In welchem Sinne bestimmt und bedingt es die Lektüre, wenn man Robert Musil als Philosoph, als Natur- oder Kulturwissenschaftler, vielleicht sogar als Linguist, oder doch vorrangig als Schriftsteller auffasst? Der vorliegende Band setzt es sich zum Ziel, anhand von «anderen» und in ihrer Ausrichtung voneinander abweichenden Lektüren die zahlreichen und höchst unterschiedlichen Methodologien, die sich zurzeit mit Musils Werk beschäftigen (Rhetorik, Narratologie, Ideen- und Geistesgeschichte, Medien- und Kulturwissenschaft, Editionskritik, Philosophie, etc.) miteinander zu konfrontieren. Angesichts der inhärenten Interdisziplinarität und Interdiskursivität des Œuvres kann Musil als exemplarischer Testfall für eine in ihrem Objektbereich und in ihrer (methodologischen) Orientierung einmal mehr verunsicherte Literaturwissenschaft betrachtet werden. Die einzelnen Beiträge zu diesem Band bieten editionsphilologische Überlegungen, Mikroanalysen von Figürlichkeitsformen und Erzählverfahren, Überlegungen zur Rezeption und zur Denkbarkeit von möglichen philosophischen und literarischen Bezügen und können als interdisziplinäre Antwort auf die Frage nach dem Verhältnis von Literatur zu anderen Diskursen verstanden werden.
Gunther Martens Bücher
Gunther Martens beschäftigt sich mit dem Modernismus, der Erzähltheorie und der Kulturgeschichte der Enzyklopädie. Seine Arbeit konzentriert sich auf die Schnittstelle von Stil, Text und Technologie und untersucht, wie diese Elemente einander beeinflussen. Martens analysiert literarische Polemik und erforscht die Entstehung und Entwicklung enzyklopädischer Zugänge zur Welt. Sein tiefes Interesse an Literaturtheorie und literarischem Modernismus spiegelt sich in seiner einzigartigen Perspektive auf Texte und ihren technologischen Kontext wider.





Ein Text ohne Ende für den Denkenden
- 199 Seiten
- 7 Lesestunden
Die Arbeit untersucht das jüngst von der Dekonstruktion problematisierte Verhältnis von Literatur und Philosophie in Robert Musils Roman Der Mann ohne Eigenschaften . Ausgehend von der Nietzsche-Rezeption wird Musils kritische Haltung anhand einer Rekonstruktion der poetologisch-epistemologischen Konstante von Begriff und Metapher konturiert. Es wird nachvollzogen, wie sich Musils Grenzgang auf formal-inhaltlicher Ebene im Spannungsfeld von Totalität und Fragment, Eindeutigkeit und Ambivalenz gestaltet. Auf essayistisch-aphoristische Weise kämpft Musil durch Paradoxie und Differenz «gegen die Totallösung und das System» an. Das Werk, so der Tenor der Studie, nimmt durch seine strategische Offenheit und textuelle Pluralität eine ambivalente Schlüsselstellung im Übergang von der Moderne zur Postmoderne ein.
Das Buch dokumentiert über zwei Jahrzehnte die Entwicklung des Rotwildbestandes in Dörflas und thematisiert die Missachtung wildbiologischer Grundregeln bei der Bestandsreduktion. Es werden Auswege aufgezeigt und Zusammenhänge zwischen Wildschäden und dem Umgang mit dieser Tierart erläutert.
Adorno bezeichnete 1940 die Kritische Theorie als eine Botschaft in einer Flasche, während Kluge sechzig Jahre später seine kreative Methode mit Lichtreflexionen durch Glasfragmente vergleicht. Das Jahrbuch widmet sich Kluge und Negts Theoriearbeit sowie deren Wurzeln in der Frankfurter Schule und untersucht Kluge’s Sichtweisen in Film, Fernsehen und Literatur.
Beobachtungen der Moderne
In Hermann Brochs "Die Schlafwandler" und Robert Musils "Der Mann ohne Eigenschaften". Rhetorische und narratologische Aspekte von Interdiskursivität
Die Romane Brochs und Musils stehen zu Unrecht im Ruf, nicht narrativ, literaturfern, vorrangig theoretisch oder sogar Thesenromane zu sein. Anhand eines rhetorischen und narratologischen Instrumentariums deckt Gunther Martens erstmals systematisch die erzähltechnische Kreativität auf, die beide Autoren zu bieten haben. Eine bisher unbekannte Bedeutung gewinnt dabei die Ebene der Erzählvermittlung. Dazu wird nachgewiesen, dass Auktorialität sich nicht länger mit Autorintentionalität oder mit den spekulatären Fällen von Allmacht oder Allwissen gleichsetzen lässt, sondern vielmehr rhetorische und narrative Textstrategien umfasst, mit denen die Perfomativität von Aussage- und Wahrnehmungsakten inszeniert wird. Die Untersuchung stellt diese als interdiskursiv charakterisierte Erzählvermittlung gleichzeitig in einen größeren theoretischen Zusammenhang, indem Brochs und Musils unterschiedliche Modernitätsauffassungen und -beobachtungen vor dem konzeptuellen und epistemologischen Hintergrund der Debatte zwischen der Kritischen Theorie und der so genannten „affirmativen“ Systemtheorie Niklas Luhmanns situiert werden. Über die Broch- und Musil-Lektüre hinaus bietet die Untersuchung zahleiche Anregungen zu einer Erzählrhetorik der overt narration und innovative Einsichten in das Verhältnis von Literatur und Philosophie, von (literarischer) Ideologiekritik und Systemtheorie.