Die kommentierte textkritische Ausgabe dieses grundlegenden Werkes Alfred Adlers stellt die Originalfassung von 1912 vor. Damit wird der Stand der Theorie Adlers nach seiner Trennung von Freud zugänglich, wie er sie innerhalb des Kreises um Freud und zugleich gegen Freud entwickelt hatte. Der Variantenapparat dokumentiert alle Veränderungen der Neuauflagen von 1919, 1922 und 1928. So kann man diese Ausgabe wie einen Werkstattbericht aus Adlers Arbeit an seiner Theorieentwicklung lesen. Die philosophie-, psychologie- und medizinhistorischen Verflechtungen werden im Kommentarteil durch die biographischen und sachlichen Erläuterungen zu zahlreichen von Adler genannten oder zitierten Autoren und Fachbegriffen deutlich. Dadurch kann diese Ausgabe als Handwerkszeug für die Erforschung eines Astes dienen, der den Ursprung zahlreicher Psychotherapiekonzepte bildet, mit noch heute wirksamen psychosomatischen, psychoanalytischen oder sozialpädagogischen Verzweigungen.
Alfred Adler Bücher
Alfred Adler war ein österreichischer Arzt und Begründer der Individualpsychologie. Er betonte die Bedeutung von Minderheitsgefühlen und deren Rolle für die Persönlichkeitsentwicklung. Seine Arbeit beleuchtete das Zusammenspiel von äußeren Einflüssen und inneren Veranlagungen und ebnete somit den Weg für einen ganzheitlichen psychologischen Ansatz.







Band 3 der Alfred Adler Studienausgabe enthält 57 Aufsätze, in denen über die Jahre 1913 bis 1937 die Entwicklung von Adlers psychotherapeutischer Theorie verfolgt werden kann: über die Festigung und den Ausbau seiner Grundkonzeption, die Verwurzelung des Konzepts des Gemeinschaftsgefühls in einer lebensphilosophischen Basis bis hin zur stärker sozialpsychologischen Orientierung. Nach Adler wird die Psyche durch ein unbewusstes Streben strukturiert. Dieses fundamentale Prinzip allen menschlichen Lebens zielt auf Überlegenheit, um den Mangel der menschlichen Existenz zu überwinden. Durch eine Anstrengung des Willens zur Macht wird ein Gefühl von Autorschaft über das eigene Leben erzielt. Die unterschiedlichen Merkmale des individuellen Selbst- und Lebenskonzepts sind konkrete Realisierungen des Lebensstils. Adlers Menschenbild ist von Grund auf optimistisch, da es aus seiner Sicht für jeden Menschen möglich ist, die Mangelsituationen zu überwinden oder zu kompensieren. Der einzelne Mensch wird stets in seiner Beziehung zum Mitmenschen, zur Natur und zum Kosmos betrachtet. Die individuelle Persönlichkeit lasse sich nicht durch eine Bestandsaufnahme der Symptome oder Charakterzüge erfassen, sondern man müsse das Wesen der Person intuitiv erahnen. Adler suchte danach, die Einzigartigkeit des Selbst durch den Modus seiner Bewegung, durch sein Bewegungsgesetz zu verstehen.
Der 7. Band der Alfred Adler Studienausgabe umfasst 25 Aufsätze aus Adlers gesamter Schaffensperiode (1897 bis 1937), in denen er sich zu gesellschaftlichen, politischen und kulturellen Erscheinungen äußert, zu ihnen engagiert Stellung nimmt und sie im Licht seiner psychologischen Theorie erörtert. Die ausgewählten Texte behandeln eine große Bandbreite von Themen wie Sozialmedizin, Sexualität und soziale Beziehungen unter gesellschaftlichem Gesichtspunkt, politische und weltanschauliche Phänomene wie Marxismus, Bolschewismus, Krieg, Massenbewegungen und Führerpersönlichkeiten, Fragen zur Literatur- und Künstlerpsychologie. Es eröffnen sich spannende Ausblicke sowohl auf diese Problembereiche als auch auf Adlers theoretisches und methodologisches Denken. In seinen Beiträgen zeigt sich ein hohes gesellschaftspolitisches Engagement, in dem auch der Mensch Alfred Adler sichtbar wird. Eine Besonderheit dieses Bandes ist es, dass sehr viele dieser Aufsätze bisher nur in einer Erstveröffentlichung durch Adler selbst an verstreuten Orten vorlagen und daher bisher weitgehend unbekannt waren.
Neurosen
Fallgeschichten
Die englische Originalausgabe erschien 1929 in London unter dem Titel ›Problems of Neurosis‹, herausgegeben von Philip Mairet, einem Journalisten, der selbst über Individualpsychologie schrieb. Eine zweite Ausgabe folgte 1964 in New York bei Harper & Row als ›Harper Torchbook‹. In der Einführung zu dieser Ausgabe betont Heinz L. Ansbacher, dass das Buch auf Manuskripten und Vorlesungsmitschriften basiert, die Adler zur Bearbeitung an Mairet übergab. Ansbacher führt Kapitelüberschriften und die Titel zu den 37 Fällen ein, um dem Leser die Orientierung zu erleichtern. Diese Übersetzung beruht auf der genannten Ausgabe und ist in allgemeinverständlicher Sprache verfasst. Adler geht davon aus, dass das Individuum einem einheitlichen, selbstgestellten Ziel zustrebt. Dadurch entfallen die Voraussetzungen für dramatische Inszenierungen von Konflikten und tragischen Helden. Stattdessen wird prosaisch von Fehlern, falschen Einstellungen und Lebensaufgaben gesprochen, deren Lösungen mehr oder weniger gelungen sind. Leser, die an Trieben und Instanzen als lebendige Wesenheiten gewöhnt sind, könnten einiges vermissen. Wer jedoch erkennt, dass es sich um Konstruktionen handelt, kann prüfen, ob diese Denkwerkzeuge unverzichtbar sind und ob die Individualpsychologie ebenso effektive Ansätze zur Behandlung von Neurosen bietet.
Der Sinn des Lebens (1933)
- 252 Seiten
- 9 Lesestunden
»Der Sinn des Lebens« ist das bedeutendste Werk Adlers aus seiner letzten Schaffensperiode, in dem er seine Ansichten zur Individualpsychologie zusammenfasst. In einem von Erfahrung und Weitsicht geprägten Stil behandelt er zentrale Themen wie Lebensstil, Lebensaufgaben, Minderwertigkeits- und Überlegenheitskomplexe, Neurosen, Kindheitserinnerungen, Gemeinschaftsgefühl und den Sinn des Lebens. Adler präsentiert auch seine diagnostischen und erkenntnistheoretischen Positionen und betont die immense Bedeutung des Gemeinschaftsgefühls für ein erfülltes, verantwortungsvolles Leben sowie für die Weiterentwicklung der Menschheit. Seine Antworten auf Fragen des menschlichen Zusammenlebens, die ökologische und transzendente Aspekte einbeziehen, sind heute relevanter denn je. In »Religion und Individualpsychologie« führt Adler einen Dialog mit dem Theologen Ernst Jahn über ethische Werte. Jahn beansprucht die Exklusivität der Theologie und sieht Psychotherapie lediglich als methodisches Hilfsmittel. Adler hingegen verweist auf den schwindenden Einfluss der Kirchen und argumentiert, dass die Individualpsychologie wissenschaftlich fundierte Werte der Allmenschlichkeit vertreten kann. Diese Kontroverse bleibt bis heute aktuell.
»Die individualpsychologische Forschung erstrebt eine Vertiefung der Menschenkenntnis, die nur zu holen ist aus dem Verständnis der Stellung des Individuums zu seiner sozial bestimmten Aufgabe. Nur die Bewegungslinie, in der sich die soziale Aktivität einer Persönlichkeit darstellen und empfinden läßt, gibt uns Aufschluß über den Grad der Verschmelzung eines Menschen mit den Forderungen des Lebens, der Mitmenschen, des Weltalls. Sie gibt uns auch Aufschluß über den Charakter, über den Elan, über sein körperlich-geistiges Wollen. Sie läßt sich zurückverfolgen bis zu ihren Ursprüngen in der Zeit der Ichfindung und zeigt uns dort, in der frühesten Position des Menschenkindes, die ersten Widerstände der Außenwelt und die Form und Kraft des Wollens und der Versuche, sie zu überwinden, In diesen frühesten Kindheitstagen schafft sich das Kind irrend und unverständig seine Schablone, sein Ziel und Vorbild und den Lebensplan, dem es wissend-unwissend folgt. Vorbildlich werden ihm dabei alle Erfolgsmöglichkeiten und die Beispiele anderer Überwinder. Den Rahmen gibt ihm die umgebende Kultur.« Alfred Adler
Alfred Adler (1870-1937) war ein österreichischer Arzt und Psychotherapeut. Er gilt als der Begründer der Individualpsychologie. Nachdruck des Originals der 3. Auflage aus dem Jahr 1922.
Lebenskenntnis
- 158 Seiten
- 6 Lesestunden
Das englischsprachige Original dieses Buches erschien 1929 unter dem Titel ›The Science of Living‹ in den Vereinigten Staaten. In einer einfachen, knappen, dabei doch auch im Original unverwechselbar Adlerschen Sprache geschrieben, kann es als Einführung in die Grundlagen der Individualpsychologie Alfred Adlers dienen. Auch der Leser, der mit Adlers Gedankengängen noch nicht vertraut ist, kann sich über die grundlegenden Theorien des großen Sozialpsychologen informieren, der mit Freud und Jung zu den Gründervätern der Psychotherapie zählt. Auf engstem Raum werden in dem vorliegenden Buch zentrale Begriffe in Adlers Theoriengebäude wie Lebensziel, Leitbild, Minderwertigkeitskomplex, Überlegenheitsstreben und Lebensstil definiert, erläutert und anhand von Fallbeispielen anschaulich gemacht. Hier setzt sich Adler überdies mit so aktuellen Themen wie schulische Erziehung, Eheberatung und sexuelle Freiheit auseinander. Charakteristisch für seinen weitgespannten Interessenhorizont und für seine klare Erkenntnis fundamentaler menschlicher Konflikte sind schließlich auch seine Äußerungen über den gesellschaftlich bedingten Unterschied der Geschlechterrollen sowie seine Lösungsvorschläge.



