Bohumil Hrabal
28. März 1914 – 3. Februar 1997
Bohumil Hrabal (* 28. März 1914 in Brünn; † 3. Februar 1997 in Prag) war ein tschechischer Schriftsteller. Er gilt als einer der bedeutendsten tschechischen Autoren des 20. Jahrhunderts.
Bohumil Hrabal (geboren als Bohumil František Kilian) kam in Brünn als unehelicher Sohn von Marie Kilianová und dem österreichischen Offizier Bohumil Blecha zur Welt. Sein leiblicher Vater war nicht bereit, ihn als Kind anzuerkennen, weshalb er bis zum dritten Lebensjahr bei den Großeltern in Brünn lebte. Als seine Mutter 1916 den Buchhalter der Brauerei in Polná František Hrabal heiratete, nahm dieser Bohumil als seinen Sohn an. Die Familie zog 1919 nach Nymburk an der Elbe, wo Hrabal seine Kindheit und Jugend verbrachte.Das Aufwachsen in Nymburk verarbeitete Hrabal in verschiedenen seiner literarischen Werke, etwa der Trilogie Das Städtchen am Wasser (Die Schur, Schöntrauer, Harlekins Millionen) und in Das Städtchen, in dem die Zeit stehenblieb. Hrabal war kein besonders guter Schüler. Sein Interesse galt dem Geschehen in der Brauerei und Josef, genannt Onkel Pepin, dem Bruder seines Stiefvaters František, der „zu Besuch kam und bis zum Tode blieb“. Der Redefluss Onkel Pepins diente Hrabal als Inspiration für seinen charakteristischen literarischen Stil, für den er das Fantasiewort „pábit“ (deutsch „bafeln“) erfand. Ein langer stilisierter Monolog Onkel Pepins findet sich in den Tanzstunden für Erwachsene und Fortgeschrittene.Hrabal schrieb bereits seit den 1930er Jahren literarische Texte, die zunächst unveröffentlicht blieben. Nach seiner Matura im Jahr 1935 studierte Hrabal an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Karls-Universität in Prag. Er besuchte gleichzeitig auch Vorlesungen über Literaturgeschichte, Kunst und Philosophie. Aufgrund der Schließung der tschechischen Hochschulen während der NS-Protektoratszeit konnte er das Studium erst 1946 abschließen. Während des Zweiten Weltkriegs war Hrabal bei der Eisenbahn als Fahrdienstleiter in Kostomlaty nad Labem beschäftigt, was später ebenfalls in seinem Werk Niederschlag fand (Reise nach Sondervorschrift – Zuglauf überwacht). In der Folge war er als Versicherungsagent, Handelsreisender und schließlich ab 1949 als Hilfsarbeiter in einer Stahlhütte tätig. Nach einem schweren Unfall arbeitete er dort von 1953 bis 1959 als Verpacker von Altpapier in einem Rohstofflager. Diese Zeit ist literarisch verarbeitet in einer seiner bekanntesten Erzählungen Allzu laute Einsamkeit sowie im ersten Teil der autobiographischen Romantrilogie Hochzeiten im Hause. 1956 heiratete Hrabal auf Schloss Libeň in Prag Eliška Plevová. Erste Texte Hrabals erschienen vereinzelt in den 1950er Jahren. Zum Beruf machte er das Schreiben 1963. 1965 kaufte sich Hrabal ein Ferienhaus in Kersko, einer Siedlung in der Gemeinde Hradištko, die zur Inspiration für die Sammlung Schneeglöckchenfeste wurde. Zur Zeit der Normalisierung nach der Niederschlagung des Prager Frühlings galt ab dem Jahr 1970 ein Publikationsverbot für Hrabals Werke. Er schrieb daher in Samisdat- oder Exil-Zeitschriften. 1975 veröffentlichte er in der Zeitschrift Tvorba einen selbstkritischen Aufsatz, der es ihm unter teilweise strenger Aufsicht der Zensur ermöglichte, wieder zu publizieren. Eine Reihe seiner Werke wurde vom Verlag Pražská imaginace („Prager Imagination“) herausgegeben, anfänglich ein Samisdat-Verlag. In den Jahren 1991 bis 1997 erschien dort sein gesammeltes Werk in 19 Bänden. Bohumil Hrabal starb in Prag, nachdem er beim Füttern von Tauben aus dem 5. Stock des Krankenhauses Na Bulovce stürzte, in dem er in Behandlung war. Ob Hrabals Tod ein Suizid oder ein Unfall war, ist nicht endgültig geklärt. Spekulationen über einen Freitod nährte die ungewöhnliche Todesart, die Gemeinsamkeiten mit Szenen aus Hrabals Werk aufweist. In diesem Zusammenhang wird auch auf die drei berühmten Prager Fensterstürze angespielt, Hrabals Tod soll demnach den vierten Prager Fenstersturz darstellen.Er wurde im Familiengrab auf dem Friedhof in Hradištko u Sadské bestattet. In demselben Grab sind auch seine Mutter „Maryška“, Stiefvater „Francin“, Onkel „Pepin“, Ehefrau „Pipsi“ und Bruder „Slávek“ begraben.