Emmanuel Bove Bücher
Emmanuel Bove war ein Pariser Autor, der als stiller und diskreter Beobachter bekannt war. Seine Romane und Novellen bevölkerten unbeholfene Figuren, 'Verlierer', die ständig mittellos und ihrem hoffnungslosen Schicksal ergeben waren. Trotz der bedrückenden Natur seiner Erzählungen sorgte Bove dafür, dass seine Werke modernistisch und nicht nur deprimierend blieben, indem er ihnen einen luftigen Stil und humorvolle Beobachtungen verlieh, die die Nachkriegsatmosphäre präzise einfingen.






In tagebuchartigen Einträgen notiert der Erzähler seine Sticheleien gegen seine Frau Madeleine, um mit fast wissenschaftlicher Genauigkeit deren und seine eigenen Reaktionen zu untersuchen. Dabei werden die tiefen Abgründe dieser Beziehung eindringlich aufgedeckt. Die drastischen Selbstversuche und Reflexionen kehren sich jedoch unvermittelt gegen den Protokollanten selbst und führen zum Auseinanderbrechen der Beziehung. „Die Ehe als kriegerisches Schauspiel. Emmanuel Bove […] ist ein Meister der Schlachtbeschreibung.“ [Quelle: Manuela Reichart, Berliner Zeitung] Zum Weiterlesen: „Emmanuel Bove. Eine Biographie“ von Raymond Cousse und Jean-Luc Bitton ISBN 9783860347096
In "Die Verbündeten", einem seiner Hauptwerke, das 1927 in Paris erschienen ist, porträtiert Emmanuel Bove seine Mutter und seinen Bruder Léon, die sich im Kampf gegen ihr Schicksal zusammengetan hatten. Geld, eine wahre Obsession im Leben und Werk Emmanuel Boves, ist auch hier eines der wichtigsten Themen. Seine Beziehung zu Mutter und Bruder war lebenslang schwer davon belastet, dass die beiden ihn als ihren Ernährer betrachteten – ihn, den Schriftsteller, der selbst kaum über die Runden kam. Radikal und schonungslos zeigt Bove seine Figuren in ihrer Unfähigkeit zu handeln, in ihrem ausweglosen Scheitern. Peter Handke, ein großer Bewunderer Emmanuel Boves, meinte zu "Die Verbündeten": "Ich könnte so ein Buch nicht schreiben. Man bräuchte viel Mut dazu." "Bove-Leser haben eines gemeinsam: Sie werden süchtig, und je mehr sie lesen, nach desto mehr verlangen sie." [Quelle: Wolfgang Matz, Die Zeit]
Aus dem Französischen von Gabriele Zehnder. In diesem Roman wird Schritt um Schritt das Innere eines Einzelgängers nach außen gekehrt, es ist der wohl autobiographischste des Autors, eine Art Selbstentblößung. Jean-Noel ist der Stiefsohn, von dem man nach und nach - wie von einem verborgenen Beobachter beschrieben - immer mehr erfährt. Im Zwiespalt zwischen pathologischer Idealisierung der Stiefmutter und befremdlicher Distanz zur leiblichen Mutter, bis hin zur Verleugnung, zeigt sich der Held des Romans, der dem Leser über eine entscheidende Lebensspanne von fast dreißig Jahren begegnet, als bindungssüchtig und zugleich bindungsunfähig. Ständig bemüht, mehr zu scheinen als zu sein, ständig bemüht, einer Welt zugeordnet zu sein, zu der er eigentlich nicht gehört, ständig begierig, den moralischen und geistigen Anforderungen der Stiefmutter Annie zu genügen, entfaltet sich der Lebensabschnitt eines Mannes, der um seiner Eigenliebe, seiner Gefallsucht willen fast alles an menschlicher Bindung opfert, der eine hohe Kunst der Selbstverleugnung zelebriert.
Ein Außenseiter
Roman
„Ein Außenseiter“ liest sich wie ein autobiographischer Text dieses virtuosen Zeichendeuters der französischen Moderne. Augenblicklich taucht man in eine fast kafkaeske Situation ein, die unerklärlich bedrohlich wirkt. Der Ich-Erzähler lebt isoliert in einem Hotelzimmer im Pariser Quartier Latin, seine materiellen Mittel sind begrenzt, aber ihre Herkunft scheint zwielichtig. Es gibt eine merkwürdige, fast mysteriöse Verbindung zu einem Arzt, dem alle Attribute eines Wohltäters anhaften. Ein gemeinsames Essen löst eine plötzliche Katastrophe für den Ich-Erzähler aus. Doch der Leser spürt ein unausgesprochenes Ereignis, eine unerhörte Begebenheit im Hintergrund, die diese Bedrohung erklären muss. In einer Rückblende eines Film noir führt der Autor in die wirklichen Zusammenhänge eines Lebens ein, das alles zuvor Erzählte in einem anderen Licht erscheinen lässt, das Leben eines hoffnungslosen Pessimisten, eines Außenseiters, dessen Verhalten den Normen nicht entspricht und der daher ungewollt und unberechtigt in Ächtung gerät. Sparsam im Ton, von Anbeginn spannungsgeladen entfaltet Bove ein tiefgründiges Nachdenken über das Leben eines Außenseiters, über sein eigenes Leben. "Handelt es sich um eine Autobiographie (oder so etwas Ähnliches)? Man könnte es meinen bei dem einen oder anderen Tonfall, der einen mitunter rührt. Es geht immer um denselben Helden Boves und immer um dieselbe Geschichte. […] Das ist vielleicht nicht allererste Qualität, aber es ist mehr als jemals sonst Bove'sche Qualität." (Aus dem Ablehnungsschreiben der Éditions Gallimard, 1939)
„Flucht in der Nacht“ und „Einstellung des Verfahrens“ sind das literarische Vermächtnis von Emmanuel Bove, verfasst zwischen 1942 und 1944 im Exil in Algier. Die beiden Romane sind inhaltlich miteinander verbunden und spielen vor dem Hintergrund des Zweiten Weltkriegs. Der Ich-Erzähler in „Flucht in der Nacht“ bricht mit einem Dutzend Kameraden aus einem deutschen Kriegsgefangenenlager aus und kämpft sich, letztlich nur mit einem Gefährten, bis nach Frankreich durch. Doch auch nach seiner Rückkehr ins besetzte Paris, dem Schauplatz von „Einstellung des Verfahrens“, findet der Antiheld keine Ruhe. Seine persönliche Tragödie wird grotesk: Er ist hin- und hergerissen zwischen heroischen Anwandlungen und Paranoia, dem Wunsch nach Einsamkeit und der Unfähigkeit dazu, lähmender Entschlußlosigkeit und panischer Aktivität, Hilflosigkeit und maßlosen Ansprüchen. Trotz seines Drangs nach Freiheit und Sicherheit, der ihm die Flucht nach Spanien ermöglicht, ist er letztlich zum Scheitern verurteilt. Bove schildert diesen menschlichen Niedergang ungeschönt und subjektiv als ein Scheitern an der Welt und an sich selbst. „Ich weiß: das Wort 'groß' ist einem Schriftsteller sehr selten angemessen, aber Bove ist groß.“ – Peter Handke.
Von Rilke bewundert, von Beckett empfohlen, von Handke übersetzt: Armand ist, drei Jahre nach Meine Freunde , Emmanuel Boves zweiter Roman. Armand erscheint zunächst als ein Zwillingsbruder jenes Victor Bâton aus Meine Freunde , der vergeblich auf der Suche nach anderen Menschen war, mit denen er glücklich sein könnte: Armand hat jemanden gefunden, Jeanne, die ihn liebt und ihm sogar Wohlleben ermöglicht. Dann aber begegnet ihm eines Tages auf der Straße Lucien, ein Kumpan von früher, und so beginnt die Geschichte eines haarsträubenden Verhängnisses. Boves Figuren in Meine Freunde und Armand sind Außenseiter, die ihren Platz in der Gesellschaft und der Welt suchen, von einem besseren Leben träumen. Mit Staunen und Resignation, mit messerscharfer Aufmerksamkeit beobachtet Bove sie und alles, was sie umgibt. So werden Gesten, Mimik und feinste Bewegungen zum Spiegel dessen, was sie ausmacht. Boves Werk, so schreibt Peter Henning in der Welt , »besticht durch eine Art literarische Obsession des Unspektakulären und einen Sprachstil, wie er kristalliner nicht sein könnte. Dabei betreibt Bove – dieser nimmermüde Beschwörer des kleinen, unerreichbaren Glücks – in seinen Büchern literarische Trauer- und Verzweiflungsarbeit, wie sie die moderne Dichtung nur in wenigen Fällen kennt.«
Jean-Antoine About ist der wenig präsentable Held dieser großen kleinen Erzählung, und sein Name ist Programm: Er ist „à bout“, am Ende, fertig mit sich und der Welt. Oder zumindest fast; denn als eines Tages ein Telegramm seiner vor vielen Jahren verstoßenen Tochter Edmonde eintrifft, schöpft der verwahrloste alte Mann Hoffnung auf ein gemeinsames Leben, auf Liebe und Vergebung. Er lässt sein Leben Revue passieren: seine jungen Jahre, in denen er Außergewöhnliches zu vollbringen hoffte, seine Ehe mit der wesentlich jüngeren Marthe, seine Hingabe an sein einziges Kind, die Tochter Edmonde – eine Geschichte des Scheiterns. Und dann kommt die Tochter zurück. Wiederum geht der Protagonist „à bout“, bis zum Äußersten. „Emmanuel Bove ist längst kein Geheimtipp mehr. Wem es gelingt, dieses große Stück Literatur in die Hände zu bekommen, der wird es entdecken – empfinden – und sich verlieben.“ [Quelle: Julia Franck, tip]
Sie sind ein junges, gewiß auch seltsames Paar, Pierre Changarnier und seine Freundin Violette. Changarnier lebt in einem schäbigen Hotelzimmer und ist arm, doch weiß er auch, daß in seinen vier Wänden nichts passieren wird, was seine Situation verändern könnte. Also macht er sich zusammen mit Violette auf, „dem Glück entgegenzugehen, da es nun mal nicht zu uns kommt.“ Ihr Streifzug durchs nächtliche verschneite Paris verläuft aber anders als gedacht. Als sich ein kleiner Mann an ihre Fersen heftet und Changarnier ihn nicht abschütteln kann, kommt es zu einem Gewaltausbruch. Der Mann fällt zu Boden, und Changarnier glaubt, ihn umgebracht zu haben.
»So leise wie folgerichtig« (FAZ) – die Geschichte einer aufopferungsvollen Liebe und ihres unspektakulären Verklingens. 1917. Die einundzwanzigjährige Colette lebt bei ihrem eifersüchtigen Vater in Paris. Eines Tages erhält sie einen merkwürdig dringlichen Brief aus Genf: Jacques, ihr Freund, bittet sie, zu ihm in die Schweiz zu kommen. Colette verlässt ihr Zuhause; ihrem Vater verweigert sie jede Erklärung. Erst nach monatelangem Zusammenleben gesteht Jacques sein dunkles Geheimnis: einen in psychischer Verwirrung begangenen Mord. Aber noch ist Colettes Hingabe, ihre fraglose Bereitschaft, den schwermütigen und unberechenbaren jungen Mann vorbehaltlos zu lieben, nicht erschöpft.

