Die Ehrgeizigsten aller politischen Klassen hoffen auf dem Feld der Außenpolitik in die Geschichte einzugehen, wahrhaft zu „regieren“ und Macht über Menschen im großen Stil auszuüben. Darum bedarf Außenpolitik der radikalen Kritik, aber auch konstruktiver Alternativen.
Mythologie und Literatur, Musik und Theater, Goethe, Shakespeare und die indische Bhagavadgita sind einige der Themen, mit denen versucht wird, unser zur Herrschaftsanalyse verkümmertes Verständnis von Politik aber auch die dafür zuständige akademische Disziplin daran zu erinnern, dass die Politik eine kulturelle Dimension hat, die Wege aus der zerstörerischen Macht- und Realpolitik bereithält. Spannende Entdeckungen sind da zu machen
Die Goethezeit war eine Epoche des Umbruchs und der politischen Neuorientierungen, in der das Bild des Dichters als unpolitisch korrigiert werden muss. Goethe ging nach Weimar, um politisch zu dienen und seine humanitären Ideale zu verwirklichen. Seine amtlichen und politischen Aktivitäten im Dienst des Herzogs August sind enorm, und erst in den letzten Jahren werden diese Schriften zunehmend gewürdigt. Ekkehart Krippendorff zeigt, dass Goethe sich intensiv mit ökonomischen Fragen befasste, was ihm gelang, den Kleinstaat deutlich abzurüsten und die Zahl der Soldaten um mehr als die Hälfte zu reduzieren. Man könnte ihn als den ersten Abrüstungsminister der Geschichte betrachten. Für Goethe war das Wohl des Einzelnen ebenso wichtig wie die Staatsräson. Er setzte sich mit den konkreten Lebensumständen der Menschen im Herzogtum auseinander, wobei Bildung, Arbeit, Wohnung und Umwelt für ihn von größerer Bedeutung waren als abstrakte Beschlüsse. In seinem literarischen Werk spielen politische Themen ebenfalls eine Rolle. Der Bericht „Campagne in Frankreich 1792“ warnt vor nationalistischer Kriegsbegeisterung und thematisiert die sinnlosen Opfer von Kriegen. Goethes Auseinandersetzung mit dem Orient im „West-östlichen Divan“ dient als Modell zur Überwindung kultureller Grenzen, während in „Faust“ der Versuch der vollständigen Herrschaft über Mensch und Natur thematisiert wird, was letztlich zum Scheitern führt.