Der neue SPD-Parteivorsitzende und Kanzlerkandidat Martin Schulz hat alle überrascht und Anfang des Jahres die SPD auf einer emotionalen Welle der Zustimmung vorübergehend auf Augenhöhe mit der Union gebracht. Viele langjährige Selbstzweifel und Krisen sozialdemokratischer Identität schienen wie weggewischt. Doch selbstverständlich kann der Schulz-Effekt, ein solch emotionaler Moment des Aufbruchs und der personellen Polarisierung gegen Merkel, nicht alles sein. Fragen nach der SPD als Programmpartei - zur Bundestagswahl und darüber hinaus - wollen beantwortet werden. Wie weit muss sich die SPD, so unser provozierender Hefttitel, jetzt neu erfinden, wo ist Rückbesinnung auf Tradition und Grundwerte angebracht? Was heißt es bei allem Spektakel der Mediengesellschaft, an der Notwendigkeit analytischer Gesellschaftskritik festzuhalten? Kurzum: Worin bestehen eigentlich die nationalen, europäischen und globalen Identitätskerne einer sozialdemokratischen oder gar demokratisch-sozialistischen Politik im 21. Jahrhundert? Es geht um politische Alternativen zum Neoliberalismus und zur autoritären Regression, aber auch um das Spannungsfeld zwischen SPD-pur und dem Realismus begrenzter Möglichkeiten. Schließich hatte der mobilisierende Mythos der Sozialdemokratie immer auch damit zu tun, Gesellschaft und Wirtschaft demokratisch zu gestalten und vielleicht sogar transformieren zu wollen.
Nils Diederich Bücher






Empirische Wahlforschung
Konzeptionen und Methoden im internationalen Vergleich
- 252 Seiten
- 9 Lesestunden
Wahlkampf und Wählerentscheidung spielen eine zentrale Rolle im politischen Prozess moderner pluralistischer Demokratien. Die politikwissenschaftliche Forschung hat diesem Thema in den letzten Jahrzehnten verstärkt Aufmerksamkeit geschenkt. In Deutschland sind in den letzten 15 Jahren zahlreiche Wahlanalysen erschienen, inspiriert durch internationale Studien. Das Institut für politische Wissenschaft an der Freien Universität Berlin hat mehrere Wahlstudien veröffentlicht, darunter eine Untersuchung der Berliner Wahlen vom 3. Dezember 1950, verfasst von Stephanie Münke und A. R. L. Gurland. Diese Arbeit war das erste Forschungsprojekt des Instituts. Zudem wurde eine Analyse der Bundestagswahlen von 1953 veröffentlicht, die von Wolfgang Hirsch-Weber, Klaus Schütz und anderen verfasst wurde. Gemeinsam mit K. L. Shell hat der Autor auch eine Studie zur Berliner Wahl vom 7. Dezember 1958 durchgeführt, um den Einfluss des sowjetischen Ultimatums vom November 1958 auf das Wahlergebnis zu untersuchen. Nils Diederich, ein langjähriger Mitarbeiter des Instituts, ist mit der Durchführung von Wahlanalysen vertraut und hat sich intensiv mit internationalen Wahluntersuchungen und kritischen Beiträgen zur Wahlforschung beschäftigt. In seiner Arbeit hat Dr. Diederich die Erkenntnisse und Methoden dieser Studien aufgegriffen.
Industrie- und Handelskammern gehören in demokratisch-marktwirtschaftlich verfassten Industriegesellschaften zu den Basisinstitutionen der regionalen Selbstorganisation der Wirtschaft. In Deutschland haben sie einen öffentlich-rechtlichen Status und einen breiten Aufgabenkreis, der hoheitliche Funktionen, vielfältige Beratungs- und Unterstützungsleistungen für die Unternehmen sowie Gestaltungsaufgaben für ihren Kammerbezirk umfasst. Zugleich sind sie ein gewichtiger Interessenvertreter der Wirtschaft in Politik und Verwaltung. Von daher sind sie in ihren Regionen intensiv am wirtschaftlichen und öffentlichen Geschehen beteiligt und in die relevanten Akteursnetze eng eingebunden. Gerade dieses breite Funktionsspektrum ließ die Kammern nach 1989 besonders geeignet erscheinen als Agens der Neustrukturierung der Wirtschaft und der regionalen Infrastruktur sowie der Neuorientirung der beteiligten Akteure. In einem umfangreichen empirischen Forschungsprojekt wurde daher die realiter entfaltete Bedeutung von Industrie- und Handelskammern für die Transformation der Wirtschaft in den neuen Bundesländern exemplarisch untersucht. Erfasst und analysiert wurden hierfür sowohl die Wiedereinrichtung dieser Kammern als auch ihre inzwischen ausdifferenzierten Strukturen, Funktionen und Leistungen in der zweiten Hälfte der neunziger Jahre.
Die diskreten Kontrolleure
Eine Wirkungsanalyse des Bundesrechnungshofs
Der Bundesrechnungshof (BRH) ist eine öffentliche Einrichtung, die in den Massenmedien selten erwähnt wird, obwohl vielen Bürgern sein Name geläufig ist. Die allgemeine Vorstellung von ihm ist die eines „Hüters von Sauberkeit und Sparsamkeit“ der öffentlichen Finanzen, doch die genauen Tätigkeiten sind oft unklar. Die Medien berichten sporadisch über seine Ergebnisse, typischerweise in Form von Schlagzeilen wie „Scharfe Rügen des Bundesrechnungshofs“ oder „Öffentlicher Schlendrian“. Konkrete Informationen über die Prüfungen des BRH, deren Durchführung und die Auswirkungen seiner Rügen bleiben jedoch meist unberücksichtigt. Die Berichterstattung über den Kontrolleur und seine gesetzlichen Befugnisse ist oft oberflächlich und lässt die tatsächliche Reichweite seiner Kontrollen außen vor. Kommentare zu seiner Wirkung sind häufig allgemein gehalten und nicht auf spezifische Fälle bezogen, was zu einer zwiespältigen Wahrnehmung führt. Einerseits wird der BRH als Institution dargestellt, die unermüdlich Missstände in den Behörden aufdeckt, während die Details seiner Arbeit und die konkreten Ergebnisse weitgehend im Dunkeln bleiben.