Pierre Drieu La Rochelle Bücher
Pierre Drieu La Rochelle war ein französischer Schriftsteller, dessen Werk tief von den Traumata des Ersten Weltkriegs und der Suche nach Sinn in der Dekadenz seiner Zeit geprägt ist. Sein Schreiben erforscht Fragen der Identität, Politik und Spiritualität mit einem provokativen und oft widersprüchlichen Ansatz. Er zeichnete sich durch scharfe Beobachtung der sozialen und politischen Strömungen des Europas zwischen den Weltkriegen aus, und seine Essays sowie Romane spiegeln eine anhaltende Suche nach einer starken Zukunftsvision wider, die oft im Widerspruch zu den vorherrschenden Ideologien stand.







Heimat Europa
Reiseberichte und andere Texte 1931–1942
Mobilität – das Zeichen »unserer« Zeit. Wie fern sind uns dagegen jene Zeiten, in denen eine erkenntnisbringende Reise noch mit wirklichem Aufwand verbunden war. Als man noch nicht heute hier und morgen dort seine Zelte aufschlug. Der französische Schriftsteller Pierre Drieu la Rochelle (1893–1945) holt uns genau dorthin zurück – in eine Zeit, in der die Welt noch keine »Instagram-Touristen« kannte. Er nimmt uns mit auf eine sehr persönliche und sehr politische Reise durch seine »Heimat Europa« – und zwar in den spannendsten und konfliktreichsten Jahren des 20. Jahrhunderts. Drieu versteht das »Reisen« nicht als Erholung, sondern als Arbeit: Er will wissen, wie die Völker seiner Zeit denken, handeln und leben. Faschistisches Italien, nationalsozialistisches Deutschland, bolschewistische Sowjetunion, multinationale Tschechoslowakei, autoritäres Ungarn – so unterschiedlich die Eindrücke ausfallen, so einheitlich bemüht um das Verständnis dieser europäischen Nationen erweist sich Drieu in vorliegendem Band. Er enthält – erstmals überhaupt auf Deutsch – die gesammelten Reiseberichte des Vernunft- und Gefühleuropäers. Und er enthüllt die »Krise« sozialer, wirtschaftlicher und nationaler Natur als Zeichen »seiner« Zeit.
Lebenshunger und Todessehnsucht, patriotische Gefühle und Desillusionierung: Pierre Drieu la Rochelles brillante Erzählungen spiegeln die innere Zerrissenheit des streitbaren Autors wider. Einer, der sich romantisch nach Heldentum sehnte, beschreibt hier die Absurdität des Ersten Weltkriegs und die schmerzliche Orientierungslosigkeit der Heimkehrer. Madame Pragen, eine ehrgeizzerfressene Pariser Witwe, hat 1914 ihren schmächtigen Sohn in den Krieg geschickt, um einen Helden aus ihm zu machen. Er fiel in den ersten Tagen während eines bedeutungslosen Scharmützels im belgischen Charleroi. Im Jahr 1919 nutzt nun seine Mutter einen Besuch des Schlachtfelds, um sich vor den provinziellen Honoratioren der Stadt als Grande Dame zu inszenieren. In «Der Hund der Heiligen Schrift» brüstet sich ein junger Veteran mit Verdun. Doch in der Kinoreihe vor ihm sitzt ein ehemaliger Kamerad ... Auf Anhieb fasziniert der flirrende Ton des Erzählers. Seine zynische Lässigkeit, sein stetiges Abtasten der Realitäten, die umso drastischer wirkende Überzeichnung einzelner Figuren: Diese Prosastücke bieten einen schillernden Rückblick auf das Schlüsselerlebnis einer irrlichternden Generation.