Im Herbst 1886 versammeln sich drei Rothschild-Brüder mit ihrer Schwester und einem Notar in einem Pariser Palais, um das Testament ihrer kürzlich verstorbenen Mutter zu verlesen. Darin wird genau festgelegt, wer was erbt, vom Jagdschloss bis zum Silberbesteck. Auf Wunsch der Geschwister findet die Zeremonie vor dem Porträt ihrer Mutter, gemalt von Ingres, statt. Was sie nicht wissen: Der Geist von Betty Rothschild lebt im Bild weiter und beobachtet alles um sich herum. Betty, die einst die Armut im Judenghetto von Frankfurt und die Vorurteile in Wien erlebte, wurde in Paris zur Mäzenatin an der Seite des reichsten Bankiers. Sie pflegte Freundschaften mit Persönlichkeiten wie Rossini, Balzac und Chopin. Ihre enge Beziehung zu Heinrich Heine führte zu Gerüchten über eine Affäre, da ihre Ehe nicht aus Liebe, sondern aus finanziellen Gründen geschlossen wurde. Pierre Assouline schildert sensibel das Leben dieser widersprüchlichen Frau und zeichnet gleichzeitig das Bild einer jüdischen Familie, die in die bedeutenden Ereignisse ihrer Zeit verwickelt war: von der Julirevolution über den Eisenbahnbau bis zur Besetzung Frankreichs durch Bismarck.
Pierre Assouline Bücher







Die Kundin
Roman
Bei Recherchen zum Leben des berühmten Schriftstellers Desiré Simon (lies: Georges Simenon) zur Zeit der deutschen Besatzung stößt der Erzähler zufällig auf Dokumente, die ihn zutiefst schockieren. Es sind Dokumente einer anonymen Denunziation − und die Denunzierten gehören zu seiner Familie. Er geht der Sache auf den Grund und macht eine bestürzende Erfahrung nach der anderen. Er will Gerechtigkeit, wo nicht Rache, und steht am Ende vor einem neuen Rätsel.
Édouard Kiefer ist Hoteldetektiv des Pariser Luxushotels Lutetia. Er kennt die Gewohnheiten seiner Gäste, ob Heinrich Mann, Peggy Guggenheim oder Saint-Exupéry. Mit Grandezza lässt dieser Roman zunächst den Zauber und die Dekadenz der dreißiger Jahre wiederauferstehen, um dann den Leser hautnah die Angst und die Verzweiflung der vierziger Jahre spüren zu lassen.
Ein Mann und eine Frau in Paris, verheiratet, aber nicht miteinander. Als eine ihrer amourösen Begegnungen als Fiasko endet und Victoria spurlos verschwindet, macht Rémi sich verzweifelt auf die Suche nach der Geliebten. Möglichst diskret. Aber ist Diskretion noch möglich in unserer zunehmend überwachten Welt? Um seinen Ehebruch geheim zu halten, spielt Rémi eifrig den Familienmenschen, während die betrogene Ehefrau, eine renommierte Anwältin, genüsslich Scheidungsprozesse wegen Untreue vorantreibt. Pierre Assoulines Roman fesselt, weil er mit wilder Originalität den Voyeur in uns entlarvt und die Gewissheiten unseres Lebens infrage stellt. Dieses Buch ist sprachlich ebenso virtuos gestaltet wie die Abfolge seiner Szenen, die sich mit spielerischer Leichtigkeit zu einem Bild unserer Gesellschaft fügen, das selbst noch mit dem allerletzten Satz Verblüffung erzeugt.
Im September 1944 erlebte ein kleiner Flecken Deutschlands mit Namen Sigmaringen, der bisher von den Schrecken des Krieges verschont geblieben war, von heute auf morgen mit der Ankunft der Vichy-Regierung einen der finstersten Abschnitte der französischen Geschichte: an der Spitze Marschall Pétain und Präsident Laval, ihre Minister, eine Truppe von Milizionären und zweitausend zivile Franzosen, die der Bewegung gefolgt sind, darunter ein gewisser Céline. Für ihre Aufnahme hatte ihnen Hitler das Schloss des Fürsten von Hohenzollern, seit Jahrhunderten die Herren der Örtlichkeiten, zur Verfügung gestellt. Alles liegt von nun an in den Händen von Julius Stein, oberster Butler der erlauchten Adelsfamilie. Stets nahe am Schauplatz des Geschehens geräuschlos agierend, hört, sieht, erfährt er alles. Während die Alliierten sich unerbittlich der Donau nähern und sich der Schraubstock immer enger zusammenzieht, richtet sich Sigmaringen als Klein-Frankreich ein. Skandale, Verrat, Spionagegerüchte, Eifersüchteleien, das Exil hat die Leidenschaften nicht ausgelöscht. Manche träumen von Legitimität, andere davon, eine trübe Vergangenheit wegzuwischen oder ihre Ambitionen noch zu befriedigen. Aber Sigmaringen ist nur eine Illusion. Der Untergang des Dritten Reiches steht unmittelbar bevor, und acht Monate nach ihrer Ankunft werden alle diese Franzosen fliehen müssen, um ihre Haut zu retten. Nichts von diesem Schattenspiel entgeht Julius Stein. Seine diskrete Liebesaffäre mit Jeanne Wolfermann, der Verwalterin des Marschalls, wird ihn dazu führen, aus seiner Zurückhaltung auszubrechen und Partei zu ergreifen.