Der Band enthält Arbeiten, die zwischen 1989 und 1999 entstanden sind. Im Mittelpunkt steht der Begriff der 'Kultur'. Kultur in der Grundbedeutung 'Welt des Menschen' erfüllt in der neueren Zeit eine doppelte Funktion. Er ist einerseits der Bezugspunkt einer Fülle der unterschiedlichsten empirischen Forschungsbemühungen, die von der Soziologie bis zur Literaturwissenschaft, ja selbst bis in die Naturwissenschaften reichen; andererseits scheint er mehr und mehr den Wirklichkeitsbegriff selbst zu ersetzen und wird damit zum Grundbegriff einer neuen Konzeption der prima philosophia. 'Die Welt des Menschen' bezeichnet dabei sowohl diejenige eigentümliche Wirklichkeit, die der Mensch selbst ist, als auch jene Wirklichkeit, die den Menschen umgibt und die Gegenstand seiner Deutungen und Bearbeitungen ist. In diesem Sinne wird die Natur selbst zu einem Grenzbegriff der Kultur. Eine weitere Eigentümlichkeit des heutigen Kulturbegriffs ist seine außerordentliche Vieldeutigkeit (Äquivozität). Es geht weniger darum, diese Vieldeutigkeit zu beseitigen, als die Motive ihres Auftretens verständlich zu machen. Damit stellt sich das Problem der menschlichen Orientierung. Für diese Orientierung, die im Kulturbegriff kulminiert und in ihm ihr letztes Paradigma findet, sind zwei Strukturverhalte charakteristisch. Zum einen ist es die Dimensionierung der Orientierung, d. h. das Auftreten unterschiedlichster Orientierungsmodelle, die möglicherweise aneinander zu messen sind; zum anderen ist es die Medialität der Orientierung. Diese Medialität besteht darin, daß jeder aus Orientierung hervorgehende Sinnanspruch stets im Zusammenhang so oder so gearteter anschaulicher Substrate - Medien - auftritt. Diese Medialität reicht vom physiologisch sich organisierenden Organismus bis zur Sprache und bis zu den hoch symbolischen Bild- und Zeichenwelten des Menschen. Der Verfasser entwickelt seine Ansichten sowohl in historischen als auch systematischen Perspektiven. Philosophische Gedankenmotive seiner Arbeiten beziehen sich auf Husserl, Simmel, Cassirer, Plessner und Heidegger. Die Studien gliedern sich in vier Themenkreise. Es handelt sich dabei um die Bestimmung des Medialitäts- und Orientierungsbegriffs (I), um die Frage nach Ethos und Lebensform (II), um das Syndrom der beleidigten Vernunft (III) und um Spezifikationen des Kulturverständnisses zwischen Anthropologie und Metaphysik (IV).
Ernst Wolfgang Orth Bücher






Husserls ›Krisis‹-Buch kann unter verschiedenen Aspekten gelesen werden: Es ist eine phänomenologische Transzendentalphilosophie, sozusagen ein großer und anderer Entwurf neben dem kantischen. Es ist aber auch eine Analyse der modernen Kultur bei gleichzeitigen wissenschaftsgeschichtlichen und -theoretischen Erörterungen. Es geht Husserl letztlich um die intellektuelle Verantwortlichkeit gegenüber Mensch und Welt, die er als eine europäische Kulturidee versteht und deren Fortwirken unter modernen Bedingungen er gewährleisten will. Ziel des vorliegenden Buches ist es, Husserls Lehre auf seine Grundkonzeption hin zu interpretieren. Dabei werden sowohl Querverbindungen zu Husserls Gesamtwerk als auch Beziehungen zum Kulturkontext, in dem Husserl steht, aufgezeigt. Der Autor stellt einzelne der oft schlagwortartig verwendeten Theoreme Husserls in den angemessenen Zusammenhang und entwickelt außerdem ein Instrumentarium für die Interpretation der gegenwärtigen Wissenschaftskultur und ihrer Zukunftsperspektiven.
Studien zur Philosophie von Edith Stein
Internationales Edith-Stein-Symposion Eichstätt 1991
- 369 Seiten
- 13 Lesestunden
Die Spur des Menschen
- 183 Seiten
- 7 Lesestunden
Die Frage nach dem Menschen fordert den Bezug auf die Sphäre oder die Dimension der Kultur. Was Kultur bedeutet, erschließt sich jedoch wiederum nur aus der Wirklichkeit des Menschen. Diese Korrelation von Mensch und Kultur hat man auf die sinnfällige Formel gebracht: ‚der Mensch als Schöpfer und Geschöpf der Kultur’. Wie allerdings die so prägnant bezeichnete Wechselwirkung genau und im einzelnen funktioniert, bleibt nach wie vor rätselhaft. Die hier vorgelegten Versuche verstehen Kulturanthropologie als die Thematisierung der ‚Welt des Menschen’ im Ganzen und damit durchaus philosophisch. Die erste Gruppe der Texte (1-5) behandelt auffällige und charakteristische Befunde wie Spur, Bedeutung und Bedürfnis, Organismus sowie Medien und Information. Die zweite Gruppe (6-8) befasst sich mit paradigmatischen Strukturen des gelebten menschlichen Selbstverständnisses wie Selbst, Anerkennung und religiöses Bewusstsein. Die dritte Gruppe (9-13) erörtert Grundbegriffe einer möglichen, systematischen Kulturanthropologie, die in besonderer Weise auf die Topoi ‚Welt’ und ‚Krise’ bezogen ist.