Stefanie Haas Bücher





Text und Leben
- 187 Seiten
- 7 Lesestunden
Seit der Veröffentlichung von „Dichtung und Wahrheit“ denken Leser über das Verhältnis von Wahrheit und Dichtung in Goethes Autobiographie nach. Der komplexe Zusammenhang zwischen Leben und Lebenserzählung zeigt sich in vielen Facetten des Textes. Goethe spielt mit dem wechselseitigen Verhältnis von Literatur und Leben, mit Rollen, Identitäten und Verkleidungen. Er thematisiert grundlegende Fragen der Gattung und der Vergleichbarkeit von Text und Leben, ohne dabei theoretische Spekulationen anzustellen. Die Literarisierung des Lebens durch den Protagonisten, die sowohl befreiend als auch problematisch sein kann, ist ein zentrales Motiv. Die Autobiographie selbst ist ein Beleg für diese Eigenart des Verfassers. Die Interpretation findet einen Mittelweg zwischen Biographismus, der die literarische Komposition missachtet, und der Ausklammerung des Realitätsbezugs, was der Besonderheit autobiographischer Fiktion nicht gerecht wird. Die Verfasserin ergänzt ihre Untersuchung mit Studien zur narrativen Identität. Ein wichtiger Aspekt ist das Phänomen des „Dämonischen“, das am Ende der Autobiographie einen Blick auf die Herausforderungen der Lebensdeutung eröffnet. Es entzieht sich eindeutigen Interpretationen und steht für die Offenheit der Lebensgeschichte. Auf beiden Ebenen, Protagonist und Erzähler, entfaltet sich das Ineinander von Text und Leben in neuen Varianten, wobei Goethes Spiel mit Poesie und Wirklichkeit eine angemessene