Die Titelgebung eröffnet vielfältige onomatopoetische Assoziationen. Sophie Reyers Gedichte bieten eine unsentimentale Sicht auf Verletztheit und Unbehaustes. Sie nutzt eine assoziative Methode, entkleidet ihre Themen bis zur Essenz und kombiniert Leichtigkeit mit kraftvollen Tönen. Die Liebe wird vorsichtig und realistisch behandelt. Eine beeindruckende Sammlung.
Im Jahr 2020, geprägt von Pandemie und Krisenstimmung, nutzt Sophie Reyer die Situation, um in einem Lyrikzyklus die Befindlichkeit des lyrischen Über-Ichs zu erkunden. Mit souveränen Gedichten navigiert sie durch aktuelle Themen und regt zur Neubewertung der Gegenwart an.
In »Nach den Gesichtern« erforscht Sophie Reyer die eigenen und kollektiven Erinnerungen durch Begegnungen mit prägendem Menschen. In 20 Miniaturen reflektiert sie über Kindheit, Jugend und das Älterwerden, enthüllt erschreckende, erhebliche und versöhnliche Erlebnisse und beleuchtet die eigene Geschichte durch wiederentdeckte Gesichter.
Sara verbringt den Großteil ihrer Tage zurückgezogen in einem Glashaus, die meiste Zeit schläft sie. Denn dafür ist sie da, zum Schlafen und zum Träumen. Doch Sara kann sich nur schwer in das System einfügen. Keine Fragen stellen, einfach nur die Pillen schlucken und den Überwachern ihre Träume zeigen. Als sie den Maler Bill kennenlernt, scheint ihre Einsamkeit ein Ende zu finden. Doch beide tragen tiefere Geheimnisse in sich, die nur langsam ans Licht kommen. Sophie Reyer entwirft eine gar nicht so fantastische Welt, die geprägt ist von
Kontrolle, Überwachung und Manipulation.
Reyer würdigt Vertreterinnen der klassischen Antike (Sappho, Kessia ...) ebenso wie Hildegard von Bingen oder Chiara Margarita Cozzolani, die im klösterlichen Umfeld wirkten. Aber auch Frauen, die sich bei Hofe dem Komponieren widmen konnten, wie Francesca Caccini oder Amalia von Preußen Sachsen Weimar, haben sich auf Reyers Intervention eingelassen. Aus den großbürgerlichen Salons melden sich Clara Schumann oder Amanda Röntgen-Maier zu Wort, wir hören aber auch die Stimmen von jungen Vertriebenen wie Ruth Schonthal oder Ursula Mamlok sowie von Filmmusik-Komponistinnen wie Rachel Portman. Die Porträts der Gegenwart sind Alicia Keys, Adele, Joni Mitchell oder Lady Gaga gewidmet.
Historische Fakten und phantasiereiche Fiktion kunstvoll verwoben zu einem besonderen Roman.
Wien 1909: Der junge Historiker Johann ist fasziniert von der schönen Clara, die zusammen mit ihrem Mann Egon und den beiden Kindern in die benachbarte Villa im wohlhabenden Viertel Hietzing einzieht. Clara pflegt einen extravaganten Lebensstil, doch dann ereilt die Familie ein schreckliches Schicksal: Bei einem Arbeitsunfall verliert Egon ein Bein. Aber war es tatsächlich ein Unfall? Es gehen Gerüchte um, und die makellose Fassade von Clara beginnt zu bröckeln – was verbirgt die engelsgleiche Frau?
Jakob ist Autist, doch das Wort Autismus kennt man nicht in einem Bergbauerndorf in Tirol. So wächst Jakob in einer Gemeinschaft auf, die ihn und sein Verhalten nicht verstehen kann und es auch gar nicht versucht – bis er schließlich zum Aussteiger wird. Jakob ist randlos. Er nimmt alles in sich auf. Er versteht die Sprache der Fische und hört die Stimmen der Bäume, in der Welt erkennt er Strukturen und Zusammenhänge, die anderen verborgen bleiben. Doch mit der zwischenmenschlichen Kommunikation hat er Probleme. Im Dorf hält man ihn für einen Verrückten, seine ältere Schwester Agathe beschimpft ihn regelmäßig als Krüppel und der Vater haut einfach zu. Nur Resi, seine jüngere Schwester, versteht ihn. Als Jakob älter wird und die Konflikte zunehmen, beschließt er, diesem Leben zu entfliehen und als Einsiedler in einer Höhle zu leben. Sophie Reyers einfühlsame und bildhafte Sprache öffnet den Leserinnen und Lesern die faszinierende Welt Jakobs. Basierend auf einer wahren Geschichte ist ihr ein einzigartiges Buch über unterschiedliche Vorstellungen von Leben und Lebenlassen, von Toleranz und Unverständnis gelungen.
Hin- und hergerissen wird man beim Lesen dieser Gedichte, so gegensätzlich ist die Zeit, in der wir leben. Der Rhythmus wird vom Smartphone diktiert, Leid durch Antidepressiva oder andere Pillen hurtig betäubt. So viele Lebensbereiche sind reguliert und reglementiert – ausgeübte Bio-Macht im Foucault’schen Sinne –, wie soll man sich als einsam Denkende positionieren? Früher gab es Puzzles statt iPhone, aber andererseits: Die friedlich analog spielenden Kinder waren auch Insekten- und Geschwisterquäler. Kein Anlass für Nostalgie also, wo es in der heilen Welt der Kinderkassetten auch so etwas wie Tschernobyl gab. Sehnsucht, Macht und Schuld ziehen sich als rote Fäden durch Sophie Reyers Gedichte, die als Beobachterin und Teilnehmende nicht anklagt, Erinnerung und Zustandsbeschreibung in eindrucksvolle Bilder fasst, selbst ratlos ist, aber mutig genug, die großen Fragen, die sich nicht verändern, zu stellen.
Sie schob das abgegriffene Ultraschallbild von sich, nestelte an ihren eigenen Fingern herum, hilflos. Stille. Sie blickte unverwandt auf den Fötus, den das Bildchen zeigte, dann auf die kleinen Bläschen im Inneren der roten Vase.
Die schaurige Welt des Alpenlandes Tirol, 1889: Die dreijährige Amelia ist die einzige Überlebende eines verheerenden Brandes, der den Bergbauernhof in Stumm beinahe ganz zerstört. Bald stellt sich jedoch heraus, dass ihre Familie nicht den Flammen, sondern einem grauenhaften Raubüberfall zum Opfer fiel. Sind die Täter tatsächlich die zwei jungen Männer, die vagabundierend durch das Tal zogen? Oder verbirgt sich hinter dem Verbrechen ein viel dunkleres Geheimnis?