Das Buch des ungarischen Essayisten Földényi ist keine Monographie, sondern eine umfassende Kleist-Enzyklopädie. Es fungiert als quasi-Wörterbuch und Kaleidoskop psychologischer, literarischer und philosophischer Themen zu Kleists Werk und Person. Mit fast hundert Essays in alphabetischer Reihenfolge, beginnend mit „Ach!“ und endend mit „Zufall“, lädt es dazu ein, an beliebiger Stelle einzutauchen. Nietzsche betrachtete Kleist als einen der großen Dichter, die einfach so sein müssen, wie sie sind: Menschen des Augenblicks, sinnlich und absurd, mit gebrochenen Seelen, die oft Rache für ihre innere Beschmutzung nehmen. Eichendorff beschrieb Kleist 1809 als „einen schönen ernsten Mann“, leidenschaftlich, aber ohne Pathos. Seine Prosa ist geprägt von „gehämmertem Anschlag“ und übermäßigen Rhythmen, die stillste Durchblicke ermöglichen. Ähnlich wie van Gogh erlebte Kleist die Dichte der Situationen, stets am Rande der Gefahr. Er gilt als „poète maudit“, ein Beispiel für Verweigerung und innere Härte. Sein Selbsthass, der sich gegen Napoleon wandte, wird als verwachsene, revoltierte Liebe interpretiert. Kleists Leben und Gemütszustand sind sein Drama, während seine Dramen wie das Fieber einer Krankheit wirken, mit Fumarolen und Nebenkratern.
László F. Földényi Bücher
László F. Földényis Werk befasst sich mit Kunsttheorie und konzentriert sich auf die dunkleren Aspekte der menschlichen Psyche und Kultur. Sein Schreiben zeichnet sich durch tiefgründige Reflexionen darüber aus, was es bedeutet, in der modernen Welt ein Mensch zu sein. Földényis Essays untersuchen die Grenzen zwischen Realität und Illusion, oft unter Verwendung eindringlicher Bilder und philosophischer Tiefe. Sein unverwechselbarer literarischer Stil ist provokativ und regt die Leser dazu an, die unerforschten Gebiete ihrer eigenen Wahrnehmung zu durchdenken.







Friedrich war wahrscheinlich der erste in der Geschichte der Malerei, der die Theorie der »reinen« oder »gegenstandslosen Empfindung« (Malewitsch) vorwegnahm und diese Imponderablien – das Unwägbare also, das nicht aus dem Gegenstand folgt, sondern auch diesem voraus ist – zum einzigen wirklichen Thema macht. Damit ließ er sich jedoch auf nicht weniger ein, als das zu malen, was nicht malbar ist. Auch der mittelalterliche Maler mußte das Unmalbare malen; doch die unanfechtbare Gewissheit der Existenz Gottes machte den Widerspruch überbrückbar. Die Abstraktion und die sinnliche Ausführung konnte so sinnlich nebeneinander leben. Auch Friedrich wollte Gott malen, doch sein Gott hatte das All verlassen und war ins Herz gezogen. Die das Herz durchdringende Unfaßlichkeit wurde zur sinnlichsten Wirklichkeit, das durch nichts auszufüllende Fehlen zur elementaren Erfahrung. Nur in einer solchen Situation kann überhaupt das Bedürfnis erwachen, dem Unfasslichen zuliebe alles zu vernachlässigen. In Friedrichs Bildern wird der Mensch ständig von der Natur hinters Licht geführt: sie schwindelt uns vor, wir würden Gott ebenso finden wie uns selbst, während sie uns gleichzeitig immer weiter von beiden wegführt. In Wirklichkeit macht sie nur der Sehnsucht den Weg frei, von der der Mensch, nachdem er auf der Suche nach Gott und sich selbst auf Irrwege geraten ist, nicht weiß, worauf sie sich richtet.
Goya erkannte bereits zu Beginn des 19. Jahrhunderts, dass die von Christentum geprägte Kultur nicht auf die Erfüllung der Heilsgeschichte zusteuerte. Statt sich an Ideologien zu klammern und das Schlechte mit der unvollkommenen Welt zu erklären, stellte er die Schöpfung selbst zur Verantwortung. Seine Malerei ist apokalyptisch und nicht aufgeklärt. Das Bild des Saturn, ein geistiges Selbstporträt Goyas, taucht den suchenden Geist in das Erlebnis von Unlösbarkeit und Dunkelheit. Diese Darstellung ist erschreckend und beunruhigend, da sie das Unbeantwortbare hinter den erzwungenen Antworten spürbar macht. Goyas Saturn zählt zu den erschreckendsten Schöpfungen der europäischen Kultur. Er sucht nicht nach einem Platz für das Unheimliche in der Welt und kritisiert nicht die Gesellschaft oder die Institutionen. Stattdessen entdeckt er das Unheimliche in Gott selbst.
Es gibt keine eindeutige und genau treffende Bestimmung der Melancholie. Vielmehr ist ihre Geschichte die niemals abzuschließende Geschichte einer Präzisierung der Begriffsprägung. Daraus ergibt sich der Zweifel: sprechen wir über die Melancholie, so ist sie gar nicht Gegenstand unseres Sprechens, sondern vielmehr ein Versuch, mit den über sie geprägten Begriffen unsere eigene Lage aufzudecken. §Hinter dem geschlossenen Horizont der praktischen Lebensweise eröffnet sich jene Welt, in der der Melancholiker sich zu Hause fühlt - wenn eine Welt, die den Menschen mit samt seiner Verwurzelung der Ruhe entreißt, als Zuhause bezeichnet werden kann. Der Melancholiker betritt einen Pfad, auf dem wir ihm nicht zu folgen vermögen. Wie jeden Wegbereiter, sehen wir auch ihn im Besitz eines geheimnisvollen Wissens. Das Buch "Melancholie" unterwirft sich dem Versuch, dieses Wissen weiterzugeben, ohne aber darauf zu vertrauen, die endgültigen Antworten gefunden zu haben.
Ausgehend von einem Renaissancegemälde untersucht László F. Földényi in diesem meisterhaften Essay unheimliche Arten des »lebendigen Todes«, die er der schönen Literatur, den bildenden Künsten und der Architektur entnimmt. Er schlägt dabei einen überraschenden Bogen von der Utopie zur Dystopie, vom Aufbruch der Revolutionsarchitektur über den Campanile von Riva bis zum Schornstein des Krematoriums von Auschwitz. Földényi nimmt so den Dialog mit Franz Kafka, Georges Bataille und Jean Baudrillard auf, und führt dem Leser das Allgemeinmenschliche in seiner ganzen unausweichlichen Abgründigkeit vor Augen.
Remake Berlin
- 236 Seiten
- 9 Lesestunden
Foreword / Kathrin Becker, Urs Stahel -- Stephen Wilks -- Céline Van Balen -- Astrid Klein -- In The Thicket Of Berlin / László Földényi -- Berlin, The City Of Birds / Emine Sevgi Özdamar -- Frank Thiel -- Clegg & Guttmann -- Eternal Suburb / Matthias Zschokke -- Open Skies Over Berlin / Paul Virilio -- Boris Mikhailov -- Rémy Markowitsch -- Juergen Teller -- Berliners And Dogs / Monika Maron -- Refreshment Ride To Lichtenrade / Thomas Kapielski. Kathrin Becker, Urs Stahel (hg.) ; Mit Bildbeiträgen Von Clegg & Guttmann ... [et Al.] ; Mit Textbeiträgen Von László Földényi ... [et Al.]. Das Buch Erscheint Zur Gleichnamigen Ausstellung Im Fotomuseum Winterthur (11.11.2000-14.1.2001) Und Anschliessend Gemeinsam Im Neuen Berliner Kunstverein Und Der Daadgalerie In Berlin (17.3.-29.4.2001)--t.p. Verso. For This Project Eight International Artists And Six International Writers Were Invited To Work On The Theme Berlin. German And English.
Starke Augenblicke
Physiognomie der Mystik
László F. Földényi untersucht in diesem klassischen Essay jene Augenblicke, die in der abendländischen Tradition als mystisch, kathartisch, erschütternd oder ekstatisch beschrieben werden. Die kulturgeschichtliche, religiöse und mythische Tradition dieser Erlebnisse im Blick, versucht er ihre Rolle von der Antike bis in unsere Zeit zu beschreiben. Földényi deckt auf, dass gerade diese scheinbaren zeit- und raumlosen Augenblicke den wahren Charakter des immer zeit- und raumgebundenen Lebens erleuchten. Dabei versucht er jenen Augenblick, von dem auch sein eigenes Schreiben durchdrungen ist, lebhaft zu machen und nicht als neutralen Gegenstand zu behandeln.
Lob der Melancholie
Rätselhafte Botschaften
Mit diesem Lob der Melancholie kehrt László F. Földényi nach 40 Jahren zu seinem Lebensthema zurück und nähert sich ein weiteres Mal jener unzeitgemäßen Stimmung. In einem feinen Gewebe von Essays durchstreift er Malerei, Kino und Literatur und entlockt ihnen die Erfahrung einer Sehnsucht, die in ihrer Zartheit alles mit sich zu reißen vermag. Dabei begegnet uns die Melancholie in all ihrem betörenden kulturellen Reichtum als verunsichernder dunkler Schatten des sonst so strahlenden, vergnügungssüchtigen Diesseits - ohne jedoch den versöhnenden Glauben an ein Jenseits anzubieten.
Wir wissen: Geschichte wird geschrieben von den Siegern. Aber nicht die Besiegten sind die Opfer der Geschichte. Denn schlimmer als besiegt zu sein, ist es, des Besiegtwerdens nicht wert zu sein. Die wahren Opfer der Geschichte sind die, deren Existenz uns nicht einmal bekannt ist. Ausgehend von der Schilderung Dostojewskis Verbannung in Sibirien richtet Földényi in diesem eleganten Essay voll leiser Sprengkraft den Blick auf den blinden Fleck der Geschichte. Seine Überlegungen lesen sich wie ein kritischer Kommentar zur Gegenwart: Was aber, wenn man sie zu Ende denkt? »László Földényi hat einen wunderbar intelligenten und stilistisch brillanten Essay verfasst, der sich zum Plädoyer für die Denkfreiheit weitet.« Frankfurter Allgmeine Zeitung vom 7.04.2008

