Reflexionen über die Kunst des Impliziten in der französischen Literatur
Das Buch behandelt herausragende Beispiele einer interkulturellen Literaturgeschichte. Nachgegangen wird der Frage, wann und aus welchen Gründen sich in Frankreich die indirekte Kommunikation als Habitus herausgebildet und zur einer Form der Kommun
Die Promessi sposi handeln von zeittypischen historischen Konflikten wie dem der einfachen Leute mit der lokalen Aristokratie, der Einheimischen mit den spanischen Machthabern. Durch den Aufstieg des Protagonisten zum Textilunternehmer wird von der Modernisierung des Landes berichtet. Das Geschehen scheint zudem vom Walten der Vorsehung durchdrungen zu sein, weshalb man immer wieder vom katholischen Nationalroman Italiens gesprochen hat. Diese Meta-Erzählungen werden jedoch durch eine Fülle von unterschiedlichen Geschichten zersetzt, deren Formen und Funktionen der Erzähler stets reflektiert. Dies gilt auch für die Erzählung von Geschichte, so dass Manzonis Roman höchst moderne Züge aufweist.
The term ‘founding myth’ is shaped by the breakdown of the old and new mythologies in the 18th and 19th centuries. A revival of the values of the Christian Middle Ages, the Renaissance, the Reformation, and to some extent even the Enlightenment is therefore no longer possible. On the other hand, without the preservation of this cultural heritage Europe faces the threat of losing its identity. Founding myths had - and still have - a more sustained effect on the history of premodern Europe than rational thinkers of modern Europe are often willing to admit. This volume examines the many medieval narratives of origins, lineages and direct contact with God in quite diverse contexts. The contributions discuss in particular to what extent premodern foundation myths contributed to the creation of European identity.
Die Frage nach den Gründungsmythen Europas ist im Zeitalter der Globalisierung besonders virulent. Will man ein europäisches Netzwerk schaffen, muss man sich auf die europäischen Dimensionen der nationalen Kulturen besinnen und ihre für den Kontinent Identität stiftenden Potenziale verfolgen. Ein Gründungsmythos Europas ist der von der Weisheit Ägyptens. Seit der Aufklärung wird er intensiv propagiert und den anderen gründungsmythischen Säulen des Kontinents, Hebraismus und Hellenismus, gegenübergestellt. In der französischen Literatur der sogenannten klassischen Moderne spielt dieser Mythos dank der Expedition Napoleons nach Ägypten und der Entzifferung der Hieroglyphen eine große Rolle. Am Beispiel der zahlreichen Erinnerungsbilder Ägyptens kann man beobachten, wie die bekanntesten Autoren der Moderne, darunter Nerval, Baudelaire, Gautier, Mallarmé, solche mythischen Bilder als fiktive Projektionen ausweisen, jedoch deren Anspruch, Sinn und Legitimation zu stiften, nicht aufgeben.
Einer der Inauguratoren der europäischen Frühen Neuzeit ist Francesco Petrarca. An ihn knüpft man unter thematischen, formal-ästhetischen, poetologischen, geschichts- und kunstphilosophischen sowie gesellschaftlichen oder kulturprogrammatischen Gesichtspunkten an. Die europäischen Intellektuellen orientieren sich am ›Gesamtmodell Petrarca‹. Ein Beispiel hierfür ist der höfisch-elitistische Selbstpräsentationsgestus unter Maßgabe eines sozial kompatibel gemachten, dignitätsträchtigen petrarkistischen Sprechens. Dieser Band fragt, inwieweit der Petrarkismus der Frühen Neuzeit eine identitätsstiftende Kraft für ganz Europa hat. Diskutiert wird, wie sich in der Auseinandersetzung mit Petrarcas Werk das Selbstverständnis des modernen europäischen Menschen konstituiert und inwieweit der Diskurs des Petrarkismus an der Ausformung dieses Selbstverständnisses beteiligt ist. Erörtert werden mediale, poetologische, sozial- und kulturhistorische Voraussetzungen und Implikate, die den Petrarkismus als einen Gründungsmythos für Europa erscheinen lassen.
Eine Untersuchung zum Diskurswandel der Liebesdichtung von den Provenzalen bis zu Petrarca
374 Seiten
14 Lesestunden
Die Untersuchungen der mittelalterlichen Liebesdichtung von den Provenzalen bis zu Petrarca zeigen, inwieweit zentrale Gedichte bekannter Autoren vom 11. bis zum 14. Jahrhundert an überindividuelle Sprechweisen der Epoche angeschlossen sind und inwieweit der Wandel innerhalb der literarischen Reihe Veränderungen im Gefüge der zeitgenössischen Episteme Rechnung trägt. Verfolgt wird an Liedern der altokzitanischen Trobadordichtung des 12. und des beginnenden 13. Jahrhunderts sowie an altitalienischen Texten aus dem 13. und 14. Jahrhundert (insbesondere Giacomo da Lentinis, Dantes und Petrarcas), wie sich ein lyrisches Subjekt herausbildet, das das Wissen der Zeit reflektiert und damit in der Lage ist, seine eigene Rolle zu hinterfragen. Systematisch erfaßt werden die zentralen Etappen, auf denen der Diskurs der Liebesdichtung jeweils seine Funktion verändert: Aus der anfänglichen Gebundenheit lyrischen Sprechens an die Situation des Liebeswerbens löst sich allmählich eine lyrische Grundsituation heraus, in der das sprechende Subjekt die ihm zur Verfügung stehenden Diskursschemata entgrenzt und über sie verfügt. Auf jeder Etappe dieser Entwicklung setzt sich die Dichtung dezidiert mit den zentralen Epistemen der dominanten Diskurse, insbesondere der Theologie und der Philosophie, auseinander.