In Ablehnung der somatischen „Transmitterpsychiatrie“, die die Psychiatrie als eigenständiges Fach entbehrlich erscheinen lassen will, liefert der Autor mit diesem Buch den für eine theoretische Wissenschaft unerlässlichen Unterbau, ein erkenntnistheoretisch begründetes Fundament, das ihr bisher gefehlt hat. Die Psychiatrie kann sich nicht im Somatischen erschöpfen. Ihrem Wesen nach ist sie sowohl eine Biologische Naturwissenschaft wie auch eine geisteswissenschaftliche Disziplin.
Gerald Ulrich Bücher






Unbestritten ist, daß das vor nahezu 80 Jahren als zukunftsweisendes psychophysiologisches Forschungsinstrument eingeführte „Elektrenkephalogram“ (EEG) im heutigen psychiatrischen Alltag kaum noch eine Rolle spielt. Dabei galt es noch in den 1970er Jahren als der große Hoffnungsträger. Obgleich das Erkenntnispotential des EEG nicht einmal ansatzweise ausgeschöpft ist, wurde es durch die bildgebenden, strukturdiagnostischen Verfahren abgelöst. Dies ist nicht der vermeintlichen Unergiebigkeit der Methode anzulasten, sondern einer unangemessenen Methodologie. So wurde es Konsens, daß es sich beim EEG um einen stationären Zufallsprozess handelt. Dabei blieb außer Betracht, daß eine solche Unterstellung entscheidend von der Dauer des gerade unter Beobachtung stehenden EEG-Signals abhängt. Akzeptiert man aber die nur durch visuelle Mustererkennung nachweisbare, regelhafte, von der Ableitezeit abhängige Abfolge definierter spatio-temporaler Muster als wissenschaftliche Tatsache, haben wir es beim spontanen Ruhe-EEG mit einem Musterbeispiel eines nicht-stationären, nicht-linearen Prozesses zu tun. Eine solche Sichtweise stellt der psychophysiologischen Forschung einen vielversprechenden, bisher nicht zur Kenntnis genommenen Weg in Aussicht.
Die Medizin hat sich in den vergangenen 150 Jahren - vom Denken der klassischen Physik geprägt - immer mehr in Richtung einer Ingenieurwissenschaft entwickelt. Damit gelangen ihr auf bestimmten Gebieten ungeahnte und für die Menschen segensreiche Erfolge. Heute beginnen sich die Grenzen einer solchen Medizin abzuzeichnen. Der Autor stellt ihre Errungenschaften keineswegs in Frage, sieht aber nur eine einzige Entwicklungsperspektive: Die Medizin muß ihr naturwissenschaftliches Selbstmißverständnis überwinden und sich als eine wirklich biologische Disziplin begreifen lernen. Es ist sicherlich nicht zufällig, daß das genuin biologische Denken gerade zu einem Zeitpunkt neue Aktualität gewinnt, an dem das Prinzip der Rückführbarkeit aller medizinischen Probleme auf die molekulare Ebene Allgemeinverbindlichkeit beanspruchen zu können glaubt.
The Theoretical Interpretation of Electroencephalography (Eeg)
The Important Role of Spontaneous Resting Eeg and Vigilance
- 418 Seiten
- 15 Lesestunden
Focusing on the Berlin Psychiatry School Model of EEG-Vigilance, this advanced guide by Gerald Ulrich, MD, offers a comprehensive approach to theory-based EEG interpretation. Unlike the prevalent data-driven Q-EEG methods in the U.S., which rely on mathematical correlations, this book introduces a coherent theoretical framework for understanding EEG patterns. As the first published work on this subject, it aims to enhance knowledge and application of EEG interpretation within the psychiatric field.