Man werde „sich wundern, was alles gehen wird“, fasste der damalige Präsidentschaftskandidat Norbert Hofer im Herbst 2016 sein Amtsverständnis zusammen. Obwohl er dann doch nicht zum Bundespräsidenten gewählt wurde, sollte er recht behalten. Nach der Nationalratswahl 2017 verfügt Österreich über eine deutliche Parlamentsmehrheit, die von rechts der Mitte bis ins rechtsextreme Lager reicht. Die Politik der Koalitionsparteien nutzt rassistische und chauvinistische Ressentiments. Das Regierungsprogramm zielt gegen sozialstaatliche und sozialpartnerschaftliche Institutionen. Es bestärkt die anti-europäischen Reflexe und heizt die nationalistischen Divergenzen in Südtirol und auf dem Balkan an. Von Anfang an wurde gegen kritische Redaktionen und gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk gehetzt. All das geschieht unter dem Vorwand, „unser Land“ gegen seine vorgeblichen äußeren wie inneren Feinde in Schutz zu nehmen. Dieses Land ist aber nicht nur das der Illiberalen, Nationalkonservativen und Rechtspopulisten. Es ist auch „unser Land“, die Heimat von Menschen, die das Abdriften des öffentlichen Diskurses in die Wort- und Themenwahl der extremen Rechten nicht länger hinzunehmen bereit sind. Wir müssen auf dieses Land Anspruch erheben. Heimat, das ist kein Begriff nationalistischer Propaganda, weil die Sache Heimat an sich kein Exklusivrecht der populistischen Rechten ist. Heimat, das kann auch sein: ein freies Land im Rahmen eines friedlich vereinten Europa, das den Rechtsgütern der Gleichheit, des Pluralismus und der Solidarität und den Werten der Aufklärung verpflichtet ist, und dessen Bewohnerinnen und Bewohner unabhängig von Herkunft, Geschlecht und Religion die Teilhabe am Gemeinwesen und am kreativen und kulturellen Reichtum des Landes ermöglicht werden soll. Die Menschen in diesem Land haben ein Recht darauf, dass diese vor Generationen errichteten Grundsätze weiter unser Gemeinwesen tragen, und es ist ohne Zweifel „res publica“, also eine Sache der Allgemeinheit, über dieses Fundament zu wachen. Wir sehen es als unsere Aufgabe, stellvertretend Position zu beziehen für eine Heimat, die mehr ist, als die propagandistischen Versatzstücke nationalistischer Rhetorik: Unser Land, das andere, das offene und freie Österreich.
Christoph Bartmann Bücher






Leben im Büro
Die schöne neue Welt der Angestellten
Der moderne (Büro)Mensch muss immer mehr "performen", d.h. er muss nicht nur Leistung erbringen, sondern diese Leistung auch noch möglichst gut präsentieren und verkörpern. Vielleicht ist es sogar weniger die Leistung, die zählt, sondern eben die Performance, die darstellerische Leistung, die Selbstinszenierung. In manchen Zusammenhängen nennt man das etwas abfällig die B-Note, doch in den Bürowelten ist eine gute performative Leistungssimulation ein wichtigerer Erfolgsfaktor als die reine Leistung. In Christoph Bartmanns Buch "Leben im Büro. Die schöne neue Welt der Angestellten" geht es genau um diesen Themenkomplex: "Die Performance... ist die Kunstform des fortgeschrittenen Kapitalismus, in dem alles Ständische, Zünftige, Disziplinäre und Werkhafte verdampfen soll". Nach dem Protokoll eines Bürotages (Kap. 1) folgt ein zweites historisch angelegtes Kapitel über das Phänomen des "Managerismus als höchstes Stadium der Bürokratie". Im dritten Kapitel geht es um die "Pathologien des Gegenwartbüros", bevor in den Schlussbetrachtungen die These folgt: "Die ganze Welt ist jetzt Büro".
Illusion der Nähe?
- 268 Seiten
- 10 Lesestunden
Es gibt kein menschliches Zusammenleben ohne Nachbarn. Für den einen sind sie ein Segen, für den anderen ein Fluch. Für dieses Nebeneinander ist ein friedlicher Umgang die wichtigste Voraussetzung. Was könnte aber darüber hinaus ein Weg sein zur Gestaltung konstruktiver Nachbarschaft? Dieser Band beschreibt den Status Quo in der europäischen Gemeinschaft und eröffnet Perspektiven auf nachbarschaftliche Beziehungen von morgen. Er untersucht die aktuelle Lage der deutsch-französischen und deutsch-polnischen Verhältnisse, wirft einen Blick auf Gesellschaften in Südosteuropa, fragt nach dem Wandel der Nachbarschaften in modernen Städten und nach dem Nebeneinander der Religionen. Und auch die Abgrenzung gegen Menschen jenseits der europäischen Grenzen wird kritisch in den Blick genommen. Mit Texten von Frank Baasner, Piotr Buras, Johann Hinrich Claussen, Caroline Fetscher, Paul Flückiger, Berthold Franke, Heidrun Friese, Lamya Kaddor, Hélène Miard-Delacroix, Herfried Münkler, Nenad Popovi, Marek Prawda, Jurko Prochasko, Walter Siebel, Rudolf von Thadden, Joachim Umlauf, Tobias Weger u. a.
Wiedervorlage: Nationalkultur
- 158 Seiten
- 6 Lesestunden
In welchem Verhältnis steht Internetpiraterie zu Nationalkultur? Wie lässt die musikalische Interpretation von Knirschlauten auf nationale Prägungen schließen? Was denkt ein 'alter Schwede' über nation branding? Warum gehört das Mittelalter für die Deutschen ins Reich der Fantasiewelten? Und welchen Beitrag leisten koreanische Soap-Operas zur regionalen Integration? Diese Fragen beleuchten, inwieweit Kunst und Kultur noch nationalstaatlichen Rahmenbedingungen zugeordnet werden können. Angesichts durchlässiger Grenzen und supranationaler Wirtschaftsstrukturen schien dies lange Zeit überwunden. Doch die Finanz- und Wirtschaftskrise hat uns eines Besseren belehrt: In Krisenzeiten ertönt der Schrei nach nationaler Verteidigung und Besitzstandswahrung. Künstler, Wissenschaftler, Politiker sowie Kultur- und Medienschaffende reflektieren in ihren Beiträgen über nationale Zuordnungen von Kultur. Diese Diskussion wurde durch eine internationale Konferenz des Goethe-Instituts 2008 in Berlin angestoßen. Die Texte stammen von namhaften Autoren wie Peter Arens, Sandeep Bhagwati, Ulrich Bielefeld, und vielen anderen, die sich mit den komplexen Beziehungen zwischen Kultur und Nationalität auseinandersetzen. In Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut.
Kopenhagen - Stadt der Dichter
- 186 Seiten
- 7 Lesestunden
Prag
- 179 Seiten
- 7 Lesestunden
Hauspersonal? Diener? Bei uns doch nicht! Mit Verlaub, wir leben im 21. Jahrhundert. Gut, da gibt es die Polin, die die Wohnung putzt. Die Einkäufe trägt der Bote die Treppe hoch, und abends kommt der erstklassige Lieferdienst mit dem Essen. Anders sind Arbeit und Privatleben doch gar nicht zu schaffen. Dass unser Alltag von Computern abhängt, stimmt nur zur Hälfte. Für Haushalt, Kinderbetreuung und Pflege suchen wir uns – am einfachsten im Internet – Personal. Und so entsteht parallel zur digitalisierten Welt eine neue Klasse schlecht bezahlter Helfer. Christoph Bartmann richtet seinen scharfen und provokanten Blick auf ein neofeudales Bürgertum, das mit sozialer Spaltung offenbar gut leben kann.