Eingeleitet, übersetzt und kommentiert von Laura Carrara und Irmgard Männlein-Robert Mit einem Nachwort von Helmut Seng Der Codex Tubingensis Mb 27 der Tübinger Universitätsbibliothek ist in vielerlei Hinsicht eine Besonderheit. Dieser Sammelband, den der Tübinger Griechischprofessor Martin Crusius im 16. Jahrhundert kopieren ließ, enthält die Abschrift einer ungewöhnlichen griechischen Handschrift: Diese hatte etwa 100 Jahre zuvor der Humanist Johannes Reuchlin Dominikanermönchen abgekauft, nachdem sie in Konstantinopel bei einem Fischhändler entdeckt und nach Basel gebracht worden war. Leider verbrannte diese Handschrift bei der Bombardierung Straßburgs durch die Preußen 1870 - wie so viele andere kostbare Handschriften aus Antike und Mittelalter. Bei diesem Text, der nach seinem Aufbewahrungsort «Tübinger Theosophie» genannt wird, handelt es sich um ein byzantinisches Exzerpt aus einer spätantiken Schrift eines christlichen Verfassers, eine Sammlung von antiken Orakeln, Wahrsagungen und Weisheitssprüchen. Die meist paganen antiken Orakeltexte und Sentenzen werden in synkretistisch anmutenden kurzen Paraphrasen und Kommentarpassagen christlich (um-)gedeutet, da gezeigt werden soll, dass die alte pagane und die neue christliche Religion im Grunde harmonieren. Diese spektakuläre und komplexe Schrift wird hier erstmals ins Deutsche übersetzt. Ein detaillierter Stellenkommentar erklärt zusammen mit der ausführlichen Einleitung den kultur-, religions- und philosophiegeschichtlichen Hintergrund und die denkwürdige Überlieferungsgeschichte. Der Beitrag von Helmut Seng, einem ausgewiesenen Experten des antiken Orakelwesens, bettet die «Tübinger Theosophie» zudem in ihren generischen und historischen Kontext ein. Irmgard Männlein-Robert ist Professorin für Griechische Philologie an der Universität Tübingen. Sie ist Mitbegründerin und Organisatorin der "Tübinger Platon-Tage und seit 2016 ordentliches Mitglied der Heidelberger Akademie der Wissenschaften. Laura Carrara studierte Klassische Philologie. Seit Juli 2015 ist sie Akademische Mitarbeiterin der Heidelberger Akademie der Wissenschaften im Rahmen des Akademien-Projektes "Historisch-philologischer Kommentar zur Chronik des Johannes Malalas". Helmut Seng ist Klassischer Philologe und ev. Theologe. 2003 habilitierte er sich an der Universität Konstanz. Seit 2009 lehrt er am Institut für Klassische Philologie der Universität Frankfurt am Main.
Helmut Seng Reihenfolge der Bücher






- 2018
- 2016
Vorwort – I. M. Weiss: Komatas und Daphnis: am Anfang der bukolischen Spiegelungen – K.-H. Stanzel: , Syracosio ludere versu.‘ Vergils Corydonlied (ecl. 2) und Damonlied (ecl. 8) und Theokrit – H. Seng: Spätantike Bukolik. Zu den Eklogen Nemesians – K. Peters: Bukolische Divergenz und Spaniens weibliche Schattensouveräne. Zum Problem des Sujets in Jorge de Montemayors , Los siete libros de la Diana‘ (1559) – S. Leopold: , Gender Trouble‘ und politische Phantasie in der spanischen Bukolik Früher Neuzeit: Montemayor, Cervantes, Góngora – D. Scholler: Marinos bukolische Stellvertreter zwischen Selbstautorisierung und Selbstverlust – T. Paulsen: Die Rezeption antiker Bukolik in den Werken von Georg Friedrich Händel – L. Rumpf: Am trüben Goldfluss. Zur Bukolik Cláudio Manuel da Costas im Brasilien des 18. Jahrhunderts
- 2009
Kosmagoi, azōnoi, zōnaioi
Drei Begriffe chaldaeischer Kosmologie und ihr Fortleben
ΚΟΣΜΑΓΟΙ, ΑΖΩΝΟΙ, ΖΩΝΑΙΟΙ sind Begriffe der Chaldaeischen Orakel (spätes 2. Jahrhundert nach Christus) und des sie rezipierenden Neuplatonismus vor allem eines Proklos (412 bis 485) und Damaskios (um 458 bis um 540); die frühesten Belege der termini finden sich bei Synesios von Kyrene (um 370 bis nach 412), der wichtigste Gewährsmann im Mittelalter ist Michael Psellos (1018 bis nach 1081). Die vorliegende Arbeit geht von der Analyse der späteren Quellen aus, die ΚΟΣΜΑΓΟΙ, ΑΖΩΝΟΙ, ΖΩΝΑΙΟΙ bestimmten Plätzen in der Hierarchie des Seienden zuordnen, um über den Vergleich mit weniger systematischen Quellen und den älteren Belegen auf die ursprüngliche Bedeutung der Ausdrücke zu schließen und die Begriffsgeschichte nachzuzeichnen. Voran steht eine Skizze zur Rezeptionsgeschichte der Orakel und der Überlieferung ihrer Fragmente bis in die frühe Neuzeit sowie zur aktuellen Lage der Forschung. Die in der Einleitung herausgestellte Bedeutung der Auseinandersetzung christlicher Autoren mit der chaldaeischen Tradition, wie sie auch in den beiden Hauptteilen zu ΚΟΣΜΑΓΟΙ sowie zu ΑΖΩΝΟΙ und ΖΩΝΑΙΟΙ zu Tage tritt, wird im Schlusskapitel anhand weiterer Fallbeispiele illustriert. Ein Exkurs zur chaldaeischen Dreiweltenlehre und Anhänge zu Einzelfragen ergänzen weitere Aspekte.
- 1996
An der Wende vom 4. zum 5. Jahrhundert nach Christus entstanden, stellen die Hymnen des Synesios ein geistes- und literaturgeschichtliches Dokument dar, das ganz dem Umbruch- und Übergangscharakter der Epoche entspricht und dabei doch in seiner Eigenart einzigartig bleibt. Bezeichnend für die Theologie dieser Gedichte ist ihre besondere Zusammenschau von Neuplatonismus und Christentum. Die künstlerische Gestaltung zeichnet sich durch außergewöhnliche metrische Vielfalt aus; vor allem aber fügt Synesios Gedanken, Motive und Formulierungen verschiedener Herkunft virtuos in spannungsreicher Harmonie zusammen. Auf diese Weise stiftet der Dichter neue Zusammenhänge, die ihm erlauben, Philosophie als Poesie zu formulieren, wie besonders eindrücklich das Beispiel des VIII. Hymnus zeigt.