Hermann Sturm Bücher






Denkmal & Nachbild
- 231 Seiten
- 9 Lesestunden
Der Ausgangspunkt der Auseinandersetzung mit Denk- und Mahnmalen ist die „Neue Wache“ in Berlin, die als zentrale Gedenkstätte der Bundesrepublik Deutschland fungiert. Hermann Sturm untersucht im ersten Teil Denkmale und Denkmalkult als Ausdruck ideologisch-politischer Intentionen, beginnend im 19. Jahrhundert über die Weimarer Republik, die NS-Zeit, die DDR bis zur Gegenwart. Dabei werden auch Beispiele der US-amerikanischen Memorial-Kultur und der Sowjetunion betrachtet. Der Autor analysiert Bildmuster, die als Symbole und Allegorien fungieren und Identifikationsangebote in abstrakter, naturalistischer oder idealisierter Form schaffen. Im zweiten Teil wird das „Weltkulturerbe“ Zollverein betrachtet, wobei die Begründungen für diese Auszeichnung aufschlussreich sind, insbesondere wenn sie ästhetischen Mustern folgen. Der dritte Teil widmet sich der spezifischen Qualität der Reproduktion von Bildern als Erinnerungsbilder in medialer Verbreitung. Es wird untersucht, welche Erinnerungsbilder bei ihrer ästhetischen Rezeption und Reproduktion entstehen und welche Formen der Verzeichnung dabei beabsichtigt oder zufällig entstehen.
Industriearchitektur als Kathedrale der Arbeit
- 208 Seiten
- 8 Lesestunden
Beschreibt man Bauten der Industriearchitektur als „Kathedralen der Arbeit“, so ergibt sich auch die Frage nach den Ursachen für den inflationären Gebrauch der Wortverbindungen mit „Kathedrale“ in der Gegenwart. Die Karriere des Begriffs „Kathedrale der Arbeit“ ist eine Folge der Ästhetisierung und kulturellen Nobilitierung von Industriebauten. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war der mit dem Begriff „Kathedrale der Arbeit“ verbundene Inhalt pathetisch überhöht in einer Verbindung von Kunst und Religion auf eine utopische Zukunft gerichtet. Heute wird die vergangene Welt des Industriezeitalters nicht selten als Mythos funktionalisiert. Die Beschäftigung mit Erscheinungsformen von Bauten der Industrie als „Kathedralen der Arbeit“ im historischen Überblick rückt einen zweiten historischer Komplex ins Blickfeld, der, mit ideal-utopischen Vorstellungen aufgeladen, in der Architektur-Diskussion parallel dazu geführt wird: „Volkshaus“ - „Haus der Andacht“ - „Palast der Arbeit“, um nur einige zu nennen. Das Spannungsfeld dieser Begriffe gibt den Rahmen ab für die Betrachtung und Analyse von Bildern und Texten.
Die Form folgt der Funktion, das ist ein auch heute noch verbreitetes Missverständnis. Ableitungen der Form aus Funktionen misslingen besonders dann, wenn Funktionalität als Multifunktionalität gedacht wird, führt nicht selten zu absurden Resultaten und auch, aber nicht nur, zu ästhetischen Überraschungen. Dabei bereiten die technischen und artistischen Momente in ihrer Komplexität den Boden für Störungen beim Gebrauch. Eine Fundgrube für solche Zusammenhänge von Form und Funktion bieten die so genannten Patentmöbel mit ihrem Überangebot an hypertrophen Einfällen. Technisch-artistische Momente sind stets anfällig für tückische Fallen, die wiederum in der Kunst, aber auch in der Architektur ästhetisch weiter thematisiert werden, bis zu den Auswirkungen in der heute allüberall präsenten Techno-Medialität, deren Prinzip so benannt werden kann: Alles immer, alles schnell und alles gleichzeitig. Es liegt also nahe, sich wieder einmal mit den Begriffen Funktion, Funktionalität, Multifunktionalität zu befassen. Die mit diesen Begriffen einhergehende Unschärfe belegen Texte zum Design von der Formel die Form folgt der Funktion bis zur Formel die Form folgt dem Fehlschlag. Dabei zeigt sich, dass diese begriffliche Vagheit aber auch genutzt werden kann, um breit gestreute Phänomene zu erfassen. Dieses komplexe Feld wird an Beispielen dokumentiert und unter verschiedenen Perspektiven betrachtet.
In der Zeit der großen Weltausstellungen in London, Paris und Wien versprechen Technik und Industrie das Heil der Zukunft und werden euphorisch gefeiert. Historismus und Eklektizismus bestimmen das in der Architektur und im Design vorherrschende Formenvokabular. Und doch gibt es Ausbrüche ins Reformerische, ins Exotische und in Entwürfe des Diversen sowohl in der Literatur als auch auf dem Theater, in der Musik, in der bildenden Kunst, in der Architektur und im Design. Den konkreten Anlass für diese Buch bieten die Entwürfe und die Gestaltung von Mobiliar des italienischen Designers Carlo Bugatti zwischen 1880 und 1904, die mit zahlreichen farbigen Abbildungen vorgestellt und analysiert werden. Sie bilden den Vordergrund, vor dem sich der Horizont von Entwürfen des Diversen an der Schwelle zum 20. Jahrhundert öffnet. HermannSturm geht es dabei um die Konfrontation einer 'Ästhetik des Diversen', wie sie Victor Segalen als Fragment hinterlassen hat, mit einer 'Ästhetik der Indifferenz', wie sie den Konzepten von Marcel Duchamp zu eigen ist, um daraus allgemeinere Hinweise auf Entwürfe des Diversen zu gewinnen.
Mitte des 19. Jahrhunderts treffen sich in Zürich Künstler, Wissenschaftler, Musiker und gescheiterte Revolutionäre, so auch Gottfried Semper, Friedrich Theodor Vischer, Richard Wagner, Gottfried Keller, Jacob Burckhardt u.a. Der Autor beleuchtet anhand von zahlreichen Dokumenten, welche wechselseitigen Einflüsse diese Begegnungen auf die jeweilige Arbeit der Beteiligten hatten. Konzeptionen von "Gesamtkunstwerk" wurden ausgedacht und formuliert, neue ästhetische Theorien, die bis heute ihre Wirkkraft haben, wurden entwickelt.