Die Citymaut
Neuer Freiraum für die Verkehrspolitik in Zeiten des Wandels
Neuer Freiraum für die Verkehrspolitik in Zeiten des Wandels
Robotaxis, die wie von Geisterhand gesteuert durch die Städte flitzen, bleiben einstweilen noch Science Fiction. Aber Busse, die automatisch und flexibel vor die Tür gefahren kommen – das kann heute schon Realität werden. Dazu braucht es aber den politischen Willen, den öffentlichen Verkehr modern zu gestalten und als Alternative zum eigenen Auto aufzubauen. Weder die Autoindustrie noch die öffentlichen Verkehrsunternehmen sind augenblicklich in der Lage, solche Systeme zu entwickeln. Die amerikanischen Digitalkonzerne stehen dagegen bereits in den Startlöchern. Das Buch ist ein Plädoyer dafür, die Chancen der neuen Technik aktiv zu ergreifen und gemeinsam mit allen Beteiligten mutig zu experimentieren. Mit veränderten Regelwerken lassen sich neue Dienste etablieren, die die Zahl der Autos in den Städten auf ein Minimum reduzieren und auch auf dem Land neue Möglichkeiten für eine Mobilität ohne eigenes Auto schaffen.
Soziologische Deutungen
Das private Auto war für lange Zeit das Sehnsuchtsobjekt und Symbol eines glücklichen Lebens. Es war eine kollektive Liebe der Mittelschicht und derjenigen, die dort hinstrebten. Doch diese affektive Bindung verliert vor allem in der Stadt zunehmend an Kraft. Wenigstens dort ist bereits klar geworden: Die Grenzen des fossilen Automobilismus sind erreicht. Es gibt einfach zu viele Autos. Die Verkehrswende ist nun auf der Agenda. Zukunftsfähig sind nur solche Verkehrsangebote, die auch unter Ressourcenknappheit individualisierbar bleiben. Autos nutzen statt besitzen wird - in Verbindung mit digitalen Plattformen - attraktiv, das Radfahren gewinnt gerade in den Städten an Popularität. Mobilitätsdienstleistungen kommen aus der Nische und können dank Echtzeitinformationen flexibel und zugleich routinemäßig genutzt werden. Der herrschende Rechtsrahmen jedoch privilegiert nach wie vor private Autos. Dagegen deuten die Präferenzen der vorwiegend städtischen Bevölkerung und auch die digitalen Optionen in eine andere Richtung: Die fortschreitende Individualisierung findet andere Wege als den privaten Besitz von Autos.
Gelingt der Autoindustrie die Neuerfindung?
Dieselskandal, Betrügereien bei der Typenzulassung, Preis- und Strategieabsprachen: Die Zweifel daran, ob der Wille zur Reform bei den Autoherstellern überhaupt vorhanden ist und die Industrie den versprochenen Transfer der Antriebsformen oder gar die Entwicklung neuer Mobilitätsangebote schafft, mehren sich. ... Denn der deutschen Autoindustrie gefällt es so, wie es jetzt ist, eigentlich sehr gut: Sie ist eine mächtige Branche mit vielen Industriearbeitsplätzen, politisch hervorragend vernetzt und seit Jahrzehnten vom Erfolg verwöhnt. ... Um in der Mobilität der Zukunft zu überleben, müssen sich die Unternehmen komplett neu erfinden. Aber dies gelingt der Branche wohl nicht von selbst. Veränderte politische Rahmenbedingungen, neue Bündnisse und die Konsumenten werden die Unternehmen zu ihrem Glück zwingen müssen. »Taumelnde Giganten. Gelingt der Autoindustrie die Neuerfindung?« zeigt, welche Weichen gestellt werden müssen, um die Wende doch noch zu schaffen.
Die mit dem Auto ermöglichte Selbstbeweglichkeit kommt der Entwicklungsdynamik der Moderne und ihren Anforderungen an das Individuum sehr entgegen. Das "Auto im Kopf" ist der Schlüssel zum Verständnis seiner Attraktivität: Zum einen reduziert das verfügbare Auto Alltagskomplexität, es ermöglicht ein "Nutzen ohne nachzudenken", zum anderen erweitert es den Möglichkeitsraum immens, weil es den Aktionsradius in aller Regel vergrößert und individuelle Wegeketten ermöglicht. Gleichzeitig sind die ökologischen und räumlichen Grenzen der Massenmotorisierung erreicht, das Privatauto ist global nicht zukunftsfähig.
Wie wir von A nach B kommen, entscheidet immer häufiger unser Smartphone. Wer ein Taxi braucht, benutzt eine App und bucht online. Was zukünftig zählt, ist die digitale Präsenz: Was digital nicht erscheint oder verfügbar ist, existiert schlichtweg nicht mehr. Mit der Digitalisierung verliert das Auto an Bedeutung, denn die Karten der Verkehrsmittelwahl werden neu gemischt.
Welche Faktoren sind für den Erfolg der Energiewende entscheidend? Die Weiterentwicklung der Elektromobilität und der Ausbau dezentraler, intelligenter Stromnetze, die unsere Versorgung mit grüner Energie sicherstellen. Doch können innovative Mobilitäts- und Energieversorgungskonzepte so miteinander verknüpft werden, dass sie sich gegenseitig befruchten? Ausgehend vom neuesten Stand der Technik eröffnen die Autoren zukunftsträchtige Synergiepotenziale.
Die allseits bekannten Bilder von der Skyline Shanghais sind zum Symbol des »Neuen China« mit seiner beschleunigten Modernisierung und seinem rasanten Wachstum geworden. Doch wohin führt der Weg? Erleben wir eine »nachholende Modernisierung« im Sinne des hegemonialen westlichen Modells oder wird China einen »alternativen asiatischen Entwicklungspfad« einschlagen? Diese modernisierungstheoretischen Grundsatzfragen verbinden die Autoren mit dem technologie- und wirtschaftspolitischen Komplex der Motorisierung Chinas bis 2020 und darüber hinaus. Ein »leapfrog« scheint möglich, und dabei könnte der Einstieg in eine radikal neue Automobiltechnik ein realistisches – und aus Ressourcen- und Umweltgründen auch wünschenswertes – Szenario sein. Forschungsstrategisch und industriepolitisch wäre der Aufbau einer »postfossilen Mobilitätsindustrie« durchaus plausibel. Weniger als jedes andere Land mit einer etablierten Autoindustrie müsste China bestehendes Know-how entwerten und eine über Jahrzehnte gewachsene fossile Infrastruktur abschreiben. Doch zeigen die Analysen in diesem Buch auch, wie viele Faktoren gegen einen alternativen Weg sprechen – sowohl bei der Modernisierung insgesamt als auch bei der Motorisierung Chinas.