Stachel und Speer
- 224 Seiten
- 8 Lesestunden
Ein Entwurf
Bequemlichkeit hat viele Facetten und Gesichter. Das Spektrum reicht von der behaglichen Entspannung auf dem Sofa und den Routinen des Alltags bis zu einem besonderen Geschick, andere für sich arbeiten zu lassen. Das Streben nach Entlastung und Normalität ist ein grundlegendes Prinzip der Vergesellschaftung. Der soziologisch-philosophische Essay spannt den Bogen vom sinnlichen Leiberleben über die Analyse von Alltag und Gewohnheit bis zur freiwilligen Knechtschaft und dem unbequemen Gebrauch der Freiheit.
Kleine Schriften zur Soziologie
Der Band versammelt verstreute Artikel und Arbeiten, die an einzelnen Situationen und Gegenständen des Alltags elementare Prozesse des Sozialen aufzuschlüsseln versuchen. Es geht in diesen Essays um Leidenschaft und Misstrauen, Spielen und Sonnenbaden, Intrige und Ordnung in Paarbeziehungen. Sie folgen damit einer Maxime des Göttinger Altmeisters Hans Paul Bahrdt: Gute Soziologie sollte so ähnlich funktionieren wie ein Jo-Jo: Vom Konkreten zum Abstrakten, dann wieder zum Konkreten, zum Abstrakten usw. usf.
Aufsätze zur Machttheorie
Der Begriff der Macht ist „soziologisch amorph“ und umfasst ein breites Spektrum sozialer Phänomene, in denen einer dem anderen seinen Willen aufzwingen kann. Typische Methoden sind Drohung, Lob, Provokation und Überredung, aber auch subtilere Formen wie Raten und Helfen. Der Band versammelt Aufsätze aus fünfundzwanzig Jahren, die diese Methoden und Machtpraxen sowie Möglichkeiten der Eindämmung und Gegenwehr aus interaktionistisch-phänomenologischem Blickwinkel untersuchen. Macht wird oft erst spürbar, wenn wir ihr unterworfen sind und uns ohnmächtig fühlen. Sie ist das Brechen von Widerstand und die Realisierung eines fremden Willens in unserem Handeln. Gleichzeitig existiert Macht nur, weil es Widerstreben und die Freiheit des anderen gibt, Nein zu sagen. Macht setzt Freiheit voraus und ist eine Form negativer Freiheit, da sie die Möglichkeit des Widerspruchs negiert. In diesem Sinne ist Macht eine Grundtatsache des Lebens und ein universeller Mechanismus der Vergesellschaftung, der sich in vielfältigen Formen zeigt: von der routinemäßigen Herrschaftsausübung über situative Gewalt bis hin zu strategischen Raffinessen von Machtlosen, die alternative Mittel zur Durchsetzung ihrer Interessen nutzen müssen.
Von der Macht eines versteckten Gefühls
Eine unheimliche Macht. Jeder kennt dieses Gefühl – den Neid, zumindest als Subjekt (Neider), aber auch, wenigstens ahnungsweise, als Objekt (Beneideter). Es ist in allen Gesellschaften tief verwurzelt, und viele Menschen sind von ihm beherrscht. Was sind die Wesenszüge dieses Gefühls, und wie „funktioniert“ es? Warum ist es so allgegenwärtig? Was treibt die Menschen an, es zu verbergen oder zu beschönigen? Warum ist der Neidvorwurf in der Politik ein beliebtes „Totschlagargument“? Zu diesen und weiteren Fragen gibt der glänzend geschriebene Essay des Soziologen Rainer Paris Antworten und Anregungen zum Weiterdenken.
Was geht eigentlich vor, und wozu führt es, wenn die Erklärung grundlegender menschlicher Beziehungen, ja, ihres Kernes der zwischen den Geschlechtern und komplexer Verhaltensweisen der zwischen Tätern und Opfern mit grobem ideologischem Beil zurechtgehauen und politisch mißbraucht wird oder, aus anderer Perspektive, wenn solcherart ideologische Konstrukte zu ihrer Selbsterhaltung Politik mißbrauchen? Was ist das Wesen eines komplexen Syndroms, das der Autor unverblümt Bescheuertheit nennt, und was kann es im Machtgefüge und im gesellschaftlichen Alltag anrichten? Zu all diesen Fragen nimmt der Autor, Soziologe an der FH Magdeburg/Stendal, mit Mut und Entschiedenheit Stellung. Einen wunderschönen Kontrast zu diesen harten Problemkreisen bildet eine Skizze über Liebe und Verliebtheit, die fern jedes sentimentalen Anflugs die tiefsten aller Emotionen auf ihren Kern zu bringen sucht und gleichsam nebenbei zeigt, daß die Theoretiker des Gender-Konzepts beklagenswerterweise auch den schönsten Teil der Praxis verfehlen. Daß drei der Studien in den letzten Jahren in der renommierten geisteswissenschaftlichen Zeitschrift Merkur erschienen sind, zeigt, daß hier ein Autor spricht, der zu grundlegenden Fragen auch Grundlegendes zu sagen hat.