Durch seine viel bewunderten Bauwerke, allen voran das Taj Mahal, und eine einzigartige Miniaturmalerei ist das Mogulreich für viele zum Inbegriff Indiens geworden. Stephan Conermann beschreibt die Geschichte dieses letzten indischen Großreichs von seiner Entstehung im 16. bis zum Niedergang im 18. Jahrhundert. Er geht den erstaunlich toleranten religiösen Vorstellungen der islamischen Herrscher nach, stellt ihre kulturelle Hinterlassenschaft dar, erläutert die wirtschaftlichen und rechtlichen Strukturen des Reichs und nicht zuletzt den Alltag in Städten und Dörfern.
Die Verbreitung narratologischer Modelle im interkulturellen Austausch hat sich bisher auf das disziplinäre Spektrum der traditionellen Kulturwissenschaften beschränkt. Die Text- und Kulturwissenschaften, die sich mit ‚nicht-abendländischen‘ Narrationen befassen, sind bedauerlicherweise in keiner Weise einbezogen worden. In den Beiträgen dieses Bandes wird daher der Versuch unternommen, die narrativen Strukturen in ‚nicht-abendländischen‘ Texten herauszuarbeiten und zu analysieren. Ein Text stellt dabei erst einmal eine sprachliche Einheit dar, die durch verschiedene Eigenschaften der Textualität charakterisiert wird. Dadurch wird eine Texttiefenstruktur erkennbar, die auf eine kommunikative Situation, eine thematische Entfaltung und eine Kommunikationsabsicht schließen lässt. Unsere Texte, die in den unterschiedlichsten Sprachen abgefasst sind, haben wir bewusst so gewählt, dass sie aus ganz verschiedenen Epochen stammen und sich nicht einer Gattung oder einem Genre zuordnen lassen. In chronologischer Reihenfolge sind dies: (1) Hethitische (mythische) Erzähltextfragmente aus dem 16./15. Jahrhundert v. u. Z., (2) eine altägyptische Vignette zum 1. Kapitel des Totenbuches aus dem 15. Jahrhundert v. u. Z., (3) ein altägyptischer (mythischer) Kunstprosatext aus dem 12. Jahrhundert v. u. Z., (4) anonyme Pali-Texte des 5. Jahrhunderts u. Z. aus dem Majjhima-Nikaya des Theravada-Kanons, (5) eine altchinesische Anekdotensammlung von Liú Xiàng (lebte 79–8 v. u. Z.), (6) eine japanische Biographie aus dem 9. Jahrhundert u. Z., (7) ein arabisches Geschichtswerk aus dem 10. Jahrhundert u. Z., (8) ein indo-persischer Fürstenspiegel aus dem 16. Jahrhundert u. Z. und (9) ein in mongolischer und mandschurischer Sprache vorliegendes historiographisches Werk aus dem 17. Jahrhundert u. Z. Wir hoffen, damit den ersten Schritt in Richtung einer transkulturellen Narratologie getan zu haben.
Mit dem Narrative Turn der 1980er Jahre änderte sich auch der Blick auf vormoderne Geschichtsschreibung. Sogar in der eher konservativen Islamwissenschaft kam es zu einer vorsichtigen Neubewertung historiographischer Schriften aus dem Mittelalter und der (frühen) Neuzeit. Nicht länger waren die Verwertbarkeit, subjektive Glaubwürdigkeit und Originalität der in den betreffenden Werken gegebenen „historischen Tatsachen“ einzige Kriterien zur Bewertung der Quelle. Historiographien wurden nun wie andere Textgattungen als literarische Produkte von Individuen bewertet. Muslimische Geschichtsschreiber orientierten sich an ihren Vorgängern, wobei ihnen bereits existierende, vorbildliche Werke als Grundlagen dienten, die sie dann selbst umgestalteten und modifizierten. Aus den ihnen zur Verfügung stehenden Quellen zu kompilieren, war eine gängige Methode, um neue Texte zu generieren. Obgleich somit eines der herausragenden Charakteristika mittelalterlicher arabischer Geschichtsschreibung, genießt Kompilation immer noch einen schlechten Ruf und wird oft in die Nähe des Plagiats gerückt. Aber handelt es sich beim Kompilieren tatsächlich nur um reines Abschreiben und ist der Vorwurf gerechtfertigt? Wie sieht der Prozess des Kompilierens bei einzelnen Historikern aus? Wie hoch ist bei der Kompilationstätigkeit das schöpferische Moment des Autors? In dem vorliegenden Band soll es darum gehen, anhand von fünf Beispielen exemplarisch zu zeigen, dass im Zuge des Kompilationsprozesses letztlich ein selbständiger Text zustande kommt, der die Eigenleistung des Verfassers deutlich reflektiert.
Der vorliegende Band vereinigt 13 Aufsätze aus der Feder Bonner Islamwissenschaftler/innen. Der Entstehung dieses Sammelbandes lag die Idee zugrunde, in dieser Form die im Umfeld des Orientalischen Seminars vorhandene islamwissenschaftliche Kompetenz zu bündeln und auf diese Weise einer interessierten Fachwelt zugänglich zu machen. Viele der Beiträge sind Aufsätze, die zwar bereits fertiggestellt waren, für die man jedoch noch keinen geeigneten Publikationsort gefunden hatte. Oder es lagen Manuskripte vor, deren Vollendung man aus verschiedenen Gründen immer wieder aufgeschoben hatte. Erfreulich hoch ist aber schließlich auch der Anteil an wirklich sehr guten Magisterarbeiten, die sich ohne allzu große Mühe in substantielle Artikel verwandeln ließen.
Der Islam ist heute mit ca. 1,8 Milliarden Gläubigen eine lebendige, schnell wachsende Glaubensgemeinschaft. Der erste Band der dreiteiligen Darstellung des Islam in der Reihe „Die Religionen der Menschheit“ beschreibt die Entstehung des Islam, die Wirkung des Propheten Muhammad, den Koran sowie seine komplexe Verflechtung mit der Bibel und die Ausdehnung des Islam zu einer weltweit verbreiteten Religion. In weiteren Kapiteln werden die Herausbildung und Eigenheiten verschiedener Konfessionen kenntnisreich und verständlich dargestellt. Abschließend werden die wichtigsten islamischen Dynastien vorgestellt und ihre Bedeutung für den Islam ebenso wie für ihre nicht-muslimische Umgebung erklärt.
In einer Arbeitsgruppe, deren Mitglieder aus der Islamwissenschaft, Iranistik, Osmanistik, Mittelalterlichen Geschichte, Theologie, Ägyptologie und Tibetologie kamen, haben wir uns regelmäßig getroffen, um anhand von ausgewählten Textbeispielen über mögliche Gemeinsamkeiten und Unterschiede in Bezug auf ein historisches Bewusstsein zu diskutieren. Auf die Frage „Wozu Geschichte?“ gibt es aus transkultureller Perspektive bemerkenswert ähnlich lautende Antworten. Zumindest finden sich in den in diesem Sammelband untersuchten historiographischen Texten aus unterschiedlichen kulturellen Zusammenhängen und verschiedenen Epochen zahlreiche übereinstimmende Aussagen. Geschichtsschreibung übernimmt in der Regel zunächst einmal eine Reihe inhaltlicher Funktionen. Sie dient der Legitimation von Herrschaft sowie der gesellschaftlichen Sinnstiftung und Identitätsbildung. Darüber hinaus liefert sie häufig ein Narrativ, das auf lange Sicht Kontinuitäten suggeriert und dabei auch zur Bewältigung von Kontingenzerfahrungen beiträgt. Die Anfertigung von historiographischen Texten hatte allerdings auch ganz pragmatische Gründe. Nicht selten versprachen sich die Autoren davon, ein Patronageverhältnis etablieren zu können. Letztlich ging es um Ansehen, Geldzuwendungen oder sogar eine Stelle bei Hofe.
Lebensdarstellungen gehören zu jenen Narrativen, die man in vielen, vielleicht sogar in nahezu allen menschlichen Gemeinschaften antreffen kann. Sie sind oftmals eine Ausdrucksform, durch die Kultur in besonders prägnanter Art beobachtbar wird und die Rückschlüsse auf epochenspezifische Mentalitäten erlaubt, wobei man zu berücksichtigen hat, dass diese Texte gesellschaftliche Wirklichkeit niemals mimetisch abbilden. Allerdings wird in ihnen auf Elemente zurückgegriffen, die der Vorstellungswelt, Erfahrungswirklichkeit und dem Wissensstand einer Kultur entstammen. Bei ihrer Analyse geht es daher unter anderem um die Frage, in welchem Verhältnis solche Texte zu den Diskursen und dem Wissen einer Gesellschaft stehen. Wie werden in ihnen Formen der kulturellen Selbstwahrnehmung und Selbstthematisierung vermittelt? Die Lebensdarstellungen, welche in den in diesem Band versammelten Aufsätzen behandelt werden, unterscheiden sich nicht nur hinsichtlich des jeweiligen kulturellen Kontexts, in dem sie verfasst worden sind, ganz erheblich voneinander. Sie sind auch in unterschiedlichen Epochen entstanden; das Spektrum reicht vom 9. bis zum 21. Jahrhundert. Die Heterogenität der Texte manifestiert sich aber auch in deren textueller Gestalt und in den narrativen Verfahren, die in ihnen zum Einsatz kommen.
Die Kultur- und Geisteswissenschaften durchlaufen derzeit einen fundamentalen Wandlungsprozess: Mit den neuen Herausforderungen der Globalisierung werden europäische geisteswissenschaftliche Kategorien zunehmend in Frage gestellt und neu reflektiert. Insbesondere die »Kleinen Fächer« werden sich angesichts dessen nur behaupten können, wenn sie sich innovativen kulturwissenschaftlichen Fragestellungen öffnen, die die gegenwärtigen globalen Zustände kritisch zu durchdringen vermögen. Die Beiträge des Bandes zeigen, inwieweit die »Kleinen Fächer« tatsächlich bereit sind, diesen »Cultural Turn« zu vollziehen, inwiefern eine kulturwissenschaftliche Ausrichtung diese Fächer stärkt und fragen, ob eine solch verbindende Perspektive disziplinenübergreifend zur Orientierung verhilft.