Der Propagandafilm »Jud Süß« (1940) wurde von den Nationalsozialisten gezielt eingesetzt, um antisemitische Gewalttaten hervorzurufen – zum Beispiel in den Konzentrationslagern. Umso erstaunlicher ist es, dass der Regisseur Veit Harlan nach dem Zweiten Weltkrieg die antisemitische Stoßrichtung des Filmes leugnete. Bill Niven schildert in seinem Buch u. a. die intensive Debatte um den Film – und um die Person Harlans – im Nachkriegsdeutschland. Demonstrationen in Westdeutschland in den 1950er Jahren gegen Harlans Neueinstieg ins Filmgeschäft spielten eine wichtige Rolle bei der Entwicklung einer demokratischen Protestkultur und einer Abwehrhaltung gegenüber Antisemitismus. Im Nahen Osten aber fing Harlans Film ein neues Leben an – als antiisraelische Propaganda. Die Bundesrepublik reagierte auf diesen Missbrauch recht zögerlich. Damit war aber die Geschichte des Films keineswegs zu Ende. Bis in die Gegenwart versucht man, anhand von »Jud Süß« mit pädagogischen Mitteln aufzuzeigen, wie antisemitische Propaganda funktioniert – die Angst vor dem Film ist aber noch groß.
William John Niven Bücher



Du bleibst da
Ein Abschied
Bill Niven pflegt seine Frau, die an Multipler Sklerose erkrankt, viele Jahre bis zu ihrem Tod. Um seine Trauer zu bewältigen, erzählt er Helena ihr gemeinsames Leben in seinen Erinnerungen. Es ist ein Leben, in dem sich alles ändert, weil die Krankheit beide immer mehr beherrscht, auch wenn sie versuchen, Normalität herzustellen. Er schreibt von seinen Gedanken, Hoffnungen und Bedürfnissen wie auch von Schuldgefühlen, weil er an den Punkt kommt, wo er als Pflegender aufhört, sich selbst zu spüren, seine Kräfte schwinden und es um das eigene Überleben geht. Das Buch wendet sich vor allem an diejenigen, die ihre Erfahrungen mit Krankheit, Pflege und Tod haben – in allen Altersgruppen. Doch es eignet sich auch als Lektüre für Menschen, die diese Erfahrungen (noch) nicht teilen. Es ist für Männer und Frauen geschrieben worden. Die Erfahrungen, die der Autor beschreibt, kennen keinen bestimmten Ort, sie sind universell. Es gibt Bücher zum Thema Krankenpflege und Trauer, aber wenige, sehr wenige, die sich mit den Schuldgefühlen des Pflegenden auseinandersetzen. Hier setzen die berührenden Erinnerungen von Bill Niven an, der von einem schmerzhaften Verlust und von einer großen Liebe erzählt, die fortbesteht, nicht zuletzt auch, weil der, der zurückbleibt, die Gewissheit hat: „Ich habe geliebt. Ich wurde geliebt. Das bleibt. Das Bewusstsein, dass es so war.“
Das Buchenwaldkind
- 327 Seiten
- 12 Lesestunden
Bruno Apitz’ Roman 'Nackt unter Wölfen' über den 3-jährigen polnischen Juden Stefan Jerzy Zweig, der von Gefangenen im KZ-Lager Buchenwald bis zu seiner Befreiung im April 1945 beschützt wurde, galt in der DDR als eine bewegende Geschichte väterlicher Hingabe, des antifaschistischen Widerstands und wurde in den frühen Jahren zu unterschiedlichen Zwecken politisch benutzt. Bill Niven geht Zweigs Schicksal nun in drei Phasen auf den Grund: Wahrheit, Fiktion und Propaganda. Die erste Phase erzählt die Wahrheit von Zweigs Geschichte, was ihm in Buchenwald zustieß, wie er gerettet wurde und zu welchem Preis. Phase zwei bietet eine ausführliche Analyse des langwierigen Entstehungsprozesses und der enormen Wirkung des fiktionalen Berichts von Bruno Apitz. Während zuletzt gezeigt wird, wie die DDR diesen Roman als wahre historische Begebenheit auszugeben versuchte, zuerst mit Hilfe des DEFA-Filmes und dann mit Zweig selbst, indem man ihn dafür gewinnen wollte, die staatliche Version zu bekräftigen, nachdem er 1963 wiederentdeckt worden war. 'Das Buchenwaldkind' ist wissenschaftlich fundiert, jedoch verständlich und faszinierend geschrieben. Als lehrreiche Ergänzungslektüre zu Apitz’ Roman 'Nackt unter Wölfen' und dem gleichnamigen DEFA-Film ist es nahezu unverzichtbar.