Die Theaterstücke von Witold Gombrowicz fordern Publikum und Schauspieler immer wieder aufs Neue heraus. Das erste Stück, »Yvonne, die Burgunderprinzessin«, hatte Gombrowicz zwar schon 1938 publiziert, doch blieb es ein Geheimtip, bis es 1957 in Warschau seine sensationelle Uraufführung erlebte. Mit der Inszenierung der »Trauung« durch Jorge Lavelli 1964 in Paris begann schließlich Gombrowicz' Siegeszug über die Bühnen Europas. Seitdem haben die berühmten Regisseure seine hintersinnigen Dialoge und Bilder immer wieder neu gedeutet. Die giftige Absurdität und theatralische Entblößung unserer Existenz, den provokanten Witz trieb Witold Gombrowicz in seinen Theaterstücken ins Extreme. Der Anhang dieses Bandes enthält die eigene Interpretation des Autors und den von François Bondy und Constantin Jelenski zusammen verfassten bahnbrechenden Aufsatz von 1964 über »das Theater des Witold Gombrowicz«.
Witold Marian Gombrowicz Bücher
Witold Gombrowicz war ein polnischer Romanautor und Dramatiker, dessen Werke sich durch tiefe psychologische Analysen, einen Sinn für Paradoxie und einen absurden, antinationalistischen Unterton auszeichnen. Seine Schriften untersuchen häufig Themen wie Unreife, die Identitätsbildung durch soziale Interaktionen und eine ironische Betrachtung gesellschaftlicher Rollen. Obwohl er erst in den letzten Jahren seines Lebens Berühmtheit erlangte, gilt Gombrowicz heute als eine herausragende Figur der polnischen Literatur, geschätzt für seine einzigartige Stimme und provokanten Einblicke in die menschliche Existenz.







Ein Buch ohne Ende, ein Meisterwerk des Denkens und Beobachtens: Witold Gombrowicz' ›Tagebuch‹ gehört zu den bedeutendsten Beispielen dieses Genres.In seinen Aufzeichnungen setzt Witold Gombrowicz sich mit »einem Maximum an Frechheit« mit der Welt auseinander, sie sind der »Versuch einer extremen Revidierung der Kultur«. Die Reflexionen, Analysen, Paradoxien und Provokationen des eigensinnigen und äußerst gebildeten Denkers reizen den Leser zu Gelächter, Zustimmung und Nachdenken. Gombrowicz' Überlegungen zu philosophischen historischen und aktuellen Themen wie Marxismus, Katholizismus oder Homosexualität sind unerwartet und weisen auf verblüffende Zusammenhänge – sie sind aufschlussreiche Pamphlete gegen jedwede Lüge und Ideologie.
»Ich muss mein eigener Kommentator, besser noch mein eigener Regisseur werden. Ich muss einen Gombrowicz-Denker schmieden, zusammen mit einem Gombrowicz-Genie, einem Gombrowicz-Kulturdemagogen und vielen anderen unverzichtbaren Gombrowiczen«, beschreibt der polnische Schriftsteller sein Tagebuch-Projekt, das er seit 1952 als eigenständiges literarisches Werk konzipierte und das zu einem seinem Hauptwerk heranwuchs. Darin setzt sich Gombrowicz mit »einem Maximum an Frechheit« mit der Welt auseinander, äußert sich zu philosophischen, historischen, kulturellen, religiösen, gesellschaftlichen Themen, aber auch zu seinem Emigrantenschicksal und seiner Homosexualität.Die über 1000 Seiten sind ein Thesaurus aus Reflexionen, Analysen, Paradoxien und Provokationen, aus Erlebtem und Erfundenem, die den Leser zu Gelächter, Zustimmung und Widerspruch reizen und damit zum Nachdenken provozieren. Das Tagebuch von Witold Gombrowicz ist Autobiographie, Essay und Kunstwerk in einem. Vor allem aber ein Pamphlet gegen jedwede Unterdrückung und ideologischen Dogmatismus und das Manifest einer gnadenlosen Individualität. Maßlos und über- bordend, ein Buch ohne Ende, ein einzigartiges literarisches Monument des 20. Jahrhunderts.
Ein Feuerwerk sprachschöpferischer Phantasie – ›Trans-Atlantik‹ steht im Zentrum von Witold Gombrowicz' Ästhetik. 1939, in Polens schwärzester Stunde, ist Witold Gombrowicz auf einer Schiffsreise in Buenos Aires hängen geblieben. Plötzlich findet er sich in der skurrilen Gesellschaft von zwielichtigen Großstadttypen und in Argentinien ansässigen Polen wieder. Schon bald ist er in eine abenteuerliche Handlung verstrickt, die sich mit pompösem Intellektuellengeschwätz, obszönen Verführungen und nationalen Machtkämpfen zu einem grotesken Pandämonium steigert und schließlich in einem infernalischen Gelächter zerplatzt. ›Trans-Atlantik‹ ist ein schriller, gleichsam barocker Roman. Von allen Gombrowicz-Texten ist dieser der markanteste, ein Stück widerwilliger Trauerarbeit von schmerzender Poesie.
Mehr als vierzig Jahre nach seinem ersten Bühnenwerk standen die Dramen und Operetten von Witold Gombrowicz im Schatten seiner Romane. Erst 1980/81 brachte Luc Bondy mit seiner Inszenierung von ›Yvonne, die Burgunderprinzessin‹ in Köln einen Wendepunkt. Diese Aufführung verkörpert Gombrowiczs »Theater der Peinlichkeit« und reflektiert das Dilemma des Individuums in einer absurden Situation: »Nicht ich bin der Dumme, sondern die Situation, in der ich mich befinde, ist dumm.« Gombrowicz thematisiert das »Theatralische der menschlichen Existenz« und verbindet Reflexion mit Spiel, wobei Yvonnes Schicksal am märchenhaften Hof von Burgund als Chiffre fungiert. 1994 präsentierte Tamás Ascher am Wiener Akademietheater mit Anne Bennent in der Titelrolle eine alternative Lesart, die Yvonnes Anders-Sein und ihre Präsenz im Kontext des Hofstaats beleuchtet. Sie stellt die Identität der Gesellschaft in Frage, während sie in ihrer Zurückgezogenheit das Fremde verkörpert und sich gegen eine Gesellschaft behauptet, die an ihren eigenen Ritualen zu zerbrechen droht. Im Fischer Taschenbuch Verlag sind zudem ›Operette‹ (Bd. 7075) und ›Die Trauung. Geschichte.‹ erschienen.
›Kosmos‹ erzählt von der Unmöglichkeit einer Ordnung in der Welt, von den dunklen und bedrohlichen Strudeln zwischenmenschlicher Beziehungen.Um dem Streit mit den Eltern zu entgehen und sich auf ihr Examen vorzubereiten, quartieren sich zwie junge Männer in einem polnischen Gebirgsort ein. In der Wirtsfamilie herrschen strenge Konventionen, gegen die sie Aufbegehren. Dem folgenden Verfall stehen sie als Voyeure tatenlos gegenüber, beobachten und beschleunigen den Zerfall der Familie.In seiner »Erzählung vom Entstehen der Wirklichkeit« reagiert Witold Gombrowicz als Künstler auf die Welt. Er weiß, dass jedes Sprechen die innere Wirklichkeit des Menschen zu verraten droht. Sein Credo ist daher: die Wirklichkeit durch Unwirklichkeit aussprechen.
Ein Schauerroman in einem geheimnisvollen, halbverfallenen Schloss über die Geheimnisse der Erotik. Eine ebenso schöne wir berechnende Dame und ihr undurchsichtiger Tennislehrer, ein greiser Fürst und ein intriganter Erbschleicher sind die Schlossbewohner. Je weiter sie in die Gemächer und unterirdischen Gänge des Schlosses vordringen, desto verhängnisvoller werden ihre Beziehungen untereinander. Sie alle werden durch eine Geschichte getrieben, die rätselhaft, spannend und provozierend ist.
Die Sehnsucht nach Jugend in ihrer zynischsten Variante – Witold Gombrowicz treibt sein zentrales Thema in seinem Roman ›Pornographie‹ auf den beklemmenden Höhepunkt.Witold und Friedrich sind zwei polnische Intellektuelle in ihren besten Jahren; romantische Köpfe, an Nietzsche geschult. Der Hauptstadt Warschau überdrüssig kommen sie auf das Landgut ihres adeligen Freundes. Dessen Tochter Henia, ist jung, sie ist schön – und wird zum Gegenstand eines frivolen, lüsternen Verfürhungsakts der beiden Intellektuellen. Unter ihrer Regie verlässt sie ihren Angetrauten und fällt dem unschuldigen Karol in die Arme. Verrat auf allen Seiten also, der nicht ungesühnt bleiben wird.›Pornographie‹ ist der abenteuerliche, zynische, beklemmende Höhepunkt von Witold Gombrowiczs Beschäftigung mit seinem zentralen Thema, der Sehnsucht nach Jugend.
Ein Erwachsener, der als solcher nicht anerkannt wird, und sich in einen Jugendlichen zurückverwandelt – eine Provokation und Herausforderung der Intelligenz. Jozio ist Schriftsteller, doch von den Kritikern wird sein neues Buch als unfertiges Produkt eines unreifen Autors abgetan, die Aufnahme in den Kreis der Erwachsenen bleibt dem 30-jährigen Autor verwehrt. Kurzerhand verwandelt er sich zurück in den 17-jährigen Jungen, der er einmal war, um den Rotzbengel in sich mit kritischem Abstand zu betrachten und zu erfahren, warum er es nicht zum Erwachsenen gebracht hat. ›Ferdydurke‹ ist eine Herausforderung an unsere Lebensform, unser Sprachgefühl und unsere Kultur, und es ist zugleich die Entdeckung und Eroberung eines geistigen Bereiches, in dem Blödelei, Wortwitz und Nonsense schwelgen dürfen. Witold Gombrowiczs Roman ist außerdem ein groteskes Bild der Kultur und Sittenverfassung der Intelligenz im Polen der 20er und 30er Jahre.



