Eine alte Frau sitzt in ihrem Lehnstuhl, ihre Gedanken gehen zu ihrer Tante Paula, von der sie dieses Möbelstück geerbt hat, und zu ihrer eigenen aufgezwungenen Einsamkeit. Denn es herrscht Pandemie und sie ist zur „vulnerablen Person“ erklärt worden. Als solche wird sie vorsorglich abgesondert und „keimfrei aufbewahrt“, vielleicht wird sie unter dieser Schutzglocke ja hundert Jahre alt. Tante Paula hingegen ist keine fünfzig geworden, sie wurde deportiert und der Lehnstuhl ist alles, was von ihr geblieben ist. Zwischen glasklarer Erkenntnis und zunehmender Verwirrung kreist das Denken der alten Frau um das Leben, das geschützt wird, und jenes, das als „unwert“ bezeichnet wird, um gesellschaftliche Gewalt – und um das Glück, von niemandem behelligt zu werden.
Evelyn Grill Reihenfolge der Bücher
Evelyn Grill zählt zu den bedeutendsten österreichischen Erzählerinnen, die für ihren schwarzen Humor und die Beschäftigung mit eigenwilligen Charakteren geschätzt wird. Ihre Werke zeichnen sich durch eine einzigartige Atmosphäre und eine tiefe Auseinandersetzung mit der menschlichen Psyche aus. Grill beherrscht die Kunst der Sprache meisterhaft, erschafft eindringliche Bilder und regt die Leser an, über die Komplexität des Lebens nachzudenken. Ihr Schreiben bietet eine scharfe Weltsicht, bewahrt dabei aber stets einen Hauch von Ironie und Distanz.






- 2022
- 2019
Begabt ist der Junge gewiss, den „kleinen Mozart“ nennen sie ihn in dem Städtchen. Doch jetzt sitzt er im Gefängnis – zu Unrecht? Schicht für Schicht steigen wir in die Tiefen seiner Erinnerung. Mit geradezu qualvoller Raffinesse enthüllt Evelyn Grill, wie aus einem Jungen, der ohne Freunde und ohne Mutter bei seinen Großeltern aufwuchs, der von seinem Opa, dem Schuldirektor, einer Autorität im Ort, aufgezogen und gefördert, gehätschelt und erniedrigt wurde, ein Verdächtiger, vielleicht ein Mörder wurde. Denn die Oma ist tot, erschlagen mit einer Hacke, und der Opa, der war im Wirtshaus, als es geschah. Meisterlich zieht Evelyn Grill die Fäden dieses grausamen Romans über die alltägliche Gemeinheit und die Sehnsucht nach Anerkennung.
- 2016
BEGEGNUNG VOR MALERISCHER PRAGER KULISSE Als Adrian die einwöchige Bildungsreise nach Prag antritt, wagt er nicht zu träumen, was ihm dort wenig später widerfährt: Er begegnet Vera, und plötzlich kehrt Farbe in sein Leben zurück. Fern von daheim, wo die todkranke Ehefrau zu pflegen ist und die beiden Söhne Probleme machen, fühlt sich der erfolgreiche Germanistikprofessor vom ersten Augenblick an von der jungen Schriftstellerin angezogen. Wieder zu Hause, will ihm das schöne schmale Gesicht mit den braunen Augen nicht aus dem Kopf gehen. Er bannt seine aufkeimende Sehnsucht in Briefen, die Vera ab nun regelmäßig erreichen. Sanft, aber eindringlich nähern sich die beiden aneinander an, in leidenschaftlichen Botschaften in eine andere Welt. DIE GESCHICHTE EINER SEHNSUCHT MIT BERÜHRENDEM FEINGEFÜHL ERZÄHLT Nicht nur Adrian, auch Vera ist gefangen in beengten Verhältnissen, kontrolliert vom patriarchischen Ehemann. Die Briefe des Professors treffen sie mit ebensolcher Wucht wie ihn die ihren. Es sind Briefe voller Sehnsucht, die sie austauschen, einer Sehnsucht weniger nach Liebe als nach dem Gefühl der Liebe, das beide so lange nicht verspürt haben. Wird der Wunsch, diese Liebe zu leben, letztendlich stärker sein als die Skrupel, das Vertraute zu verlassen? Evelyn Grill, Autorin der erfolgreichen Romane „Vanitas oder Hofstätters Begierden“ und „Der Sammler“, erzählt die Geschichte dieser besonderen Liebe mit viel Feingefühl und berührendem Ernst - ein tiefschürfendes Leseerlebnis.
- 2015
Fünf Witwen
Erzählungen
GRANDIOSE BEZIEHUNGSSTUDIEN Ein Kurzurlaub in Paris - das klingt für Isa nach Kultur und Shopping! Ihr Mann, der Wissenschaftler, hat aber ganz andere Pläne: Er wittert die Chance auf eine wissenschaftliche Sensation - und seine Frau soll ihn dabei unterstützen. Mit ihrem weiblichen Charme soll sie ihm dabei helfen, die letzten Geheimnisse jenes berühmten Dichters zu ergründen, dessen Leben und Werk er seit Jahren erforscht. Widerwillig spielt Isa mit - und spinnt dabei heimlich einen perfiden Racheplan … GRANDIOSE BEZIEHUNGSSTUDIEN Evelyn Grill ist eine MEISTERHAFTE BEOBACHTERIN VON ZWISCHENMENSCHLICHEN BEZIEHUNGEN. Mit unbestechlich scharfem Blick und staubtrockenem Witz zeigt sie in ihren Erzählungen, was unter der scheinbar ruhigen Oberfläche von Ehen und Familien schwelt und brodelt: die kleinen Bosheiten und versteckten Revanchen, die nie ausgesprochenen und dennoch unübersehbaren Familienkonflikte, die klägliche Suche nach dem kleinen Beziehungsglück. Evelyn Grill erzählt ihre Geschichten KLUGER IRONIE UND SCHWARZEM HUMOR, mit viel Sympathie für die kleinen Absurditäten des ganz gewöhnlichen Lebens und für die Schrullen ihrer Figuren. So werden diese Szenen von den Kampfschauplätzen des Familien- und Ehelebens zu einem GROSSEN, ERHELLENDEN VERGNÜGEN. „Das Böse liegt Evelyn Grill. Und sie braucht nicht viel Raum, um es zu entfalten.“ FALTER, Kirstin Breitenfellner
- 2013
Der Sohn des Knochenzählers
- 131 Seiten
- 5 Lesestunden
Titus’ Mutter verschwindet auf mysteriöse Weise. War es Flucht, ein Unfall oder gar Mord? Acht Monate ist es her, dass Titus’ Mutter spurlos verschwand. Als Italienerin war sie im Dorf eine Fremde geblieben. Der Vater hatte sie von einer Forschungsreise mitgebracht. Nun kursieren Gerüchte, Vermutungen: Hat der See sie verschluckt, ist sie mit einem Liebhaber durchgebrannt oder wurde sie Opfer eines Verbrechens? Titus ist schon seit Jahren ein Außenseiter. Durch ein Brandmalgezeichnet, meidet er die Menschen. Das Angebot, dem neuen Totengräber zu assistieren und bei ihm zu wohnen, erscheint ihm als Möglichkeit, der Enge des Vaterhauses zu entkommen. Doch der Totengräber ist kein Unbekannter. Evelyn Grill führt ihre Leser in eine düstere Welt voller Geheimnisse. Fesselnd bis zum großen Knall!
- 2011
Das Antwerpener Testament
- 316 Seiten
- 12 Lesestunden
Ein Jahrhundert, eine Familie, eine Ehe. Und nichts als Lügen. Als Henriette Stanley stirbt, ist die Familie, die sich um ihr Grab versammelt, schon nicht mehr groß: Da ist Harry, ihr „geistesgestörter“ Sohn, auf dem einst die Hoffnungen der Familie, Reeder aus Antwerpen, lagen. Da ist ihre Tochter Ann mit ihrem deutschen Mann, deren Ehe Henriette nicht verhindern konnte, obwohl sie die Verbindung nach dem Krieg um ihr Erbe aus Belgien gebracht hat. Und da ist die Schwester ihres Mannes, der vor vielen Jahren unter mysteriösen Umständen verschwunden ist. Niemand spricht mit ihr, aber sie allein weiß, was aus ihrem Bruder geworden ist und was in dem Testament aus Antwerpen wirklich gestanden ist. Und sie weiß auch, dass jede Anstrengung, vergessen zu wollen, vergebens ist. Dieser Roman ist ein großes Gemälde, und Evelyn Grill beweist darin ihre ganze Meisterschaft. Sie erzählt die Geschichte einer Ehe, den Roman einer Familie voller Risse, in denen die Abgründe eines ganzen Jahrhunderts erkennbar werden.
- 2008
Das römische Licht
- 236 Seiten
- 9 Lesestunden
Als sie ein Stipendium erhält und nach Rom eingeladen wird, sieht sie ihre Chance gekommen, als Künstlerin aus dem Schatten zu treten. Kaum ist Xenia in Rom angekommen, erreicht sie ein Anruf der Schwester aus der Heimat: ihre Mutter, eine gefeierte Schriftstellerin, sei bei einer Lesung zusammengebrochen, sie liege im Koma. Die Mutter, der ihre Geltung immer wichtiger war als die Familie, ihre Kunst wichtiger als die Kinder: Ihretwegen soll Xenia zurückkehren, auf die Chance verzichten, sich selbst Geltung zu verschaffen – nicht zuletzt gegenüber der Mutter? Deren Schweigen, deren Sterben und die eigene Distanz zwingen Xenia zur Auseinandersetzung mit der Kindheit, dem Egoismus der Mutter und nicht zuletzt mir ihrer eigenen Kunst – dem Egoismus der Tochter. Xenia bleibt: wegen der Mutter, die für ihre Vorwürfe unerreichbar ist, und wegen der Liebe zu Alma, der Fotografin, die auf mysteriöse Weise verschwindet; auch sie, ohne sich zu verabschieden. Evelyn Grill ist unverwechselbar: nüchtern, lapidar, ohne Sentimentalität.
- 2007
Schöne Künste
- 255 Seiten
- 9 Lesestunden
Ein schauerlicher Mord in den Hallen der Kunst: In diesem herrlich bösen Spannungsroman lauert das Grauen hinter der Fassade der Unschuld. Zartbitterböse lauert eine kranke Liebe auf den Tag der Erlösung. Doch die Vergangenheit duldet keine einfachen Korrekturen. Ein Museumsdirektor wird tot aufgefunden, nackt, den Kopf in Beuys' Fettstuhl gekippt. Die Indizien sprechen eine scheinbar klare Sprache. Schon bald öffnen sich dahinter jedoch dunkle Abgründe der menschlichen Seele. Evelyn Grill entwirft ein spannungsgeladenes Szenario, in dem das Leben selbst Regie führt und das Verbrechen da verborgen ist, wo es niemand vermutet.
- 2006
Der Sammler
Roman
Evelyn Grill erzählt die berührende Geschichte eines „Messie“ im Widerstand gegen unsere Wegwerfgesellschaft: Alfred Irgang ist Sammler. Er sammelt schlichtweg alles, was ihm in die Hände fällt: alte Zeitungen, neuwertige Zahnprothesen und andere Dinge, die seine Mitmenschen unbedacht der Müllabfuhr überantworten. Entsprechend vollgeräumt sind auch seine Wohnung und diverse Kellerabteile, was zu beträchtlichen Schwierigkeiten mit der Hausverwaltung führt, ihn aber nicht daran hindert, weiter auf die Jagd nach Kostbarkeiten zu gehen. Weiß nicht ein achtlos entsorgtes Damenmieder ebenso viel zu erzählen wie ein Biedermeiersekretär? Mit feiner Ironie führt Evelyn Grill in ihrem Roman eine Welt vor, in der die Devise „leben und leben lassen“ von der Gier nach Vereinnahmung eines Unangepassten zu Grabe getragen wird.
- 2005
Nicht Liebe war es, was den aufstrebenden Juristen Alois Hofstätter in die Ehe mit der Schauspielerin Olga trieb, der ein ganzes Stück älteren Witwe eines verstorbenen Klienten: es waren ihr Ansehen und ihr Vermögen, ihre leicht angereifte erotische Ausstrahlung und der nicht zu vernachlässigende Umstand, daß sie ein Kind von ihm erwartete. Hofstätters wahre und ewige Liebe gilt der Kunst und seine Leidenschaft dem Spiel, seit er kurz und glücklos einem jungen Mann verfiel, der seine Begierden nicht nur auf sich selbst, sondern auch ins Kasino zu lenken wußte. Die Gattin hält ihn schuldenfrei, und das Kind ist mittlerweile zu einem Jüngling herangewachsen, an dem sich die Sinne des praktizierenden Ästheten schadlos halten können, an dem sie einen Ausgleich finden für die körperlichen und seelischen Zumutungen der welkenden Gefährtin. Doch das Gefüge der großbürgerlichen Scheinwelt, welche die dekadenten Eitelkeiten der beiden befriedigt, ist brüchig: im Spannungsverhältnis zwischen äußerlicher Repräsentation und dem inneren Ungenügen, ja der immer weniger zu unterdrückenden Feindschaft, wachsen sich die Konflikte eines „falschen“ Lebens zu einem erbitterten Machtkampf aus, der schließlich in die Katastrophe führt. Mit schonungslosem Blick zeichnet Evelyn Grill das Porträt eines ebenso kaltschnäuzigen wie bemitleidenswerten Dandy, dem die Ästhetisierung des Alltags die Erziehung der Gefühle ersetzt. Die angemessene Empörung über das amoralische Verhalten ihres Protagonisten liefert die Autorin nicht mit; sie muß Sache des Lesers bleiben.





