Sprachwandel und Normenkonkurrenz
Deutsch im indoeuropäischen Rahmen
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Deutsch im indoeuropäischen Rahmen
Bückware, Gegenplan, Komplexbrigade – ferne Klänge aus einem untergegangenen Staat, vielfach vergessen, aber auch nur drei der zahlreichen Symbole für einst herrschende Verhältnisse, die nicht einfach nur verdrängt werden dürfen. Denn das politische System der DDR herrschte mehr als vierzig Jahre und prägte die Mentalität von Generationen, selbst dann, wenn man in Distanz oder gar Opposition zum Regime stand. Das sollten auch die Westdeutschen wissen, die sich über die Absurditäten jenseits der Grenze meist nur lustig machten. Opposition und Widerstand wurden 1989 zwar mit Wohlwollen aufgenommen, fügten sich aber vielfach in eine Siegermentalität, mit der man die sich selbst befreienden „Ossis“ nur als ökonomischen Zuwachs der eigenen Wohlfahrtsgesellschaft werten wollte. Bis man erstaunt zur Kenntnis nahm, dass man es mit Menschen zu tun hatte, die die im Westen herrschenden Verhältnisse, insbesondere die Kommerzialisierung auch privater Lebensbereiche, mehr als befremdlich empfanden. Insofern wollen die Stichwörter dieses Lexikons nicht nur Vergangenes aufrufen, sondern auch Anregungen für eine kritische Distanz zur wiedervereinigten Gegenwart bieten.
Erneut begibt sich der renommierte Sprachforscher Horst Dieter Schlosser auf die Suche nach der Wirkmacht von Worten und Sprachbildern. Nach seinem Buch über die „Sprache unterm Hakenkreuz“ betrachtet er diesmal die wichtigen Leitbilder und Schlüsselbegriffe des 19. Jahrhunderts. Der große Einfluss von Sprache auf politische und gesellschaftliche Entwicklungsprozesse wird in historischen Analysen häufig unterschätzt. Hier setzt das neue Buch von Horst Dieter Schlosser an. Der Sprachforscher zeichnet an einer Vielzahl von konkreten Beispielen die verschiedenen Wirkmechanismen von Worten und Sprachbildern im 19. Jahrhundert nach. Von der unkritischen Vereinnahmung bis zur kritischen Reflexion, von identitätsstiftend bis rassenideologisch-abgrenzend, von „Einheit“ über „Nation“ und „Volk“ bis „Freiheit“: Schlossers Analyse schließt eine Lücke in der historisch-politischen Geschichtsschreibung und veranschaulicht, wie die bewusstseins- und realitätsbildende Macht der Worte sogar bis in die Gegenwart wirkt. Ein Buch für alle, die die Geschichte des 19. Jahrhunderts anders lesen, verstehen und reflektieren möchten.
Diktatorische Herrschaft beruht in erster Linie auf physischer Gewalt. Sie nutzt aber auch sprachliche Mittel, um ihren Machtanspruch durchzusetzen und zu etablieren. Die NS-Diktatur ist in dieser Hinsicht ein besonders eindrückliches Beispiel. Das neue Buch des Sprachwissenschaftlers Horst Dieter Schlosser widmet sich der „Sprache unterm Hakenkreuz“ und ihren Mechanismen zur Machterhaltung. Er arbeitet insbesondere das Wechselspiel zwischen sprachlicher Diskriminierung und Vernichtung von tatsächlichen und mutmaßlichen Gegnern des Regimes heraus und stellt auch die Positionen des Widerstands gegen das Regime umfassend dar. Schlossers Analyse bietet eine profunde Basis zum Verständnis der Massenwirksamkeit von Propaganda und eine Grundlage, ihr mit sprachlichen Mitteln zu begegnen.
Mit 116 Abbildungsseiten in Farbe Graphische Gestaltung der Abbildungen: Uwe Goede Der ›dtv-Atlas Deutsche Literatur‹ ist ein umfassendes Werk zur deutschen Literaturgeschichte von den Anfängen bis zur Gegenwart. Er gibt eine Übersicht der Stilepochen, stellt Leben und Werk einzelner Dichter dar, berichtet über Inhalt und formalen Aufbau wichtiger Werke und zeichnet die Geschichte literarischer Stoffe, Strömungen und Gattungen nach. Wechselwirkungen mit Politik, Wissenschaft und Gesellschaft werden ebenfalls deutlich gemacht.
Zeitgeschichte und Sprache in Nachkriegsdeutschland 1945-1949
In dieser Untersuchung werden die historischen Fakten der Jahre 1945-1949 unter dem Aspekt des zeitgenössischen Sprachgebrauchs analysiert. Dabei erweist sich, dass die offizielle wie die inoffizielle Sprache oft genug eine bewusstseinslenkende Funktion vor aller Realität hatte, nicht zuletzt in der Auseinandersetzung mit dem untergegangenen NS-Regime und mit der Entstehung der politisch-ideologischen Spaltung. Mit den offiziellen Sprachen wird die in Ost und West allmählich auseinanderdriftende Alltagskommunikation, auch in der Bewältigung der Nachkriegsnot, kontrastiert. So entsteht ein umfassendes Bild dieser Zeit und der in ihr beschlossenen sprachlichen wie mentalen Grundlegung der Teilung der Deutschen in zwei verschiedene Kommunikationsgemeinschaften.
Beiträge zur Kommunikation und Sprache der Weimarer Zeit
In 17 Beiträgen zu exemplarischen Themen und prominenten Personen der Weimarer Republik werden die politischen, kulturellen, und sprachlichen Folgen des Umbruchs von 1918/19 untersucht, der einen nur schwer zu leistenden Abschied von jahrhundertelang eingeübten Verhaltensmustern bedeutete. Darum auch das Schwanken zwischen reaktionären oder restaurativen Tendenzen und demokratisch fortschrittlichen Zukunftsentwürfen in Literatur, Sprache, Bildender Kunst und Werbetheorie. Das thematische Spektrum reicht von den Versuchen, das Erlebnis des 1. Weltkriegs sprachlich zu bewältigen, über neue Ansätze der Frauenbewegung bis hin zur Berliner Kabarettszene. Die Analysen werden zentriert um den geradezu programmatischen inneren Widerspruch von Art. 1 der Weimarer Verfassung: «Das Deutsche Reich ist eine Republik».
Die Beiträge dieses Bandes spiegeln exemplarisch die sprachpolitische und sprachwissenschaftliche Bandbreite der 30. Jahrestagung der Gesellschaft für Angewandte Linguistik (GAL) wider, die 1999 unter dem Generalthema «Sprache und Kultur» in Frankfurt am Main stattfand. Ausgehend von einer Bestandsaufnahme zur Bedeutung der Sprache in der aktuellen auswärtigen Kulturpolitik werden u. a. Überlegungen zur Theorie der Angewandten Linguistik und ihrer Begrifflichkeit, zu neuen Medienkulturen im Gefolge der Internetkommunikation und zu Problemen der Sprachdidaktik angestellt. Aber auch empirische Ermittlungen zur Verständlichkeit der Rechtssprache, zur Arzt-Patient-Kommunikation, zur phonetischen Identifizierung von Geschlechtsunterschieden und zu kommunikativen Möglichkeiten bei Autismus werden dokumentiert. .
"Überfremdung", "Peanuts", "Diätenanpassung", "Rentnerschwemme", "Wohlstandsmüll", "Kollateralschaden" -- tausende von Bürgern beteiligen sich jedes Mal und machen Vorschläge zum "Unwort des Jahres". Die Konkurrenz ist groß, eine unabhängige Jury hat die Qual der Wahl. Und Horst Dieter Schlosser -- der Initiator des Unwort-Wettbewerbs -- hat nun alle Kandidaten, auch diejenigen, die es nicht aufs Siegertreppchen geschafft haben, in einem kleinen Lexikon versammelt. Der Titel wurde 1991 zum ersten Mal verliehen, Unwörter und Sprachmissbrauch aber gibt es schon viel länger, weshalb der Sprachwissenschaftler Schlosser auch Beispiele früherer Epochen aufgenommen hat. Vor allem Diktaturen jeglicher Couleur haben sich in dieser Hinsicht hervorgetan. Neben Funktionären, Bürokraten und Politikern fackeln auch Wissenschaftler oder Werbeleute manchmal nicht lange, wenn es darum geht, mit Worten Menschen "hinters Licht zu führen oder zu verletzen".
Ethische Diskurse sind generell auf einen reflektierten Sprachgebrauch angewiesen. Die Humanmedizin muß sich für ihre ethischen Fragen dieser Bedingung ebenfalls stellen, führt aber mit jeder Neuentwicklung auch Begriffe ein, deren ethische Relevanz vielfach ungeprüft bleibt, weil immer mehr medizinische Innovationen von nicht-humanmedizinischen Disziplinen (etwa von der Tierzucht, der Materialtechnik u.ä.) angeregt werden. Der dabei übernommene Sprachgebrauch verändert zunehmend das ethische Bewußtsein von Humanmedizinern, das mehr und mehr zwischen tradierten Anschauungen von Menschenwürde und einer bloßen Machbarkeitsideologie schwankt. Hier ist eine sprachkritische Analyse dringend geboten.