (2018)
- 284 Seiten
- 10 Lesestunden
Hatten Frauen Anfang des 19. Jahrhunderts eine Wahl bei der Art der Geburtshilfe? Marina Hilber zeigt in ihrer Studie über Tirol und Vorarlberg, dass Frauen schon zu dieser Zeit durchaus wählerisch sein konnten. Eberhard Wolff nimmt den aktuellen Trend zum Quantified Self zum Anlass für eine Rückschau auf die Anfänge dieses Phänomens im frühen 20. Jahrhundert, als die Blutdruck-Selbstmessung durch Laien einsetzte. Jens Gründler zeigt, vor welchen gesundheitlichen Herausforderungen die Heimatvertriebenen in der Nachkriegszeit standen. Elke Böthin beleuchtet den Einfluss staatlicher Strukturen auf die Ausgestaltung ärztlicher Fortbildung in der Bundesrepublik und der DDR. Melanie und Thilo Schlott rekonstruieren im zweiten Teil dieses Jahrbuchs, welches der Geschichte der Homöopathie und alternativer Heilweisen gewidmet ist, die Krankengeschichte eines Patienten Samuel Hahnemanns. Jürgen Pannek stellt einen literarisch und medizinisch unterfütterten Bezug Karl Mays zur Homöopathie her. Daniel Walther geht der Frage nach, warum sich Ãrzte auf die Homöopathie spezialisieren. Und Luciana Costa Lima Thomaz und Silvia Waisse arbeiten gemeinsame Kennzeichen französischer Ãrzte heraus, die in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ganzheitliche Therapieansätze vertraten.
"Besitzvermerke in den wenigen Büchern, die jüdische Emigranten nach 1933 auf der Flucht mitnehmen konnten, liefern Hinweise darauf, wie es ihnen im Exil ergangen ist. Bücher, ob ganze Bibliotheken oder einzelne Bände, die Emigranten oder Opfern der Shoah gehörten, sind 'stumme Überlebende', wie Lucy Dawidowicz es einmal formuliert hat. Sie vermögen bisher unerzählte Geschichten in Erinnerung zu rufen. Die hier getroffene Auswahl aus einer Privatsammlung legt Zeugnis von insgesamt zehn Einzelschicksalen ab, darunter mehrheitlich von Überlebenden, aber auch von einem jungen Berliner Juden, den die Nazis 1942 deportiert und dann in Auschwitz ermordet haben."--Page 4 of cover
Über Krankheit und Gesundheit in der Frühen Neuzeit
- 243 Seiten
- 9 Lesestunden
Mit den Fortschritten in der Medizin, vor allem aber mit der Verbesserung des Lebensstandards schwindet immer mehr das Bewusstsein, dass Krankheiten einst ein "geschichtsmächtiger" Faktor waren. So stellten in der Vergangenheit die ständige Bedrohung durch Seuchen und die hohe Kindersterblichkeit ganz besondere Anforderungen an die gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Systeme, aber auch an die Leidensfähigkeit der Menschen. Die Geschichte der Krankheit in der Frühen Neuzeit zeigt, wie sich individuelle und kollektive Strategien von Krankheitsbewältigung herausgebildet haben, die auch heute noch teilweise recht wirkmächtig sind (Stichwort: Quarantäne). Der Blick richtet sich nicht nur auf die verheerenden "Volkskrankheiten" in damaliger Zeit, sondern auch auf chronische Erkrankungen, die typisch für die Frühe Neuzeit sind.
***Angaben zur beteiligten Person Jütte: Prof. Dr. phil. Robert Jütte Leiter des Instituts für Geschichte der Medizin der Robert Bosch Stiftung, Straußweg 17, D-70184 Stuttgart. Tel. 0711/46084-173, e-mail: robert.juette@igm-bosch.de Geb. 1954 in Warstein/Westfalen. Studium der Geschichte, Germanistik und Politikwissenschaft in Marburg, London und Münster. Seit 1990 Leiter des Instituts für Geschichte der Medizin der Robert Bosch Stiftung in Stuttgart, vorher Professor für Neuere Geschichte an der Universität Haifa/Israel, Promotion Universität Münster 1982, Habilitation Universität Bielefeld 1990 (venia legendi für Neuere Geschichte). Arbeitsschwerpunkte sind die Sozialgeschichte der Medizin und die Wissenschaftsgeschichte sowie die Alltags- und Kulturgeschichte der Frühen Neuzeit, jüdische Geschichte. Wichtige neuere Buchveröffentlichungen: Geschichte der Alternativen Medizin (München: C.H. Beck 1996), Arme, Bettler, Beutelschneider. Eine Sozialgeschichte der Armut in der Frühen Neuzeit (Weimar: Hermann Böhlaus Nachfolger 2000), Eine Geschichte der Sinne: Von der Antike bis zum Cyberspace (München: C.H. Beck), Lust ohne Last. Geschichte der Empfängnisverhütung von den Anfängen bis in die Gegenwart. (München: C.H. Beck 2003), »Ein Wunder wie der goldene Zahn«. Eine »unerhörte« Begebenheit aus dem Jahre 1593 macht Geschichte(n) (Ostfildern: Thorbecke 2004), Samuel Hahnemann. Begründer der Homöopathie (München: dtv 2005). Herausgeber der Zeitschrift »Medizin, Gesellschaft und Geschichte« (Franz Steiner Verlag, Stuttgart) sowie der historisch-kritischen Hahnemann-Edition und der Reihe »Quellen und Studien zur Geschichte der Homöopathie« (beide K.F. Haug-Verlag, Heidelberg). Vorsitzender der Vereinigung für jüdische Studien. Vorstandsmitglied des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesärztekammer und stellvertretender Vorsitzender des Deutschen Hygiene-Museums Dresden
»Hat nicht ein Jude Augen? Hat nicht ein Jude Hände, Gliedmaßen, Werkzeuge, Sinne, Neigungen, Leidenschaften?« – so beschwört Shakespeares Shylock die Gleichheit der Menschen vor der Natur. Doch ein Blick in die Geschichte führt vor Augen, dass diese Vorstellung ein Wunschdenken blieb. Der mittelalterliche Antijudaismus und der moderne Antisemitismus schufen Stereotype des jüdischen Körpers, die bis heute fortwirken. Ein wichtiges Thema im vorliegenden Band. Gleichzeitig aber geht es um mehr – nämlich um die innerjüdische Sicht auf Leib und Leben. Auf systematische Weise wird erkundet, wie sich Vorstellungen und Praktiken des Körpers im Judentum im Laufe einer mehr als zweitausendjährigen Geschichte wandelten – und wie dies wiederum auf die nicht-jüdische Außenwelt gewirkt und damit das Bild vom jüdischen Körper in allen Facetten geprägt hat: den biologischen Körper und seine Teile, Nase, Haut und Haare, die Nacktheit und die Scham, Empfängnisverhütung, Sexualität, Hygiene und Diätetik, den jüdischen Sport wie den Umgang mit Krankheit, Sterben und Tod, die Bestattungsregeln und die Hoffnung auf leibliche Wiederauferstehung. Es ist die erste umfassende anschauliche Darstellung von Leib und Leben im Judentum von den biblischen Quellen bis heute.
Arme, Bettler, Beutelschneider
- 334 Seiten
- 12 Lesestunden
Von der Barmherzigkeit zur Unterdruckung, vom Almosen zum Arbeitshaus: die erste vergleichende Darstellung eines der altesten und zugleich aktuellsten Probleme der Menschheit in Europa von der Reformation bis zur Franzoesischen Revolution.
Astrid Stölzle vergleicht das DRK und die Kaiserswerther Diakonie als Akteure in der Kriegskrankenpflege während des Zweiten Weltkriegs. Mit einer Folge dieses Kriegs befasst sich Jens Gründler: Er zeigt auf, in welchem Umfang hygienische Zwangsmaßnahmen bei Flüchtlingen im kollektiven Gedächtnis verhaftet geblieben sind. Wie teratogen wirkende Medikamente, z. B. Contergan, in den 1950er und 1960er Jahren dazu beitrugen, das Arzneimittelrecht in der Bundesrepublik zu verschärfen, macht der Aufsatz von Niklas Lenhard-Schramm deutlich. Carolin Wiethoff untersucht die berufliche Rehabilitation Schwerbeschädigter in der DDR und beleuchtet somit einen neuen Aspekt des sozialistisch geprägten Gesundheitswesens. In der zweiten Sektion des Jahrbuchs, die der Geschichte der Homöopathie und alternativer Heilweisen gewidmet ist, geht Robert Jütte der Frage nach, inwieweit der Placeboeffekt bereits vor der Mitte des 18. Jahrhunderts in Ärzte- und Gelehrtenkreisen bekannt war. Mit dem ambivalenten Verhältnis zwischen Gustav Jaeger und der Homöopathie beschäftigt sich Daniel Walther. Andreas Weigl untersucht Ernährungsvorschriften von Homöopathen und spannt damit einen zeitlichen Bogen von Hahnemanns Lebzeiten bis in die 1960er Jahre.