Den Kirchen kommt in der Moderne als sichtbaren Faktoren politischen Wandels und gesellschaftlicher Konflikte eine bedeutende Rolle bei staatlichen und nationalen Integrationsprozessen zu. In Rumänien trugen sie in der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen mit ihren unterschiedlichen „weltanschaulichen“, historisch-traditionellen und ethnischen Grundlagen sehr heterogene Einflüsse in die politische Kultur des Landes hinein. Vom Verständnis der Kirche als gesellschaftlicher Institution ausgehend, untersucht die Studie die Kirchen als Sinngebungs- und Deutungsinstanzen des Staates und problematisiert die Bedeutung des interkonfessionellen Zusammenlebens für das gegenseitige Verhältnis. In der multikonfessionellen Landschaft des neuen Staates steht die griechisch-orthodoxe Kirche im Mittelpunkt, wobei der Autor die griechisch-katholische und römisch-katholische Kirche sowie die protestantischen Denominationen vergleichend berücksichtigt. Die Studie arbeitet strukturgeschichtliche Aspekte heraus, die für das Scheitern der Zwischenkriegsdemokratien verantwortlich waren, und eröffnet hier neue Perspektiven.
Die politische und soziale Neuordnung Ostmitteleuropas nach dem Ersten Weltkrieg ging in allen neugegründeten Staaten mit nationalen, aber auch religiösen Identitätsdiskursen einher. Religion gewann dabei neue Bedeutungen: In der Beziehung zwischen Staat und Kirchen, in Konflikten zwischen Konfessionen um ihre Geltung in der Gesellschaft, in der Beziehung der Gläubigen zur religiösen Gemeinschaft. Der Band stellt erstmals in einem breiten ostmitteleuropäischen Kontext dar, welche Wirkungen der revolutionäre Umbruch von 1918 auf das Verhältnis von Staat und Kirche, auf den Stellenwert von Religion in der Gesellschaft hatte. Er beleuchtet auch die Funktion von Religion in dem Übergang von demokratischen zu autoritären Staatsordnungen in Ostmitteleuropa seit der Mitte der zwanziger Jahre.
Thema dieses Buches ist die innenpolitische Entwicklung Rumäniens im zweiten Jahrzehnt der Zwischenkriegszeit. Erstmals für den deutschsprachigen Raum wertet ein Historiker eine Vielzahl an unveröffentlichtem wie bereits publiziertem rumänischem Material aus und ergänzt es durch französische, österreichische und deutsche Archivalien. Maner geht von der verbreiteten Darstellung der Ereignisse im Februar 1938 aus, die als Beginn der „autoritären Systeme“ und daher als deutlicher Bruch zum vorherigen „parlamentarisch-demokratischen System gelten, und geht der Frage nach, ob dieser Übergang tatsächlich so aprupt war. Gab es nicht bereits in der Zeit davor Hinweise und Tendenzen, die auf diesen Umbruch zu Beginn des Jahres 1938 hindeuteten und somit die in diesem Jahr einsetzende “autoritäre Phase" vorbereiteten? Neben der Betrachtung der Institutionen Monarchie und Regierung beleuchtet der Autor systematisch die Aktivität des Parlaments.
Der vorliegende Sammelband erschließt ein bisher in der deutschsprachigen Historiographie weitgehend vernachlässigtes Thema: die jüngere Geschichte der griechisch-katholischen Kirche in Osteuropa. In überregionalem Vergleich analysieren die Autoren die identitätsstiftende Funktion von Kirche und Religion am Beispiel einer religiösen Gemeinschaft, die sich in der Selbstwahrnehmung als Vermittler zwischen Ost- und Westeuropa, zwischen orthodoxer und römisch-katholischer Christenheit sah und noch heute sieht. Doch genau dieser „Zwischenstatus“ barg in der Geschichte auch Konfliktpotential in der Auseinandersetzung zwischen Nationalismen und im Prozeß der Nationenbildung. Anstatt die Einheit der gespaltenen Christenheit herbeizuführen oder zumindest zu fördern, wurden die Griechisch-Katholischen allzu oft als „Abtrünnige“ Zielscheibe von Angriffen über konfessionelle und nationale Grenzen hinweg. Aus dem Inhalt Vorwort — Grußwort Hans-Christian Maner: Einleitung Ricarda Vulpius: Feind und Opfer zugleich. Die unierte Kirche aus Sicht der Orthodoxen in der Ukraine (1830-1920) Oleh Turij: Die griechisch-katholische Kirche und die ukrainische nationale Identität in Galizien im 19. Jahrhundert Georgij Avvakumov: Metropolit Andrej Septyc’kyj und die Problematik der christlichen Einheit in Rußland. Zum geschichtlichen Hintergrund und Inhalt des Briefwechsels zwischen Andrej Septyc’kyj und Antonij Chrapovickij, 1903-1908 Stanislaw Stepien: Rückkehr zum Ursprung oder die Suche nach einer neuen Identität. Die griechisch-katholische Kirche im Polen der Zwischenkriegszeit zwischen Byzantinisierung und Latinisierung Chris Hann: Die Griechisch-Katholischen heute. Eine ethnologische Perspektive Hanna Skorejko: Griechisch-katholische Kirche und Multikonfessionalität in der Bukowina Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts Volodymyr Fenyc: Konfessionelle und nationale Identität des Klerus der griechisch-katholischen Diözese von Munkacevo 1771-1949 Róbert Letz: Die griechisch-katholische Kirche in der Slowakei zwischen nationaler Emanzipation und ekklesialer Selbstbehauptung Norbert Spannenberger: Ein Phänomen im Grenzraum. Zur konfessionellen und nationalen Identität der griechisch-katholischen Kirche in Ungarn Atanáz Orosz: Die Identität des griechisch-katholischen Klerus in Ungarn zwischen den beiden Weltkriegen Hans-Christian Maner: Die griechisch-katholische Kirche in Siebenbürgen / Rumänien 1918-1939. Zwischen nationalem Anspruch und interkonfessioneller Wirklichkeit Ioan-Marius Bucur: The Romanian Greek-Catholic Church between Co-optation and Suppression, 1945-1948 Janko Ramac: The Religious and National Identity of the Ruthenians in the Eparchy of Krizevci Bojan Aleksov: The “Union” as a Seed of Dissension between Serbs and Croats Kartenverzeichnis — Ortsregister — Autorenverzeichnis