Die 'Bibliothek der verschwundenen Bücher' von DIE ZEIT bringt 12 vergriffene Romane der Weltliteratur neu heraus und kommentiert sie, um bedeutende Werke wieder zugänglich zu machen.
Natalia Ginzburg Bücher
Natalia Ginzburg war eine italienische Autorin, deren Werk sich mit familiären Beziehungen und der politischen Landschaft der faschistischen Ära und des Zweiten Weltkriegs befasste. Sie erforschte philosophische Fragen durch ihre Romane, Kurzgeschichten und Essays und erwarb sich Anerkennung für ihren unverwechselbaren Stil. Ihre Prosa zeichnet sich durch scharfe Einblicke in die menschliche Natur und die Komplexität zwischenmenschlicher Beziehungen aus. Ginzburgs Schriften finden bei den Lesern wegen ihrer Ehrlichkeit und tiefgründigen Reflexionen über das Leben weiterhin Anklang.







Eine Frau blickt auf die Ereignisse zurück, die dazu führten, dass sie ihren Mann erschoss. Die Geschichte einer Dreiecksbeziehung, geprägt von Liebe, Leidenschaft, Verzweiflung und Tod. Natalia Ginzburgs Roman, der von Italo Calvino gelobt wurde, markiert ihren literarischen Durchbruch.
Natalia Ginzburg erzählt Geschichten über eine Zeitkrankheit: über den Zerfall familiärer, ehelicher, freundschaftlicher, verwandtschaftlicher Beziehungen. Sie erzählt ohne Pathos und ohne Sentimentalität, unaufwendig und daher um so wirkungsvoller, um so radikaler in ihrem Protest gegen die italienische Gesellschaft mit ihrem Familien-, Mütter- und Kinderkult. »Ein Mann und eine Frau« ist die Geschichte eines Mannes, der im überholten, ermüdenden Rahmen einer Familie lebt und ständig mit dem konfrontiert ist, was hätte sein können: seine einzige echte Beziehung war die zu der Frau, mit der er vor seiner Ehe gelebt hat. Die zweite Erzählung »Borghesia«. »Das Lied vom Bürgertum« erzählt von einer Frau, die mit ihren Katzen lebt, die kommen und gehen, geboren werden und sterben. Und wie in einer Parabel läßt sich das Leben ihrer Katzen auf das ihrer Familie überragen: man kommt, man geht, lebt unverbindlich, beziehungslos wie die Katzen.
Die Geschichte beginnt vor dem Hintergrund einer verschneiten Winterlandschaft und endet nach Ablauf eines Jahres. Was sich während dieser zwölf Monate abspielt, ist Micheles letzte Zeit: Er lebte in Rom, in einer Kellerwohnung, malte Bilder mit zerstörten Häusern und Eulen, er floh, als die Polizeit Studenten verhaftete, nach London. Doch spätestens dort erweist sich: nicht die Staatsgewalt war das Motiv seiner Flucht, sonder Flucht heißt das 'Grundmuster seiner Existenz'. Dieser Zwang löst alle Bindungen an Orte und Menschen.
Der junge Student Valentino, Mamas Liebling und Papas große Hoffnung, heiratet gegen den Willen der Familie die ältere, häßliche, aber vermögende Maddalena. Nur seine jüngste Schwester Caterina söhnt sich mit ihm aus, zieht zu ihm und seiner Frau. Während Maddalena immer unterwegs auf ihren Gütern ist, verbringt Valentino seine Tage vor dem Spiegel oder vertändelt sie mit seinem Freund Kit. Damit alles seine Ordnung hat, will Caterina Kit heiraten. Aber nach der Verlobung kommt ein fatales Geheimnis ans Licht... Zusammen mit diesem poetischen Roman 'Valentino' erscheinen hier erstmals fünf frühe Erzählungen: Meisterhafte Beispiele für Natalia Ginzburgs charakteristischen Stil und ihre großen Themen: wie langweilig ist das klassische Rollenverhältnis - und wie spannend.
In ihrem letzten großen Roman ruft Natalia Ginzburg noch einmal die Figuren herbei, die wir schon in den früheren Romanen kennengelernt haben: Auf dem Höhepunkt ihres literarischen Könnens gelingt es ihr nicht nur, ein breites Panorama der Zeit zu entfalten, sondern auch von Schicksalen, die sich in unser Gedächtnis einnisten. Die »Stadt«, das ist Rom, wo die meisten der Personen des Romans wohnen. Das »Haus« ist Le Magherite, das Haus von Lucrezia und Piero, wo sich am Wochenende eine Gruppe von Leuten trifft. Auch in der sexuellen Revolution und der Befreiung von bürgerlichen Normen vermögen Natalia Ginzburgs Personen nicht, ihr Leben eigenständig zu lenken. Selbst wenn es jemandem gelingt, eine weitreichende Entscheidung zu treffen, scheint es hinterher immer die falsche gewesen zu sein: Denn alle Figuren scheinen an unsichtbaren Fäden zu hängen, die die Autorin freilich meisterhaft zu ziehen weiß.
Die Stimmen des Abends
- 136 Seiten
- 5 Lesestunden
Natalia Ginzburg erzählt die Liebesgeschichte der jungen Elsa. Gleichzeitig entwirft sie das Bild einer Piemonteser Fabrikantenfamilie zur Zeit des Faschismus und in den ersten Nachkriegsjahren. Komische, aber auch dramatische Lebensläufe - dargestellt mit unvergleichlicher Lakonie. 'In diesem doch sehr kurzen Roman gibt es Gestalten, Ereignisse und Jahre wie in einer langen Familiensaga.' Italo Calvino
So ist es gewesen
- 96 Seiten
- 4 Lesestunden
Mit diesem 1947 erschienenen Roman einer enttäuschenden und erniedrigenden Ehe hat die Autorin (1916-91) ihren literarischen Ruhm begründet. SW: Ehe.
Die kleinen Tugenden
- 139 Seiten
- 5 Lesestunden
Diese Texte über ihre prägenden Lebenserfahrungen gehören zum Persönlichsten, was Natalia Ginzburg je geschrieben hat: Die Autorin hat sie für diesen Band selbst zusammengestellt. Sie erzählt von der Verbannung ihrer Familie in das abruzzesische Bergdorf, die mit der Ermordung ihres Mannes Leone durch die Nazis in Rom endet; von der verzweifelten Zeit nach der Befreiung, in der Natalia nicht weiß, was mit dem Leben anzufangen sei; von ihrer Freundschaft zu Cesare Pavese, ihrem Leben mit dem Anglistikprofessor Gabriele Baldini und der gemeinsamen Zeit mit ihm in England, das ihr das traurigste Land der ganzen Welt zu sein scheint. Ob sie über ihren Beruf, das Schweigen, die menschlichen Beziehungen oder die großen und kleinen Tugenden schreibt, Natalia Ginzburg gelingt es stets, Lebensstoff so zu gestalten, dass große Literatur entsteht.
Natalia Ginzburg beschreibt ihre Umgebung durch Tatsachen, Handlungen und Worte, ohne sie zu interpretieren. Zudem wird angemerkt, dass ein wichtiger Text von Gorki in Deutschland bislang nicht verfügbar war.



