Die Gedichte von Ruth Näf Bernhard reflektieren die zeitlosen Fragen und Einsichten des biblischen Kohelet. Sie laden dazu ein, die Vergänglichkeit des Lebens nicht nur zu beklagen, sondern auch mit Staunen und Dankbarkeit zu betrachten. In einer einfühlsamen und sorgfältigen Sprache spinnt die Autorin die Gedanken des Predigers weiter und thematisiert sowohl das Seufzen über das Vergängliche als auch die Freude am gegenwärtigen Moment. Diese lyrischen Werke ermutigen dazu, das Schöne im Alltäglichen zu erkennen und zu schätzen.
Ruth Näf Bernhard Bücher




«Esst die Psalmen. Jeden Tag einen.» Diesen Ratschlag von Dorothee Sölle hat sich Ruth Näf Bernhard zu Herzen genommen. Jeden Morgen hat sie einen Psalm gelesen. Tag für Tag. Der Reihe nach. Von Psalm 1 bis Psalm 150. Und wie Dorothee Sölle hat sie sich nicht lange bei dem aufgehalten, was ihr unverständlich oder irritierend schien, sondern hat jeweils einen einzigen Vers gewählt – und diesen verdichtet. 150 Mal ist so aus einem Vers ein Gedicht oder ein Gebet entstanden. Eines, das den Psalm weiterschreibt. Weiterbetet. So ins Zentrum gerückt, steht ein Psalmvers plötzlich ganz neu da, als wäre er noch nie gelesen, noch nie gebetet worden. Im Schreiben verknüpft sich die heutige Sprache mit der Sprache der Psalmen. Ruth Näf Bernhards Texte machen neugierig, selbst Psalmen zu lesen, zu «essen», zu meditieren. Sie weiterzuschreiben. Weiterzubeten.
Worte sind mächtig. Sie können zerstören oder aufrichten. Ruth Näf Bernhard weiß um die Wirkung von Worten: als Therapeutin und Seelsorgerin. Ihre Meditationen bauen Brücken und wecken Leben. Brücken über Abgründe ins Neue, Unerwartete, Grenzenlose. Ihre Gedichte nehmen Gebrochenheit und Zweifel zutiefst ernst. Sie laden ein, nach innen zu lauschen und Vertrautes neu zu denken. Ihre Meditationen führen in die Tiefe menschlicher Existenz. Ungeschönt und aufrichtig. In der Ehrfurcht vor dem Kleinen und Zerbrechlichen atmen sie franziskanische Spiritualität und öffnen Räume für die Begegnung mit dem Ewigen Wort.
Meine Seele läuft barfuss dem Wort hinterher
Das Lukasevangelium in Gedichten gespiegelt
Lesen ist Hören. Gerade bei biblischen Texten ist Lesen Horchen. Lauschen. Sich etwas sagen lassen. Sich ermutigen lassen. Sich bewegen lassen von dem, was man hört. Ruth Näf Bernhard hat sich vom Lukasevangelium bewegen lassen. Jede Woche einen Tag von der Adventszeit bis zur Himmelfahrt hat sie sich von Lukas führen lassen. Von Kapitel 1 bis Kapitel 24. Auf ihrem Spaziergang in jenem Evangelium voller Begegnungen und Heilungen, dem Evangelium, dessen Weihnachtsgeschichte die meisten von uns im Ohr haben, hat Ruth Näf Bernhard genau hingehört. Und Worte gefunden. So sind Gedichte und Gebete entstanden, in denen die altvertrauten Bibelstellen plötzlich neu zu sprechen beginnen. Die Texte laden dazu ein, sich ins Evangelium zu vertiefen. Selbst mit Lukas spazieren zu gehen. Offen. Barfuss. Bereit, sich überraschen zu lassen.