In Großbritannien, Belgien, Finnland, Italien, Russland, Kasachstan und China schrumpfen Städte. Während die urbanistischen Debatten oft auf das Wachstum der Megapolen fokussiert sind, entstehen parallel Zonen der Schrumpfung, die durch massive Bevölkerungsverluste und hohe Arbeitslosigkeit geprägt sind. Globalisierung und der Übergang zum Postsozialismus haben diesen Prozess, der in westlichen Industrieländern mit der Suburbanisierung begann, beschleunigt. Anhand konkreter Fallbeispiele werden die Ursachen und Dynamiken von Schrumpfungsprozessen weltweit beleuchtet. Im Mittelpunkt stehen Manchester/Liverpool (GB), Detroit (USA), Ivanovo (RUS) sowie Halle/Leipzig (D). Diese internationale Untersuchung konzentriert sich auf Lebensbedingungen und kulturellen Wandel in von Bevölkerungsrückgang und wirtschaftlicher Schrumpfung betroffenen Stadtregionen. Kulturelle Analysen und künstlerische Beiträge schärfen das Bewusstsein für dieses brisante Phänomen, das als inneres Bild kaum existiert. Die englische Ausgabe ist unter der ISBN 978-3-7757-1682-6 erhältlich. Ausstellungen fanden unter anderem bei der Biennale di Venezia, in Tokio, New York und Detroit statt, sowie in weiteren Städten bis 2008.
Philipp Oswalt Bücher






Marke Bauhaus 1919-2019
Der Sieg der ikonischen Form über den Gebrauch
Nicht Funktion und Gebrauch zeichnen das Bauhaus aus, sondern Symbolik. Ob Quadrat, Dreieck oder Kreis, ob Wagenfeld-Lampe, Schlemmer-Kopf oder weisse Kuben mit Flachdach: Das Bauhaus hat ikonische Bildzeichen und einen Stil kreiert, der weder funktional noch sozial ist, aber visuell prägnant.Bauhaus-Gründer Walter Gropius zielte von Anfang an darauf, aus dem Bauhaus eine Marke zu entwickeln – mit Erfolg. Sei es in Konsum, Politik oder Kultur: Mehr als achtzig Jahre nach seiner Schliessung ist das Bauhaus präsenter als je zuvor. Es ist inzwischen zu einer partizipativen Marke geworden, die nicht mehr zentral gesteuert werden kann, sondern an der unzählige Produzenten und Konsumenten mitgeschrieben haben. Das einstige Verspechen nach Funktionalität und sozialer Verpflichtung bleibt dabei allerdings uneingelöst. Das Buch von Philipp Oswalt, ehemaliger Direktor der Stiftung Bauhaus Dessau, widmet sich anhand zahlreicher Bildbeispiele und gehaltvoller Texte dieser prominenten Markenbildung und -verwendung.
Brachen und leerstehende Bauten entwickeln sich in vielen Städten zu lebendigen Orten, in denen Clubs, Bars, Start-ups, Kunstszene und informelle Märkte entstehen. Diese Orte, die von der Stadtplanung und dem Immobilienmarkt oft ignoriert werden, fördern innovative Kulturproduktion und eine vitale Öffentlichkeit. Das Forschungsteam Urban Catalyst hat über mehrere Jahre die unplanmäßigen Phänomene in fünf europäischen Ländern untersucht und deren versteckte Logik analysiert. Sie beschreiben Wege, wie informelle Prozesse in den Städtebau integriert werden können und was Stadtplaner von Zwischennutzern lernen können. Mit Beiträgen von renommierten Autoren und Projekten aus Städten wie Amsterdam, Berlin und Wien wird die Idee der Zwischennutzung als notwendiger Gegenpol zur monetären Stadtentwicklung thematisiert. Diese Nutzungen sind jedoch nicht nur temporär, sondern auch finanziell schwach und existieren oft nur aufgrund günstiger Mietbedingungen, die Immobilienbesitzer als Alternative zum Leerstand anbieten. So sind Zwischennutzungen sowohl von der wirtschaftlichen Lethargie als auch von der Fähigkeit des Systems abhängig, diese zu überwinden. Am Ende der Lektüre stellen sich Fragen zur Balance zwischen monetärer Stadtentwicklung und nicht-monetärer Zwischennutzung sowie zu möglichen alternativen Rahmenbedingungen und deren Konsequenzen für das stadtentwicklerische Potenzial.
Der Band widmet sich der Bauhausbühne in Weimar und Dessau, die das moderne Leben und die ambivalente Beziehung zur Technik künstlerisch darstellte. Unter der Leitung von Lothar Schreyer und Oskar Schlemmer wurden innovative Bühnenexperimente und deren bedeutende Protagonisten beleuchtet. Auch die Rezeptionsgeschichte wird thematisiert.
Zentralitäten 4.0
Raumpolitiken und neue Mobilität auf dem Lande
Walter Christaller hat in den 1930er Jahren zur Bestimmung seines Zentrale-Orte-Systems neue Medien herangezogen: Er zählte Telefonanschlüsse, um raumübergreifende Zentralitäten zu identifizieren. Heute wirkt sich Digitalisierung prägend auf den Raum aus, auf Stadt, Land und Mobilität - oder erzeugt Disruptionen, wo sie fehlt. Einleitend beleuchten Beiträge die Wirkweise von Digitalisierung auf den Raum und befassen sich mit der Aktualität des Zentrale-Orte-Systems. Dies wird theoretisch, aber auch praktisch an Hand von Raumpolitiken aktueller Landesentwicklungsprogramme, unterschiedlicher Auffassungen von Daseinsvorsorge sowie den Aufgaben von Mittelzentren in städtisch und ländlich geprägten Räumen erörtert. Im zweiten Teil wird diskutiert, welche strukturellen Veränderungen im Zuge der Digitalisierung - insbesondere durch neue Mobilität - zu erwarten sind und wie sich diese auf die Attraktivität des ländlichen Raums und die Aufgaben von Mittelstädten auswirken könnten. Abschließend werden die Ursachen populistischer Tendenzen, Verlusterfahrungen durch Globalisierungsprozesse und soziale Spaltung sowie rechtsextreme Entwicklungen im ländlichen Raum beleuchtet.
Zoltan Kemenys Frankfurter Wolkenfoyer
Entstehung und Zukunft einer gefährdeten Raumkunst
Die Raumskulptur von 1963 des Künstler Zoltan Kemeny im Glasfoyer der Städtischen Bühnen Frankfurt am Main prägt das Gesicht des Hauses. Von weit her sichtbar, kontrastiert das über 100 Meter lange Kunstwerk in seiner organischen Dynamik und betonten Handwerklichkeit mit der Architektur des Gebäudes. Aufbauend auf neuen Forschungen stellt das Buch Künstler, Kunstwerk und die Genese und Rezeption des den Frankfurtern ans Herz gewachsenen Werks in Text und Bild vor. Neue studentische Entwürfe zeigen unterschiedliche Optionen auf, wie der Erhalt des vor kurzem unter Denkmalschutz gestellten Werkes mit einer konzeptionellen Revision der Städtischen Bühnen Hand in Hand gehen können
Bauen am nationalen Haus
Architektur als Identitätspolitik
Der Wiederaufbau historischer Symbolbauten gilt als Engagement für historisches Bewusstsein, architektonische Schönheit und Reparatur von Stadtraum. Doch die vermeintlich unpolitischen Fassaden zielen auf eine Änderung unseres Geschichts- und Gesellschaftsverständnisses: Populistisch werden Zeiten vor 1918 idealisiert, Brüche negiert, gewachsene Identitäten überschrieben. Und immer wieder sind Rechtsradikale an diesen Projekten beteiligt, als Initiatoren oder Großspender. Philipp Oswalt zeigt die ideologischen Hintergründe der Debatte an Fallbeispielen auf. Ob Garnisonkirche Potsdam, neue Altstadt oder Paulskirche in Frankfurt, Berliner Schlosskuppel oder die Dessauer Meisterhäuser – Oswalt diskutiert jenseits einseitiger Sichtweisen, mit Gespür für das Einsickern reaktionärer Vergangenheitsinterpretationen und identitätspolitisch unterlegter Ideologien in die zeitgenössische Stadtplanung.
Hannes Meyer hat als zweiter Bauhausdirektor die von Walter Gropius und den frühen Meistern begründete Bauhauspädagogik wesentlich verändert und neu konzipiert: Das Prinzip „Volksbedarf statt Luxusbedarf“ löste das in die Krise geratene Konzept „Kunst und Technik – eine neue Einheit“ von 1923 ab. Meyer verfolgte eine Versachlichung und Demokratisierung der Bauhauslehre, die Kooperation mit der Industrie und die Einbeziehung wissenschaftlichen Arbeitsweisen in den Entwurfsprozess. Im Rahmen einer projektorientierten Lehre realisierten nun Studierende Bauprojekte und industrielle Produktionen. Das Buch stellt dieses Lehrkonzept erstmals detailliert vorgestellt und geht seinen Wirkungen nach: auf Studierende, aber auch auf Nachfolgeschulen wie die Hochschule für Gestaltung in Ulm.
Dessau 1945. Moderne zerstört
- 359 Seiten
- 13 Lesestunden
Die Stadt Dessau war über das Bauhaus hinaus ein Kulminationspunkt der industriellen Moderne. In den 13 Jahren des Naziregimes erlebte die Stadt einen unvergleichlichen Aufstieg und Fall, der sie bis heute prägt. Dessau war Rüstungsmetropole, Gauhauptstadt und company town der Junkers Flugzeug- und Motorenwerke sowie Hauptproduktionsort für das Giftgas Zyklon B, mit dem in den Konzentrationslagern hunderttausende Menschen umgebracht wurden. Der vorliegende Band erzählt die widersprüchliche Geschichte der Bauhausstadt im Nationalsozialismus. Er blickt zurück auf die Zusammenhänge der Verheerung und widmet sich der zerstörten Moderne ebenso wie ihren destruktiven Potentialen. 39 Aufnahmen des französischen Fotografen Henri Cartier-Bresson, der im Juni 1945 in Dessau die Rückkehr der Zwangsarbeiter mit seiner Kamera festhielt, runden mit vielen bislang unpublizierten Fotos von ihm das Bild dieser Epoche ab.
